Bakr Khleifi Oud
Programm
Improvisation (Taqasim im Maqam Rast)
Zikrayati (Mohammad Al-Qasabji)
Abath (Bakr Khleifi)
Samai Shadaraban (Tanburi Cemil Bey)
Pause
Rawafid Sakina (Bakr Khleifi)
Samai im Maqam Ushaq Masri (Bakr Khleifi)
Dancing Breeze (Bakr Khleifi)
Anmerkungen zu den Werken
Improvisation (Taqasim im Maqam Rast)
Das Programm beginnt mit einer freien Improvisation (taqasim) im Maqam Rast, einem der zentralen Modi der arabischen Musik. Mit seinem ruhigen Charakter und seinen ausgeglichenen Intervallen schafft dieser Modus eine einladende und meditative Stimmung. Die Improvisation ist metrisch nicht gebunden und spontan – der Künstler schafft damit einen musikalischen Raum und Tonfall, der auf die folgenden komponierten Werke vorbereitet.
Zikrayati (Mohammad Al-Qasabji)
Der ägyptische Komponist Mohammad Al-Qasabji (1892–1966) war eine einflussreiche Figur in der arabischen Musik des frühen 20. Jahrhunderts, dessen Werke sich durch ihren melodischen Reichtum und das Gleichgewicht von Struktur und Ausdruckskraft auszeichnen. In diesem Stück folgt auf einen langsamen, lyrischen Eröffnungsabschnitt in nachdenklicher Stimmung eine kurze Improvisation, die nach und nach rhythmische Spannung aufbaut.
Abath (Bakr Khleifi)
In Abath – das Wort kann im Arabischen soviel wie „Verspieltheit“, „Sinnlosigkeit“ oder „Unordnung“ bedeuten – geht es um das Spannungsverhältnis zwischen Struktur und Freiheit. Grundlage des Stücks ist ein wiederkehrendes Hauptthema, das wie der Refrain eines Rondos funktioniert und immer wieder in unterschiedlichen Formen zu hören ist. Dazwischen stehen kontrastierende Abschnitte, die nicht auskomponiert, sondern von Improvisation über ein melodisches Skelett geprägt sind. Jede Wiederkehr des Thema erscheint gleichzeitig vertraut und verändert, während die Übergänge die Grenzen zwischen Komposition und Improvisation zusätzlich verwischen.
Samai Shad Araban (Tanburi Cemil Bey)
Dieses klassische Stück aus osmanischer Zeit von Tanburi Cemil Bey (1873–1916) ist ein besonders gutes Beispiel für ein Instrumentalwerk der türkischen Musik. Es beginnt mit einem istihlal, einer freien, metrisch unbestimmten Improvisation im Maqam Shadaraban. Diese Eröffnung dient nicht nur dazu, eine spezifische Stimmung zu schaffen, sie soll die Hörenden auch in die emotionale und melodische Welt des Stücks hineinführen. Der folgende komponierte samai basiert auf dem traditionellen rhythmischen Zyklus Samai Thaqil im 10/8-Takt und besteht aus einer Folge kontrastierender Teile (khanat). Im letzten Abschnitt wechselt der Rhythmus zu einer 6/8-Bewegung, die das Stück zu einem eleganten, fließenden Abschluss bringt.
Rawafid Sakina (Bakr Khleifi)
Rawafid Sakina, übersetzt etwa „Stille Flüsse“ oder „Stille Ströme“, ist ein meditatives Stück, das vom ruhigen Charakter des Maqam Rahat al-Arwah inspiriert ist – der Name des Modus lässt sich im Deutschen als „Zufluchtsort der Seelen“ wiedergeben. Mit seinen sanften Konturen und einer Stimmung spirituellen Innehaltens bildet dieser Maqam die klangliche Grundlage für eine Komposition, die Selbstreflexion und innere Bewegung in den Mittelpunkt stellt. Das rhythmische Modell ist Georgina, dessen 10/8-Takt für unterschwellige Bewegung sorgt. Die sich langsam entwickelnden Phrasen des Stücks laden das Publikum zu Momenten des Nachdenkens ein, in denen Melodie, Rhythmus und Stille in einem fein ausbalancierten Gleichgewicht stehen.
Samai im Maqam Ushaq Masri (Bakr Khleifi)
Diese Komposition basiert auf der klassischen Samai-Form, hier kombiniert mit dem Maqam Ushaq Masri, einem warmen, ausdrucksvollen Modus der arabischen Tradition, der vor allem mit Ägypten assoziiert ist. Das Stück besteht aus vier komponierten Abschnitten (khanat), die sich mit einem wiederkehrenden Refrain (taslim) abwechseln, wobei das melodische und ornamentale Potential des Maqam nach und nach entwickelt wird. Die ersten drei khanat folgen dem traditionellen 10/8-Rhythmus Samai Thaqil, während der letzte Abschnitt auf dem selten verwendeten Khosh Rang-Rhythmus, einem asymmetrischen 17/8-Modell, aufbaut. Nach diesem vierten khana folgt eine kurze Improvisation, die wie eine Kadenz zu einer letzten Wiederholung des Themas zurückführt.
Dancing Breeze (Bakr Khleifi)
Das Programm endet in freudiger, bewegter Stimmung mit Dancing Breeze, einer lebhaften Komposition im Maqam Ushaq Masri. Anders als die vorhergehenden Samai mit ihrer festen Struktur folgt dieses Stück einer freieren Form – spielerisch, rhythmisch und tänzerisch.
Der Künstler

Bakr Khleifi
Oud
Bakr Khleifi wurde in Jerusalem geboren und erhielt ab seinem sechsten Lebensjahr Unterricht von dem renommierten Oud-Spieler Ahmad al-Khatib. In den folgenden zehn Jahren zählten u.a. Simon Shaheen und Samir Joubran zu seinen Lehrern auf der Oud. Mit 15 lernte er außerdem Kontrabass und wurde bereits ein Jahr später Mitglied in Daniel Barenboims West-Eastern Divan Orchestra. Im Anschluss daran studierte er World Music mit dem Schwerpunkt Oud an der Universität Göteborg und absolvierte ein Masterstudium im Fach Kontrabass an der Buchmann-Mehta School of Music der Universität Tel Aviv. Auftritte als Kontrabassist und Oud-Virtuose führten ihn durch ganz Europa, in seine Heimat Palästina, nach Nord- und Südamerika und nach Asien. Im Pierre Boulez Saal war er zuletzt 2024 im Duo mit dem Kamantsche-Spieler Misagh Joolaee sowie als Dozent in einem digitalen Lernangebot zum Thema arabisches Lied zu erleben.
April 2025