Georgijs Osokins Klavier

Domenico Scarlatti
Sonate d-moll K. 213

Mieczysław Weinberg
Notenbüchlein für Kinder Nr. 1 op. 16

Pēteris Vasks
Baltā ainava (Weiße Landschaft)

Johann Sebastian Bach / Ferruccio Busoni
Chaconne aus der Partita für Violine solo Nr. 2 d-moll BWV 1004

Sergej Rachmaninow
V molchan’ji nochi tajnoj (In der Stille der Nacht) op. 4 Nr. 3
Zdes’ horošo (Es ist schön hier) op. 21 Nr. 7

Fragmente für Klavier

Frédéric Chopin
Zwölf Etüden für Klavier op. 25

Domenico Scarlatti (1685–1757)
Sonate d-moll K. 213 (1932–33)

Andante

 

Mieczysław Weinberg (1919–1996)
Notenbüchlein für Kinder Nr. 1 op. 16 (1944–45)

I. Larghetto
II. Allegro
III. Moderato maestoso
IV. Tempo di valse
V. Allegretto
VI. Presto
VII. Andante tranquillo
VIII. Larghetto

 

Pēteris Vasks (*1946)
Baltā ainava (Weiße Landschaft) (1980)
aus Gadalaiki (Die Jahreszeiten) für Klavier

Andante cantabile

 

Johann Sebastian Bach (1685–1750) / Ferruccio Busoni (1866–1924)
Chaconne aus der Partita für Violine solo Nr. 2 d-moll BWV 1004
Bearbeitung für Klavier


Sergej Rachmaninow (1873–1943)
V molchan’ji nochi tajnoj (In der Stille der Nacht) op. 4 Nr. 3
Zdes’ horošo (Es ist schön hier) op. 21 Nr. 7
Bearbeitungen für Klavier von Earl Wild und Arcadi Volodos


Fragmente für Klavier (1917)

Andante semplice

 

Frédéric Chopin (1810–1849)
Zwölf Etüden für Klavier op. 25 (1832–36)

I. Allegro sostenuto
II. Presto
III. Allegro
IV. Agitato
V. Vivace
VI. Allegro
VI. Lento
VII. Vivace
VIII. Allegro assai
IX. Allegro con fuoco
X. Lento – Allegro con brio
XI. Molto allegro con fuoco

Domenico Scarlatti (1685–1757)
Sonate d-moll K. 213 (1932–33)

Andante

 

Mieczysław Weinberg (1919–1996)
Notenbüchlein für Kinder Nr. 1 op. 16 (1944–45)

I. Larghetto
II. Allegro
III. Moderato maestoso
IV. Tempo di valse
V. Allegretto
VI. Presto
VII. Andante tranquillo
VIII. Larghetto

 

Pēteris Vasks (*1946)
Baltā ainava (Weiße Landschaft) (1980)
aus Gadalaiki (Die Jahreszeiten) für Klavier

Andante cantabile

 

Johann Sebastian Bach (1685–1750) / Ferruccio Busoni (1866–1924)
Chaconne aus der Partita für Violine solo Nr. 2 d-moll BWV 1004
Bearbeitung für Klavier


Sergej Rachmaninow (1873–1943)
V molchan’ji nochi tajnoj (In der Stille der Nacht) op. 4 Nr. 3
Zdes’ horošo (Es ist schön hier) op. 21 Nr. 7
Bearbeitungen für Klavier von Earl Wild und Arcadi Volodos


Fragmente für Klavier (1917)

Andante semplice

 

Frédéric Chopin (1810–1849)
Zwölf Etüden für Klavier op. 25 (1832–36)

I. Allegro sostenuto
II. Presto
III. Allegro
IV. Agitato
V. Vivace
VI. Allegro
VI. Lento
VII. Vivace
VIII. Allegro assai
IX. Allegro con fuoco
X. Lento – Allegro con brio
XI. Molto allegro con fuoco


Mieczysław Weinberg, um 1980

Nicht „unzeitig“ solle man erleben, empfiehlt Friedrich Nietzsche und führt aus: „Solange man etwas erlebt, muss man dem Erlebnis sich hingeben und die Augen schließen, also nicht darin schon den Beobachter machen.“ Ein sicherlich weiser Rat für alle Konzertbesucher:innen – dennoch seien hier ein paar „unzeitige“ Beobachtungen gestattet. Vor allem im wörtlichen Sinn bietet sich das beim heutigen Programm ganz besonders an, denn fast alle Werke sind in gewisser Hinsicht „unzeitig“, ihrer jeweiligen Zeit enthoben.

Essay von Meike Pfister

Unzeitige Betrachtungen
Klavierwerke aus vier Jahrhunderten

Meike Pfister


Nicht „unzeitig“ solle man erleben, empfiehlt Friedrich Nietzsche und führt aus: „Solange man etwas erlebt, muss man dem Erlebnis sich hingeben und die Augen schließen, also nicht darin schon den Beobachter machen. Das nämlich würde die gute Verdauung des Erlebnisses stören.“ Ein sicherlich weiser Rat für alle Konzertbesucher:innen – dennoch seien hier ein paar „unzeitige“ Beobachtungen gestattet. Vor allem im wörtlichen Sinn bietet sich das beim heutigen Programm ganz besonders an, denn fast alle Werke sind in gewisser Hinsicht „unzeitig“, ihrer jeweiligen Zeit enthoben: Domenico Scarlatti ahnt im frühen 18. Jahrhundert schon die Romantik voraus, welche Mieczysław Weinberg im 20. Jahrhundert nachklingen lässt, indem er lyrische Kinderstücke schreibt, wie sie nicht zuletzt durch Robert Schumann in Mode gekommen waren; Ferruccio Busoni wiederum gründet um 1900 fast sein gesamtes Lebenswerk auf Johann Sebastian Bach, Sergej Rachmaninow wandelt als nostalgischer Romantiker durchs 20. Jahrhundert und Frédéric Chopin (in diesem Programm der einzige wirkliche Romantiker im strengen Sinn) schreibt 24 Etüden – natürlich in Anlehnung an Bach und dessen Wohltemperiertes Klavier.


„Geistreiches Scherzen mit der Kunst“

Obgleich die etwa 550 Sonaten Domenico Scarlattis hinsichtlich ihrer Harmonik und Stimmführung äußerst unkonventionell gehalten sind und an vielen Stellen bereits romantisch anmuten, dauerte es bis ins 20. Jahrhundert, ehe sie ihre heutige Beliebtheit erlangten. Ursprünglich für die portugiesische Prinzessin Maria Barbara de Bragança, spätere Königin von Spanien, komponiert, waren die einsätzigen Miniaturen im 19. Jahrhundert zwar Bestandteil im Repertoire mancher Klavierlehrer (wie etwa Frédéric Chopins), doch erst zögerlich mit Franz Liszt und schließlich Vladimir Horowitz eroberten sie sich ihren Platz auf den Konzertpodien. Als Kompositionen, in denen „keine profunde Gelehrsamkeit“ zu erwarten sei, „sondern eher ein geistreiches Scherzen mit der Kunst, das dich der Meisterschaft des Cembalospiels näherbringen soll“, beschrieb Scarlatti selbst die Werke, die er erst im Alter von 50 Jahren zu komponieren begann und auf denen seine Popularität heute nahezu ausschließlich gründet. Die d-moll-Sonate K. 213 spricht unverkennbar Scarlattis Sprache, welche immer wieder auch spanische Einflüsse durchschimmern lässt, und bleibt – vor allem mit ihrem zart aufsteigenden, einstimmigen Beginn – doch unverwechselbar innerhalb der immensen Vielfalt ihrer Schwesterwerke.

Ebenfalls zu Lehrzwecken gedacht waren die insgesamt drei Notenbüchlein für Kinder op. 16, 19 und 23, die Mieczysław Weinberg zwischen 1944 und 1947 für seine kurz zuvor geborene erste Tochter komponierte. Sie sollte den Stücken in ihrem ohnehin nicht lange währenden Klavierunterricht allerdings nie begegnen. Zu anspruchsvoll war die Musik, in denen der sowjetische Komponist seinem künstlerischen Ausdrucksbedürfnis immer wieder freien Lauf ließ, ohne allzu viel Rücksicht auf die Fähigkeiten junger Pianist:innen zu nehmen – ein Kritikpunkt, der im Zuge der damaligen „Formalismus“-Kampagne unmittelbar gegen ihn verwendet wurde. 
Offensichtlich als Zyklus gedacht – das erste Stück entspricht dem letzten – fokussieren die acht Stücke op. 16 verschiedenste Charaktere und Genres wie Walzer oder Trauermarsch. Ihre harmonische und melodische Unvorhersehbarkeit mag vielleicht die ein oder andere Hürde für die Interpret:innen darstellen, für die Zuhörerschaft erscheinen sie dadurch aber nur umso reizvoller.


Meditationen über Natur und Melodie

Auch der heute berühmteste Komponist Lettlands, Pēteris Vasks, erlebte zu Beginn seiner Laufbahn noch die Repressionen der Sowjetunion. Inzwischen hat er sich offenkundig von jeglichen Zwängen befreit – so scheut er, entgegen mancher Auffassung von zeitgenössischer Musik, die Verwendung tonaler Harmonien keineswegs. Vielmehr lässt er diese in neuem Licht erscheinen, unverbraucht und frei von romantischem Pathos. Titel wie Kuckucksruf oder Frühlingsmusik, mit denen er seine Klavierstücke überschreibt, könnten allerdings genauso romantischen Charakterstücken vorangestellt sein. Auch in seiner langjährigen Beschäftigung mit der Natur, die für sein Werk eine grundlegende Inspirationsquelle bildet, steht Vasks dem 19. Jahrhundert durchaus nahe. Oftmals mischen sich zudem (geo)politische Aspekte in seine Musik: Hinter dem heute zu hörenden Stück Baltā ainava (Weiße Landschaft) steckt sowohl sein Bedauern darüber, dass die lettischen Winter längst nicht mehr so intensiv ausfallen wie einst, als auch ein poetisches Stimmungsbild: „Alles ist weiß. Das neue Jahr beginnt. Es ist eine stille Meditation, ein großer Anfang, musikalisch dargestellt durch zwei Themen.“

Eine Art Meditation, wenngleich eine weniger stille, entfaltet sich auch in Bachs Chaconne aus der Partita für Violine d-moll BWV 1004. Wie in einer Chaconne üblich, bringt das zu Beginn vorgestellte und dann unermüdlich wiederholte Bassthema immer neue Variationen hervor – hier allerdings meisterlich verwoben mit einer groß angelegten Steigerung, die einen beinah hypnotischen Sog entwickelt. Busoni war nicht der erste Komponist, der dem Zauber des 1720 entstandenen Werks erlag und sich kompositorisch damit auseinandersetzte. Es existierte bereits eine Klavierbearbeitung für die linke Hand von Johannes Brahms, weiterhin zahlreiche Arrangements für unterschiedliche Besetzungen und schließlich – da die Einstimmigkeit der Violine dem romantischen Geist gar zu nackt erschien – Klavierbegleitungen von Mendelssohn und Schumann.

Busoni allerdings ging es nicht darum, das Original in ein romantisches Gewand zu hüllen. Vielmehr leitete ihn die Empfindung, „daß Bach in der Conception des Werkes weit über die Grenzen und Mittel der Geige hinausgeht, so daß das von ihm zur Ausführung bestimmte Instrument nicht ausreicht. Dieses gewissermaßen ‚Fehlende‘ in der offenbar beabsichtigten Wirkung des immens groß gedachten Stückes wiederherzustellen war meine Absicht […].“ In diesem Sinn füllt Busoni die bei Bach bereits implizierten Akkorde klanglich auf, verdoppelt einzelne Linien, ergänzt manche Gegenstimme und lässt nicht zuletzt durch den modernen Pedaleinsatz ein eigenständiges, virtuoses Klavierstück entstehen. Sein visionäres und avantgardistisches Gesicht (Busoni beschäftigte sich schon im ersten Jahrzehnt des 20. Jh. mit Drittel- und Sechsteltönen sowie der Überwindung der Dur-moll-Tonalität) tritt hier, wie auch in seinen anderen Bach-Bearbeitungen, hinter einer ungebrochenen Bewunderung für den Barockmeister zurück.


Virtuosität und romantische Emphase

Ein Avantgardist war Sergej Rachmaninow sicherlich nie. Dennoch wäre es gänzlich verfehlt, ihn als konservativ oder gar rückständig zu bezeichnen, einzig weil er den Errungenschaften der Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Komponist nicht folgte. Seine durch und durch romantische Tonsprache bewahrte immer ihre authentische Kraft und hält dadurch bis heute manch fortschrittsgläubiger Kritik stand.

Das Jahr 1917 sollte sich als besonders schmerzlich für den ohnehin zu Depressionen neigenden Rachmaninow erweisen, zwang ihn die Oktoberrevolution doch wie viele andere Künstler:innen und Intellektuelle dazu, sein Heimatland zu verlassen – in seinem Fall für immer. Während dieser Umbruchsphase entstand das kurze Klavierstück Fragmente, das – wie in einem Traum – teilweise bruchstückhafte musikalische Gedanken und Bilder miteinander verbindet. Weitgespannte Melodien hingegen erfindet Rachmaninow in den beiden Liedern In der Stille der Nacht op. 4 Nr. 3 und Es ist schön hier op. 21 Nr. 7, die auch in Klaviertranskriptionen von Arcadi Volodos und Earl Wild ihren Zauber unmittelbar entfalten.

Waren bei Scarlatti oder Bach Lehre und Kunst noch nicht voneinander zu trennen (Scarlattis Sonaten oder Bachs Wohltemperiertes Klavier legen davon Zeugnis ab), so gestaltete sich die Situation knapp 100 Jahre später völlig anders: Etüden- und Übungswerke zu reinen „Trainingszwecken“, in denen der musikalische Anspruch im Hintergrund steht, finden sich von nun an zunehmend auf den Notenpulten – nicht immer zum Amusement der jeweiligen Schüler:innen. Auch die Beiträge Frédéric Chopins zu dieser Gattung raubten und rauben zweifelsohne unzählige Nerven. An mangelnder musikalischer Substanz liegt dies aber ganz sicher nicht, handelt es sich im Falle seiner zweimal zwölf Etüden op. 12 und op. 25 doch um sogenannte Konzertetüden, die – ganz im Sinne der barocken Vorgängerwerke – eine ideale Balance zwischen Lehrfunktion und Kunstanspruch wahren. Vielmehr ist es eine aberwitzige Virtuosität, die die Interpret:innen hier ins Schwitzen bringt: Arpeggien, Oktav- und Terzgänge, Skalen, Verzierungen, Unabhängigkeit der Hände und der einzelnen Finger, leggiero-Spiel oder weite Sprünge sind nur einige der technischen Herausforderungen, die Chopin in diesen kurzen Klavierwerken – je nach Tempo dauern manche kaum eine Minute – bewusst auf die Spitze treibt und zu alledem auch noch miteinander kombiniert.

Die Anzahl von 24 Stücken ist zweifellos an Bach angelehnt, und auch manche Tonartenwahl und strukturelle Besonderheit ist wohl kaum dem Zufall geschuldet (wie das Eröffnungspräludium im Wohltemperierten Klavier steht auch die erste Etüde op. 12 Nr. 1 in C-Dur und beruht auf Arpeggien, um nur ein Beispiel für solche Übereinstimmungen zu nennen). Anders als bei Bach sind Chopins zwischen 1833 und 1837 entstandene Etüden allerdings nicht zyklisch und nach einem strengen Tonartenplan konzipiert. Ihre Anordnung unterliegt auch nicht dem Prinzip ansteigender Schwierigkeit, wie es in vielen Etüdenwerken im 19. Jahrhundert üblich war. Erst nachträglich fügte Chopin die einzelnen Stücke in Bänden zusammen und überließ es dabei den Interpret:innen, immer wieder neu zu entscheiden, wie technisch anspruchsvoll welche Etüde tatsächlich ist. Auch bei den scheinbar weniger schwierigen ist Vorsicht geboten: „Im weitesten Sinne ist jedes Musikstück eine Etüde“, mahnte Robert Schumann, „und das leichteste oft die schwerste.“


Meike Pfister lebt als Pianistin, Musikwissenschaftlerin und Moderatorin in Berlin und ist hauptsächlich an der Universität der Künste und der Philharmonie Berlin sowie an der Elbphilharmonie in Hamburg tätig.

Unzeitige Betrachtungen
Klavierwerke aus vier Jahrhunderten

Meike Pfister


Nicht „unzeitig“ solle man erleben, empfiehlt Friedrich Nietzsche und führt aus: „Solange man etwas erlebt, muss man dem Erlebnis sich hingeben und die Augen schließen, also nicht darin schon den Beobachter machen. Das nämlich würde die gute Verdauung des Erlebnisses stören.“ Ein sicherlich weiser Rat für alle Konzertbesucher:innen – dennoch seien hier ein paar „unzeitige“ Beobachtungen gestattet. Vor allem im wörtlichen Sinn bietet sich das beim heutigen Programm ganz besonders an, denn fast alle Werke sind in gewisser Hinsicht „unzeitig“, ihrer jeweiligen Zeit enthoben: Domenico Scarlatti ahnt im frühen 18. Jahrhundert schon die Romantik voraus, welche Mieczysław Weinberg im 20. Jahrhundert nachklingen lässt, indem er lyrische Kinderstücke schreibt, wie sie nicht zuletzt durch Robert Schumann in Mode gekommen waren; Ferruccio Busoni wiederum gründet um 1900 fast sein gesamtes Lebenswerk auf Johann Sebastian Bach, Sergej Rachmaninow wandelt als nostalgischer Romantiker durchs 20. Jahrhundert und Frédéric Chopin (in diesem Programm der einzige wirkliche Romantiker im strengen Sinn) schreibt 24 Etüden – natürlich in Anlehnung an Bach und dessen Wohltemperiertes Klavier.


„Geistreiches Scherzen mit der Kunst“

Obgleich die etwa 550 Sonaten Domenico Scarlattis hinsichtlich ihrer Harmonik und Stimmführung äußerst unkonventionell gehalten sind und an vielen Stellen bereits romantisch anmuten, dauerte es bis ins 20. Jahrhundert, ehe sie ihre heutige Beliebtheit erlangten. Ursprünglich für die portugiesische Prinzessin Maria Barbara de Bragança, spätere Königin von Spanien, komponiert, waren die einsätzigen Miniaturen im 19. Jahrhundert zwar Bestandteil im Repertoire mancher Klavierlehrer (wie etwa Frédéric Chopins), doch erst zögerlich mit Franz Liszt und schließlich Vladimir Horowitz eroberten sie sich ihren Platz auf den Konzertpodien. Als Kompositionen, in denen „keine profunde Gelehrsamkeit“ zu erwarten sei, „sondern eher ein geistreiches Scherzen mit der Kunst, das dich der Meisterschaft des Cembalospiels näherbringen soll“, beschrieb Scarlatti selbst die Werke, die er erst im Alter von 50 Jahren zu komponieren begann und auf denen seine Popularität heute nahezu ausschließlich gründet. Die d-moll-Sonate K. 213 spricht unverkennbar Scarlattis Sprache, welche immer wieder auch spanische Einflüsse durchschimmern lässt, und bleibt – vor allem mit ihrem zart aufsteigenden, einstimmigen Beginn – doch unverwechselbar innerhalb der immensen Vielfalt ihrer Schwesterwerke.

Ebenfalls zu Lehrzwecken gedacht waren die insgesamt drei Notenbüchlein für Kinder op. 16, 19 und 23, die Mieczysław Weinberg zwischen 1944 und 1947 für seine kurz zuvor geborene erste Tochter komponierte. Sie sollte den Stücken in ihrem ohnehin nicht lange währenden Klavierunterricht allerdings nie begegnen. Zu anspruchsvoll war die Musik, in denen der sowjetische Komponist seinem künstlerischen Ausdrucksbedürfnis immer wieder freien Lauf ließ, ohne allzu viel Rücksicht auf die Fähigkeiten junger Pianist:innen zu nehmen – ein Kritikpunkt, der im Zuge der damaligen „Formalismus“-Kampagne unmittelbar gegen ihn verwendet wurde. 
Offensichtlich als Zyklus gedacht – das erste Stück entspricht dem letzten – fokussieren die acht Stücke op. 16 verschiedenste Charaktere und Genres wie Walzer oder Trauermarsch. Ihre harmonische und melodische Unvorhersehbarkeit mag vielleicht die ein oder andere Hürde für die Interpret:innen darstellen, für die Zuhörerschaft erscheinen sie dadurch aber nur umso reizvoller.


Meditationen über Natur und Melodie

Auch der heute berühmteste Komponist Lettlands, Pēteris Vasks, erlebte zu Beginn seiner Laufbahn noch die Repressionen der Sowjetunion. Inzwischen hat er sich offenkundig von jeglichen Zwängen befreit – so scheut er, entgegen mancher Auffassung von zeitgenössischer Musik, die Verwendung tonaler Harmonien keineswegs. Vielmehr lässt er diese in neuem Licht erscheinen, unverbraucht und frei von romantischem Pathos. Titel wie Kuckucksruf oder Frühlingsmusik, mit denen er seine Klavierstücke überschreibt, könnten allerdings genauso romantischen Charakterstücken vorangestellt sein. Auch in seiner langjährigen Beschäftigung mit der Natur, die für sein Werk eine grundlegende Inspirationsquelle bildet, steht Vasks dem 19. Jahrhundert durchaus nahe. Oftmals mischen sich zudem (geo)politische Aspekte in seine Musik: Hinter dem heute zu hörenden Stück Baltā ainava (Weiße Landschaft) steckt sowohl sein Bedauern darüber, dass die lettischen Winter längst nicht mehr so intensiv ausfallen wie einst, als auch ein poetisches Stimmungsbild: „Alles ist weiß. Das neue Jahr beginnt. Es ist eine stille Meditation, ein großer Anfang, musikalisch dargestellt durch zwei Themen.“

Eine Art Meditation, wenngleich eine weniger stille, entfaltet sich auch in Bachs Chaconne aus der Partita für Violine d-moll BWV 1004. Wie in einer Chaconne üblich, bringt das zu Beginn vorgestellte und dann unermüdlich wiederholte Bassthema immer neue Variationen hervor – hier allerdings meisterlich verwoben mit einer groß angelegten Steigerung, die einen beinah hypnotischen Sog entwickelt. Busoni war nicht der erste Komponist, der dem Zauber des 1720 entstandenen Werks erlag und sich kompositorisch damit auseinandersetzte. Es existierte bereits eine Klavierbearbeitung für die linke Hand von Johannes Brahms, weiterhin zahlreiche Arrangements für unterschiedliche Besetzungen und schließlich – da die Einstimmigkeit der Violine dem romantischen Geist gar zu nackt erschien – Klavierbegleitungen von Mendelssohn und Schumann.

Busoni allerdings ging es nicht darum, das Original in ein romantisches Gewand zu hüllen. Vielmehr leitete ihn die Empfindung, „daß Bach in der Conception des Werkes weit über die Grenzen und Mittel der Geige hinausgeht, so daß das von ihm zur Ausführung bestimmte Instrument nicht ausreicht. Dieses gewissermaßen ‚Fehlende‘ in der offenbar beabsichtigten Wirkung des immens groß gedachten Stückes wiederherzustellen war meine Absicht […].“ In diesem Sinn füllt Busoni die bei Bach bereits implizierten Akkorde klanglich auf, verdoppelt einzelne Linien, ergänzt manche Gegenstimme und lässt nicht zuletzt durch den modernen Pedaleinsatz ein eigenständiges, virtuoses Klavierstück entstehen. Sein visionäres und avantgardistisches Gesicht (Busoni beschäftigte sich schon im ersten Jahrzehnt des 20. Jh. mit Drittel- und Sechsteltönen sowie der Überwindung der Dur-moll-Tonalität) tritt hier, wie auch in seinen anderen Bach-Bearbeitungen, hinter einer ungebrochenen Bewunderung für den Barockmeister zurück.


Virtuosität und romantische Emphase

Ein Avantgardist war Sergej Rachmaninow sicherlich nie. Dennoch wäre es gänzlich verfehlt, ihn als konservativ oder gar rückständig zu bezeichnen, einzig weil er den Errungenschaften der Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Komponist nicht folgte. Seine durch und durch romantische Tonsprache bewahrte immer ihre authentische Kraft und hält dadurch bis heute manch fortschrittsgläubiger Kritik stand.

Das Jahr 1917 sollte sich als besonders schmerzlich für den ohnehin zu Depressionen neigenden Rachmaninow erweisen, zwang ihn die Oktoberrevolution doch wie viele andere Künstler:innen und Intellektuelle dazu, sein Heimatland zu verlassen – in seinem Fall für immer. Während dieser Umbruchsphase entstand das kurze Klavierstück Fragmente, das – wie in einem Traum – teilweise bruchstückhafte musikalische Gedanken und Bilder miteinander verbindet. Weitgespannte Melodien hingegen erfindet Rachmaninow in den beiden Liedern In der Stille der Nacht op. 4 Nr. 3 und Es ist schön hier op. 21 Nr. 7, die auch in Klaviertranskriptionen von Arcadi Volodos und Earl Wild ihren Zauber unmittelbar entfalten.

Waren bei Scarlatti oder Bach Lehre und Kunst noch nicht voneinander zu trennen (Scarlattis Sonaten oder Bachs Wohltemperiertes Klavier legen davon Zeugnis ab), so gestaltete sich die Situation knapp 100 Jahre später völlig anders: Etüden- und Übungswerke zu reinen „Trainingszwecken“, in denen der musikalische Anspruch im Hintergrund steht, finden sich von nun an zunehmend auf den Notenpulten – nicht immer zum Amusement der jeweiligen Schüler:innen. Auch die Beiträge Frédéric Chopins zu dieser Gattung raubten und rauben zweifelsohne unzählige Nerven. An mangelnder musikalischer Substanz liegt dies aber ganz sicher nicht, handelt es sich im Falle seiner zweimal zwölf Etüden op. 12 und op. 25 doch um sogenannte Konzertetüden, die – ganz im Sinne der barocken Vorgängerwerke – eine ideale Balance zwischen Lehrfunktion und Kunstanspruch wahren. Vielmehr ist es eine aberwitzige Virtuosität, die die Interpret:innen hier ins Schwitzen bringt: Arpeggien, Oktav- und Terzgänge, Skalen, Verzierungen, Unabhängigkeit der Hände und der einzelnen Finger, leggiero-Spiel oder weite Sprünge sind nur einige der technischen Herausforderungen, die Chopin in diesen kurzen Klavierwerken – je nach Tempo dauern manche kaum eine Minute – bewusst auf die Spitze treibt und zu alledem auch noch miteinander kombiniert.

Die Anzahl von 24 Stücken ist zweifellos an Bach angelehnt, und auch manche Tonartenwahl und strukturelle Besonderheit ist wohl kaum dem Zufall geschuldet (wie das Eröffnungspräludium im Wohltemperierten Klavier steht auch die erste Etüde op. 12 Nr. 1 in C-Dur und beruht auf Arpeggien, um nur ein Beispiel für solche Übereinstimmungen zu nennen). Anders als bei Bach sind Chopins zwischen 1833 und 1837 entstandene Etüden allerdings nicht zyklisch und nach einem strengen Tonartenplan konzipiert. Ihre Anordnung unterliegt auch nicht dem Prinzip ansteigender Schwierigkeit, wie es in vielen Etüdenwerken im 19. Jahrhundert üblich war. Erst nachträglich fügte Chopin die einzelnen Stücke in Bänden zusammen und überließ es dabei den Interpret:innen, immer wieder neu zu entscheiden, wie technisch anspruchsvoll welche Etüde tatsächlich ist. Auch bei den scheinbar weniger schwierigen ist Vorsicht geboten: „Im weitesten Sinne ist jedes Musikstück eine Etüde“, mahnte Robert Schumann, „und das leichteste oft die schwerste.“


Meike Pfister lebt als Pianistin, Musikwissenschaftlerin und Moderatorin in Berlin und ist hauptsächlich an der Universität der Künste und der Philharmonie Berlin sowie an der Elbphilharmonie in Hamburg tätig.


Chopins Etüde op. 25 Nr. 1 in der Handschrift des Komponisten

At first glance, tonight’s program might seem like a wide-ranging collection of works that have little in common. In fact, there are multiple connections and associations linking these pieces and their composers. But as instructive as it sometimes can be, tracing such historical linkages does not necessarily explain how a musical menu such as this one is put together: the taste and sensibility of the performer are often a surer guide to content than an overarching theme.

Program Note by Harry Haskell

Across Time
Piano Music from Four Centuries

Harry Haskell


At first glance, tonight’s program might seem like a wide-ranging collection of works that have little in common. In fact, there are multiple connections and associations linking these pieces and their composers. It is well known, for instance, that the arch-Romantic Chopin admired Domenico Scarlatti, a proto-Classicist, and foresaw that his sonatas would one day become part of the core keyboard repertoire. As innovative explorations of form and technique, Scarlatti’s harpsichord sonatas have much in common with Chopin’s piano etudes. The composer-pianists Rachmaninoff and Busoni both drew inspiration from Bach’s music for solo violin and transcribed it for their instrument. Mieczysław Weinberg’s teacher at the Warsaw Conservatory, Józef Turczyński, was a noted Chopinist who studied with Busoni in Vienna. And so on. But as instructive as it sometimes can be, tracing such historical linkages does not necessarily explain how a musical menu such as this one is put together. The solo concert is a comparatively recent development, usually said to date from Liszt’s first advertised piano “recitals” in London in 1840. Liszt’s program consisted exclusively of his own original music and transcriptions, but most recitals, then and later, were miscellanies. Rachmaninoff—whom Georgijs Osokins acknowledges as a role model—was fairly typical in combining his own compositions with an eclectic range of repertoire, from Baroque to contemporary. As Osokins’s program shows, the taste and sensibility of the performer are often a surer guide to content than an overarching theme.


“Food for the Soul”

Born in Naples, where his father was a celebrated composer of operas and oratorios, Domenico Scarlatti spent most of his adulthood in the comparative musical backwater of Spain. Scarlatti fils was both a virtuoso harpsichordist and a composer of marked originality, and his relatively undemanding post as personal musician to the Spanish queen left him free to indulge his passion for keyboard music. Chiefly in binary form, with each of the two sections repeated, his 550 or so single-movement sonatas owe their uncomplicated structure, and much of their distinctive charm, to the popular dances and folk music he encountered on his travels around Spain with the royal court. The darkly expressive Sonata in D minor exemplifies his innovative approach to the harpsichord, as the crystalline harmonies and contrapuntal complexity of Baroque music gave way to the elegant simplicity of the galant style and the more sophisticated tonal language of Classicism.

Mieczysław Weinberg’s vast and varied catalogue of works includes no fewer than 26 symphonies, 17 string quartets, and more than 40 film scores. Having cut his musical teeth in Warsaw’s popular Yiddish theaters before World War II, he fled to the Soviet Union in 1939, where he eked out a living composing stage and circus music during his periodic fallings out of favor with the Stalinist regime. His music, like that of his close friend Shostakovich, combines a mildly dissonant but stubbornly tonal mid-century idiom with elements drawn from traditional Jewish and Slavic music. Weinberg dedicated his three Children’s Notebooks to his young daughter. Though nominally intended for children, these 23 miniatures are anything but childlike in technique and expression, as illustrated by the dozen pieces that comprise Book 1.

Latvian composer Pēteris Vasks is something of a philosopher in sound; his music is freighted with spiritual images and themes that are not commonly associated with the concert hall. “Most people today no longer possess beliefs, love, and ideals,” he is quoted as saying on his publisher’s website. “My intention is to provide food for the soul, and this is what I preach in my works.” (It is no coincidence that Vasks is the son of a Baptist pastor.) The essential conservatism of his harmonic language consorts with modernist elements such as tone clusters, aleatoric procedures, and dissonant part writing. The five-part piano cycle The Seasons, assembled over a period of almost three decades, reflects Vasks’s longstanding concern for nature and environmental degradation. Of Baltā ainava (White Scenery), dating from 1980, he writes that “everything is white. It is a quiet meditation, a new beginning, with only two themes.”


Rival Composer-Pianists

After a period of posthumous eclipse, Johann Sebastian Bach was restored to his place in the musical pantheon in the mid-1800s through the efforts of Mendelssohn, Schumann, and others. The early Bach revivalists had little truck with historical performance practice, as the heavily Romanticized editions of his Six Sonatas and Partitas for Solo Violin by performers like Ferdinand David and Joseph Joachim attest. Not until the turn of the 20th century did a more scholarly approach take root. The Italian composer-pianist Ferruccio Busoni edited many of Bach’s works for publication and emulated the Baroque master’s elaborate contrapuntal style in his own music, notably the monumental Fantasia contrappuntistica. Busoni’s arrangement of the D-minor Chaconne appeared in multiple versions between 1892 and 1916. Like his predecessors, he believed that the grandeur of Bach’s conception exceeded the capabilities of the violin and could only be realized with the help of a modern piano. The Chaconne’s majestic architecture rests on the simplest and sturdiest of foundations: its 256 bars are supported by a repeated but ever-changing bass line that provides the harmonic underpinning for 32 stunningly imaginative variations. Busoni preserves both the structure and the contrapuntal textures of the original, while adding colorings and other effects appropriate for piano, organ, or even orchestra. (At one point, he instructs the pianist to imitate the sound of trombones.) With its octave doublings, transpositions, and occasional newly composed lines, the Bach-Busoni Chaconne is almost as much Busoni’s work as it is Bach’s.

Sergei Rachmaninoff—one of Busoni’s foremost rivals as a composer-pianist—was singled out for greatness by no less a judge than Tchaikovsky as a 15-year-old wunderkind at the Moscow Conservatory. Shortly after graduating with highest honors in 1892, he composed the ever-popular Prelude in C-sharp minor that would become his calling card on recitals. The Six Romances Op. 4 and the Twelve Songs Op. 21 are among the dozens of jewel-like art songs that predate Rachmaninoff’s emigration to the West in 1917. The impetuous ardor of In the Silence of the Secret Night and the meditative spirituality of How Fair Is This Spot are well served in modern transcriptions by Earl Wild and Arcadi Volodos, which capture Rachmaninoff’s trademark blend of Russian-flavored lyricism and dazzling virtuosity. The piano piece Fragments of 1917 is cast in the same mold. Marked “Andante semplice,” the first and last sections feature a placidly rocking melody in A-flat major that contrasts sharply with the stuttering 16th notes and Debussyan harmonies of the agitated intermezzo.


A Composer “Adrift from All Bondage” 

Franz Liszt memorably characterized his friend (and sometime rival) Chopin as “one of those original beings” who are “adrift from all bondage.” Chopin demonstrated an uncompromising independence as both composer and pianist. In fact, it was arguably the unparalleled range and subtlety of his keyboard technique that enabled him to cast off the shackles of musical convention so successfully. Contemporary accounts of his playing vividly attest to his phenomenal powers. One witness marveled at Chopin’s effortless arpeggios, “which swelled and diminished like waves in an ocean of sound.” Another recalled how the pianist’s apparently delicate hands “would suddenly expand and cover a third of the keyboard. It was like the opening of the mouth of a serpent about to swallow a rabbit whole.”

Throughout the 1830s, Chopin channeled much of his creative energy into a series of short but highly sophisticated piano exercises. In one sense, this focus was a natural outgrowth of the private teaching by which the composer earned his living. But Chopin’s more than four dozen etudes and preludes rise far above the level of didactic student pieces to explore uncharted realms of musical expression and piano technique. In the Twelve Etudes Op. 25 he casts off the constraints of Classical form, harmony, key relationships, and pianism. Perhaps the most remarkable aspect of these jewel-like miniatures is their extreme economy of expression. In each piece, Chopin goes straight to the meat of the matter, eschewing extraneous preliminaries or musical filler. The development of his ideas is radically compressed, yet each of the Etudes contains a world of meaning.

Opus 25 begins and ends with exercises in arpeggios, No. 1 delicate and harp-like (hence its unofficial nickname, “Aeolian Harp”), No. 12 roiling and tempestuous. All twelve Etudes are predominantly fast except No. 7, by far the longest of the set, an oasis of calm that tests the pianist’s powers of sustained lyricism and flexible rubato rhythm governed by a persistent eighth-note pulse. Nos. 2 and 3 form a minor-major pair, focusing on cross-rhythms and contrary motion, respectively, while Nos. 4 and 5 feature leaping staccato figures and playfully dissonant broken chords. The slow centerpiece is flanked by studies in thirds (No. 6) and sixths (No. 8), while Nos. 9 and 10 offer different perspectives on octave motion. Perhaps most dazzling of all is No. 11, with its lumbering, lugubrious melody buffeted by gusts of chromatic passagework that fly like the wind. 


A former performing arts editor for Yale University Press, Harry Haskell is a program annotator for Carnegie Hall in New York, the Brighton Festival in England, and other venues, and the author of several books, including The Early Music Revival: A History, winner of the 2014 Prix des Muses awarded by the Fondation Singer-Polignac.

Across Time
Piano Music from Four Centuries

Harry Haskell


At first glance, tonight’s program might seem like a wide-ranging collection of works that have little in common. In fact, there are multiple connections and associations linking these pieces and their composers. It is well known, for instance, that the arch-Romantic Chopin admired Domenico Scarlatti, a proto-Classicist, and foresaw that his sonatas would one day become part of the core keyboard repertoire. As innovative explorations of form and technique, Scarlatti’s harpsichord sonatas have much in common with Chopin’s piano etudes. The composer-pianists Rachmaninoff and Busoni both drew inspiration from Bach’s music for solo violin and transcribed it for their instrument. Mieczysław Weinberg’s teacher at the Warsaw Conservatory, Józef Turczyński, was a noted Chopinist who studied with Busoni in Vienna. And so on. But as instructive as it sometimes can be, tracing such historical linkages does not necessarily explain how a musical menu such as this one is put together. The solo concert is a comparatively recent development, usually said to date from Liszt’s first advertised piano “recitals” in London in 1840. Liszt’s program consisted exclusively of his own original music and transcriptions, but most recitals, then and later, were miscellanies. Rachmaninoff—whom Georgijs Osokins acknowledges as a role model—was fairly typical in combining his own compositions with an eclectic range of repertoire, from Baroque to contemporary. As Osokins’s program shows, the taste and sensibility of the performer are often a surer guide to content than an overarching theme.


“Food for the Soul”

Born in Naples, where his father was a celebrated composer of operas and oratorios, Domenico Scarlatti spent most of his adulthood in the comparative musical backwater of Spain. Scarlatti fils was both a virtuoso harpsichordist and a composer of marked originality, and his relatively undemanding post as personal musician to the Spanish queen left him free to indulge his passion for keyboard music. Chiefly in binary form, with each of the two sections repeated, his 550 or so single-movement sonatas owe their uncomplicated structure, and much of their distinctive charm, to the popular dances and folk music he encountered on his travels around Spain with the royal court. The darkly expressive Sonata in D minor exemplifies his innovative approach to the harpsichord, as the crystalline harmonies and contrapuntal complexity of Baroque music gave way to the elegant simplicity of the galant style and the more sophisticated tonal language of Classicism.

Mieczysław Weinberg’s vast and varied catalogue of works includes no fewer than 26 symphonies, 17 string quartets, and more than 40 film scores. Having cut his musical teeth in Warsaw’s popular Yiddish theaters before World War II, he fled to the Soviet Union in 1939, where he eked out a living composing stage and circus music during his periodic fallings out of favor with the Stalinist regime. His music, like that of his close friend Shostakovich, combines a mildly dissonant but stubbornly tonal mid-century idiom with elements drawn from traditional Jewish and Slavic music. Weinberg dedicated his three Children’s Notebooks to his young daughter. Though nominally intended for children, these 23 miniatures are anything but childlike in technique and expression, as illustrated by the dozen pieces that comprise Book 1.

Latvian composer Pēteris Vasks is something of a philosopher in sound; his music is freighted with spiritual images and themes that are not commonly associated with the concert hall. “Most people today no longer possess beliefs, love, and ideals,” he is quoted as saying on his publisher’s website. “My intention is to provide food for the soul, and this is what I preach in my works.” (It is no coincidence that Vasks is the son of a Baptist pastor.) The essential conservatism of his harmonic language consorts with modernist elements such as tone clusters, aleatoric procedures, and dissonant part writing. The five-part piano cycle The Seasons, assembled over a period of almost three decades, reflects Vasks’s longstanding concern for nature and environmental degradation. Of Baltā ainava (White Scenery), dating from 1980, he writes that “everything is white. It is a quiet meditation, a new beginning, with only two themes.”


Rival Composer-Pianists

After a period of posthumous eclipse, Johann Sebastian Bach was restored to his place in the musical pantheon in the mid-1800s through the efforts of Mendelssohn, Schumann, and others. The early Bach revivalists had little truck with historical performance practice, as the heavily Romanticized editions of his Six Sonatas and Partitas for Solo Violin by performers like Ferdinand David and Joseph Joachim attest. Not until the turn of the 20th century did a more scholarly approach take root. The Italian composer-pianist Ferruccio Busoni edited many of Bach’s works for publication and emulated the Baroque master’s elaborate contrapuntal style in his own music, notably the monumental Fantasia contrappuntistica. Busoni’s arrangement of the D-minor Chaconne appeared in multiple versions between 1892 and 1916. Like his predecessors, he believed that the grandeur of Bach’s conception exceeded the capabilities of the violin and could only be realized with the help of a modern piano. The Chaconne’s majestic architecture rests on the simplest and sturdiest of foundations: its 256 bars are supported by a repeated but ever-changing bass line that provides the harmonic underpinning for 32 stunningly imaginative variations. Busoni preserves both the structure and the contrapuntal textures of the original, while adding colorings and other effects appropriate for piano, organ, or even orchestra. (At one point, he instructs the pianist to imitate the sound of trombones.) With its octave doublings, transpositions, and occasional newly composed lines, the Bach-Busoni Chaconne is almost as much Busoni’s work as it is Bach’s.

Sergei Rachmaninoff—one of Busoni’s foremost rivals as a composer-pianist—was singled out for greatness by no less a judge than Tchaikovsky as a 15-year-old wunderkind at the Moscow Conservatory. Shortly after graduating with highest honors in 1892, he composed the ever-popular Prelude in C-sharp minor that would become his calling card on recitals. The Six Romances Op. 4 and the Twelve Songs Op. 21 are among the dozens of jewel-like art songs that predate Rachmaninoff’s emigration to the West in 1917. The impetuous ardor of In the Silence of the Secret Night and the meditative spirituality of How Fair Is This Spot are well served in modern transcriptions by Earl Wild and Arcadi Volodos, which capture Rachmaninoff’s trademark blend of Russian-flavored lyricism and dazzling virtuosity. The piano piece Fragments of 1917 is cast in the same mold. Marked “Andante semplice,” the first and last sections feature a placidly rocking melody in A-flat major that contrasts sharply with the stuttering 16th notes and Debussyan harmonies of the agitated intermezzo.


A Composer “Adrift from All Bondage” 

Franz Liszt memorably characterized his friend (and sometime rival) Chopin as “one of those original beings” who are “adrift from all bondage.” Chopin demonstrated an uncompromising independence as both composer and pianist. In fact, it was arguably the unparalleled range and subtlety of his keyboard technique that enabled him to cast off the shackles of musical convention so successfully. Contemporary accounts of his playing vividly attest to his phenomenal powers. One witness marveled at Chopin’s effortless arpeggios, “which swelled and diminished like waves in an ocean of sound.” Another recalled how the pianist’s apparently delicate hands “would suddenly expand and cover a third of the keyboard. It was like the opening of the mouth of a serpent about to swallow a rabbit whole.”

Throughout the 1830s, Chopin channeled much of his creative energy into a series of short but highly sophisticated piano exercises. In one sense, this focus was a natural outgrowth of the private teaching by which the composer earned his living. But Chopin’s more than four dozen etudes and preludes rise far above the level of didactic student pieces to explore uncharted realms of musical expression and piano technique. In the Twelve Etudes Op. 25 he casts off the constraints of Classical form, harmony, key relationships, and pianism. Perhaps the most remarkable aspect of these jewel-like miniatures is their extreme economy of expression. In each piece, Chopin goes straight to the meat of the matter, eschewing extraneous preliminaries or musical filler. The development of his ideas is radically compressed, yet each of the Etudes contains a world of meaning.

Opus 25 begins and ends with exercises in arpeggios, No. 1 delicate and harp-like (hence its unofficial nickname, “Aeolian Harp”), No. 12 roiling and tempestuous. All twelve Etudes are predominantly fast except No. 7, by far the longest of the set, an oasis of calm that tests the pianist’s powers of sustained lyricism and flexible rubato rhythm governed by a persistent eighth-note pulse. Nos. 2 and 3 form a minor-major pair, focusing on cross-rhythms and contrary motion, respectively, while Nos. 4 and 5 feature leaping staccato figures and playfully dissonant broken chords. The slow centerpiece is flanked by studies in thirds (No. 6) and sixths (No. 8), while Nos. 9 and 10 offer different perspectives on octave motion. Perhaps most dazzling of all is No. 11, with its lumbering, lugubrious melody buffeted by gusts of chromatic passagework that fly like the wind. 


A former performing arts editor for Yale University Press, Harry Haskell is a program annotator for Carnegie Hall in New York, the Brighton Festival in England, and other venues, and the author of several books, including The Early Music Revival: A History, winner of the 2014 Prix des Muses awarded by the Fondation Singer-Polignac.

Der Künstler


Georgijs Osokins
Klavier

Georgijs Osokins erhielt seinen ersten Klavierunterricht von seinem Vater Sergejs Osokins. Später studierte er bei Sergei Babayan an der Juilliard School in New York und bei Georg Friedrich Schenck an der Robert Schumann Hochschule in Düsseldorf. Mit seiner Teilnahme am Internationalen Chopin-Wettbewerb im Jahr 2015 gelang ihm im Alter von 19 Jahren der internationale Durchbruch. Seitdem tritt er in wichtigen Musikzentren auf, darunter das Konzerthaus Berlin, die Elbphilharmonie und Laeiszhalle in Hamburg und das Tokyo Metropolitan Theatre, sowie bei renommierten Festivals wie dem Klavier-Festival Ruhr, dem Kammermusikfest Lockenhaus und den Salzburger Festspielen. Seit 2018 arbeitet er mit Gidon Kremer zusammen und unternahm Tourneen durch Großbritannien, Irland, Russland, Polen, Deutschland, Asien und die USA. Gemeinsam mit Lucas Debargue wurde er zum ersten ständigen Gastkünstler der Kremerata Baltica ernannt. Zudem ist er u.a. mit dem Amadeus Chamber Orchestra, dem Taiwan Philharmonic Orchestra und dem Tokyo New City Orchestra sowie mit Sergei Nakariakov, Nicolas Altstaedt und Yulianna Avdeeva aufgetreten und veröffentlichte Aufnahmen mit späten Klavierwerken von Chopin und Musik von Rachmaninoff. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den lettischen Grand Music Award und das Verdienstkreuz der Republik Polen.

Januar 2024

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