
Bis ins 8. Jahrhundert reichen die Ursprünge des arabischen „takht“ zurück. Wörtlich war damit das Holzpodium gemeint, das den Musiker:innen als Bühne diente – inzwischen bezeichnet der Begriff das klassische Ensemble der arabischen Musik aus Gesangssolist:in, Oud, Flöte, Kanun und verschiedenen Schlaginstrumenten, das im Laufe der Jahrhunderte in zahlreichen musikalischen Traditionen der Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas aufgenommen und weiterentwickelt wurde. Diese Besetzung, die Musiker:innen bis heute zum kreativen Austausch inspiriert, steht im Mittelpunkt der diesjährigen Arabic Music Days.
ARABIC MUSIC DAYS 2022
INTERVIEW MIT NASEER SHAMMA
MUSICAL & ART IMPROVISATION
NJA MAHDAOUI TRIFFT NASEER SHAMMA
In vier Konzerten, kuratiert vom irakischen Oud-Virtuosen Naseer Shamma, präsentieren Künstler:innen aus Marokko, Ägypten, Syrien, Tunesien, Palästina, dem Irak und dem Libanon klassische und zeitgenössische Sichtweisen auf den arabischen „takht“, das traditionelle mehrköpfige Ensemble. Außerdem werden alle vier Konzerte per Livestream auf Pierre Boulez Saal Online übertragen.




Ein digitales Begleitprogramm bietet die neue Plattform Pierre Boulez Saal Online. Dort sind eine Ausstellung mit Werken des bildenden Künstlers Nja Mahdaoui (Tunesien), Lesungen mit den Dichtern Basim Alansar (Irak) und Ghayath Al Madhoun (Palästina) sowie der Oscar-nominierte Film Der Mann, der seine Haut verkaufte der tunesischen Filmemacherin Kaouther Ben Hania zu erleben.
Das digitale Programm wird ab dem 7. September 2022 verfügbar sein.




Es ist inzwischen schon einige Jahre her, dass ich den Pierre Boulez Saal, der sich damals noch im Bau befand, zum ersten Mal betrat. Sofort war ich überwältigt von seiner Architektur und der Idee hinter seiner elliptischen Form, die mir Ole Bækhøj, der Intendant, mit großer Begeisterung erläuterte. Der gesamte Fußboden war mit Nägeln bedeckt, und wir trugen Spezialschuhe und Schutzhelme. Doch meine Gedanken schweiften in diesem Augenblick davon. Ich stellte mir vor, mit meiner Oud mitten auf der Bühne zu stehen, und die Stapel mit Baumaterialien um uns herum verwandelten sich vor meinem inneren Auge in einen lebendigen, harmonischen Raum.
Kurze Zeit später saß ich wirklich auf dieser Bühne, umgeben von einem Publikum, das die gleiche Wärme auszustrahlen schien wie der Saal selbst. Damals fragte ich mich, ob die Wirkung des Raums sich auf die Seelen der Zuhörer übertragen hatte oder umgekehrt. Meine Beziehung zu diesem Saal begann bereits vor seiner Fertigstellung, und ich empfand ihn von Anfang an als besonders schönen und warmen Raum. Damit meine ich nicht nur seine geschwungenen Formen, die bequemen Sitze, die warmen Holztöne, sondern auch die Menschen, die hier arbeiten. Wann immer ich mich in diesem Raum aufhalte, erlebe ich eine freundliche Atmosphäre. Seit jenem ersten Tag habe ich hier viele musikalische und persönliche Erlebnisse gehabt, und das Publikum hat mir dabei immer das Gefühl gegeben, zu Hause zu sein – fast als wäre es zu Gast bei mir zu Hause. Ich glaube, genau auf dieser Grundidee baut der Pierre Boulez Saal auf.
Bei den Arabic Music Days haben wir im Laufe der Jahre die verschiedensten Programmideen realisiert. Damit wollte ich dem sehr kulturinteressierten Berliner Publikum die Möglichkeit geben, unterschiedliche künstlerische und kulturelle Aspekte der arabischen Musik kennenzulernen. Dieses Festival ist insofern auch Ausdruck meiner Überzeugung, dass sich die Künste nicht voneinander trennen lassen. Musik ist Poesie und Poesie ist Musik, Malerei besteht genauso aus Farben und Formen wie Musik. Der Film spiegelt ebenso das Leben selbst wider, wie die Musik es tut.
Unter dem Dach der Arabic Music Days vereinen sich all diese Künste zu einer wunderbaren Melodie. Die letzten Jahre sind wie im Flug vergangen, doch meine Erinnerungen an die gemeinsamen Momente auf dieser Bühne werden immer noch reicher. Von Beginn an war es unser Anspruch, unverwechselbare Programme zu präsentieren, die spezifische Facetten der arabischen Kultur zeigen, und die Beispiele aus der Vergangenheit beflügeln weiterhin unsere Kreativität.
Fünf Jahre sind seit meinem ersten Konzert in diesem Raum vergangen. Ich bin dem Publikum des Pierre Boulez Saals dankbar, dass es mich und unser Festival mit offenen Armen aufgenommen hat, und ich freue mich über jeden einzelnen Konzertbesucher. Künstler schöpfen Inspiration aus dem Geist der Menschen, die sie umgeben. Jede Art von Kunst ist immer ein Austausch – für sich allein kann sie nicht existieren, sie wird nur lebendig, wenn sie ein Publikum erreicht, das dürfen wir nie vergessen.
Dieses Festival ist insofern auch Ausdruck meiner Überzeugung, dass sich die Künste nicht voneinander trennen lassen. Naseer Shamma, Kurator der Arabic Music Days 2022





















