KÜNSTLER:INNEN

Edward Said konzentrierte sich in seinen Arbeiten zur Musik vor allem auf die westliche „klassische“ Tradition. Sein theoretischer Ansatz bietet jedoch eine wichtige Inspiration für die Untersuchung der Rolle des musikalischen Austauschs im Rahmen von kolonialen/imperialen Kontakten, von historischer Perspektive und von zeitgenössischen Kontexten.




Brigit Cohen (New York University)
Exil, Orientalismus und die musikalische Karriere Yoko Onos

Yoko Ono stand immer im Schatten ihres berühmten Ehemanns, sodass ihre musikalische Karriere und deren Beziehung zur Geistesgeschichte und Politik nur selten ernst genommen wurden. Anfang der 1960er Jahre gab sie in New York ihr künstlerisches Debüt als Exilantin, die in Japan aufgrund ihres Geschlechts als Bürgerin zweiter Klasse galt. Mit ostasiatischen und europäischen philosophischen und musikalischen Traditionen bestens vertraut, schloss sie sich dem Zen-begeisterten Kreis um John Cage an, der auf die Ausweitung des amerikanischen Machtbereichs während des Kalten Krieges mit einer Faszination für den Orient reagierte. Ausgehend von Edward Saids grundlegendem Werk untersucht dieser Vortrag Onos Arbeiten aus den 1960er Jahren im Bereich von Oper, Improvisation und „Music of the Mind“, die sich zwischen Exil-Ritualen der Selbstfürsorge und einer öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Orientalismus bewegen.


Makoto Harris Takao (University of Illinois)
Der Klang der kirishitanischen Identität im Japan des 16. Jahrhunderts: Interkulturelle Methodiken im Mittelpunkt der globalen Forschung zur Musikgeschichte 

Wie hörte sich kirishitanische (吉利支丹, japanisch-christliche) Musik an, und auf welche Weise brachten die Anhänger:innen dieser Glaubensform im 16. Jahrhundert ihre religiöse Zugehörigkeit „zum Klingen“? In Anlehnung an Edward Saids „kontrapunktische“ Analyse versucht der Vortrag diese Fragen zu beantworten, indem er Dokumente der Jesuitenmissionen gegen den Strich liest. Dabei setzt er sich für eine interkulturelle Methodik ein, um die vielfältigen Aufführungspraktiken (von gesungenen narrativen Traditionen bis hin zu Andachtstänzen) zu erfassen, die bislang zwischen Musikwissenschaft und Kulturgeschichte ebenso wie zwischen der Geschichte des Katholizismus und des frühen modernen Japan kaum Beachtung gefunden haben. In Form einer Fallstudie wird ein Zugang zur globalen Musikgeschichte vorgestellt, der es ermöglicht, spezifische lokale und regionale Aspekte im Kontext globaler Strukturen und Transformationen zu betrachten und zu verorten.


Clara Wenz (Universität Würzburg)
Das musikalische Dreieck: Entwicklungslinien des arabisch-jüdischen Berlin

Dieser Vortrag ordnet die Barenboim-Said Akademie in eine weiter gefasste Geschichte arabisch-jüdischer Musikbeziehungen in Berlin ein – von der libanesischen Plattenfirma Baidaphon, die ihren Hauptsitz in der Mittelstraße hatte und unter anderem Aufnahmen hebräischer Lieder produzierte, über ägyptisch-jüdische Verbindungen, die in den einstigen Jazzclubs am Kurfürstendamm geknüpft wurden, bis hin zu einem syrisch-israelischen Vortrag jüdischer Liturgie  in der Synagoge Fraenkelufer in Kreuzberg. Die Auseinandersetzung mit der bis in die Gegenwart reichenden komplexen und vielfältigen arabisch-jüdischen Musikgeschichte Berlins kann, so die These des Vortrags, die humanistische Vision der Barenboim-Said Akademie stärken und sie widerstandsfähiger gegen postkoloniale Kritik machen.




Kuratiert von Prof. Dr. James Helgeson & Prof. Dr. Regula Rapp

Vorträge und Symposium finden in englischer Sprache statt. Der Eintritt ist frei, eine vorherige Anmeldung erforderlich.

Dauer der Veranstaltung: ca. 2h ohne Pause
Programm lesen
VERANSTALTER & KARTENVERKAUF
Pierre Boulez Saal
Französische Straße 33 D
10117 Berlin
Saison 2023/24,
EDWARD W. SAID DAYS
Panel I: Music in the Context of Global Colonial Contact
Vergangene Veranstaltung
CURRENT EVENTS
Aktuelle Veranstaltungen