Itai Navon Klavier

Ludwig van Beethoven
Klaviersonate As-Dur op. 26

Leoš Janáček
Klaviersonate 1.X.1905

Béla Bartók
Acht Improvisationen über ungarische Bauernlieder op. 20 Sz 74

Mordecai Seter
Sine nomine op. 62

Johannes Brahms
Variationen und Fuge über ein Thema von G. F. Händel B-Dur op. 24

Ludwig van Beethoven (1770–1827)
Klaviersonate As-Dur op. 26 (1800–01)

I. Andante con variazioni
II. Scherzo. Allegro molto – Trio
III. Marcia funebre sulla morte d’un Eroe
IV. Allegro


Leoš Janáček (1854–1928)
Klaviersonate 1.X.1905 (1905)

I. Předtucha (Die Ahnung). Con moto
II. Smrt (Der Tod). Adagio


Béla Bartók (1881–1945)
Acht Improvisationen über ungarische Bauernlieder op. 20 Sz 74 (1920)

I. Molto moderato –
II. Molto capriccioso
III. Lento, rubato –
IV. Allegretto scherzando
V. Allegro molto
VI. Allegro moderato, molto capriccioso
VII. Sostenuto, rubato –
VIII. Allegro

 

Pause

 

Mordecai Seter (1916–1994)
Sine nomine op. 62 (1973)

I. Lento enigmatico
II. Amabile, sempre rubato
III. Moderato armonioso


Johannes Brahms (1833–1897)
Variationen und Fuge über ein Thema von Georg Friedrich Händel B-Dur op. 24 (1861)

Aria –
Variation I – Variation XXV –
Fuga. Moderato

Ludwig van Beethoven (1770–1827)
Klaviersonate As-Dur op. 26 (1800–01)

I. Andante con variazioni
II. Scherzo. Allegro molto – Trio
III. Marcia funebre sulla morte d’un Eroe
IV. Allegro


Leoš Janáček (1854–1928)
Klaviersonate 1.X.1905 (1905)

I. Předtucha (Die Ahnung). Con moto
II. Smrt (Der Tod). Adagio


Béla Bartók (1881–1945)
Acht Improvisationen über ungarische Bauernlieder op. 20 Sz 74 (1920)

I. Molto moderato –
II. Molto capriccioso
III. Lento, rubato –
IV. Allegretto scherzando
V. Allegro molto
VI. Allegro moderato, molto capriccioso
VII. Sostenuto, rubato –
VIII. Allegro

 

Pause

 

Mordecai Seter (1916–1994)
Sine nomine op. 62 (1973)

I. Lento enigmatico
II. Amabile, sempre rubato
III. Moderato armonioso


Johannes Brahms (1833–1897)
Variationen und Fuge über ein Thema von Georg Friedrich Händel B-Dur op. 24 (1861)

Aria –
Variation I – Variation XXV –
Fuga. Moderato

Mordecai Seter, 1980 (© National Library of Israel)

Anlässlich seines Solodebüts im Pierre Boulez Saal präsentiert Itai Navon Werke von fünf Komponisten, die ihre Entstehung sowohl musikalischer wie außermusikalischer Inspiration verdanken.

Essay von Anne do Paço

Variationen und Trauermusiken
Zum Klavierabend mit Itai Navon

Anne do Paço



Auf den Tod eines Helden

Mit seinen 32 Klaviersonaten schuf Ludwig van Beethoven ein Kompendium, das in der Mannigfaltigkeit seiner kompositorischen Ideen und Ausdruckscharaktere einzigartig dasteht: von der heiteren Idylle zu leidenschaftlichem Pathos, vom scheinbar hingeworfenen Affekt zur komplexen Konstruktion, von der intimen Klangrede zum avantgardistischen Experiment reicht das Spektrum.

Die 1800/01 entstandene Sonate As-Dur op. 26 überrascht schon durch ihren Beginn: Nicht ein Allegro in Sonatenform steht am Kopf, sondern ein Andante mit Thema und Variationen. Die achttaktige Eröffnung ist von einer großen Ausgewogenheit der Proportionen bestimmt, die Beethoven auch in den folgenden fünf Variationen nicht antastet, sondern vielmehr als Basis für subtile Klangstudien nutzt. Ohne Unterbrechung folgt ein Scherzo, dessen virtuoser Dramatik das Trio als ein Intermezzo in sanft-wiegendem Rhythmus nur für einen Moment Einhalt gebietet. Der langsame Satz an dritter Stelle ist mit „Marcia funebre sulla morte d’un Eroe“ überschrieben – ob Beethoven einen bestimmten „Helden“ vor Augen hatte, ist nicht bekannt. Vermutlich waren es eher die bewegenden Trauermusiken französischer Tradition in Opern von Ferdinando Paër oder Luigi Cherubini, die ihn zu einer Musik inspirierten, die in der völligen Konzentration auf die Parameter Rhythmus und Klangfarbe bei weitgehendem Verzicht auf alles Melodische eine ganz eigene Handschrift zeigt. Der punktierte Rhythmus der französischen Ouvertüre verleiht dem Satz in der entlegenen Tonart as-moll seinen gravitätischen Charakter. In der Mitte sorgen Trommelwirbel- und Fanfaren-Imitationen für militärisches Kolorit, aber auch den Klagegesang kennt diese von großer theatralischer Kraft geprägte Trauermusik. Bereits im Erscheinungsjahr der Sonate wurde dieser Marsch auch gesondert publiziert und schon bald zu einer beliebten Musikeinlage für Begräbnisfeierlichkeiten (auch anlässlich von Beethovens eigenem Leichenzug 1827 soll er erklungen sein). Ohne wirklichen Schluss auf einer Fermate endend, bereiten die letzten Takte die Basis für ein knappes, harmonisch raffiniertes Finale, in dem sich alle vorausgegangene Anspannung in eine feine Poesie löst: ein Rondo, das mit seinem perlenden Linienspiel eine große Spielfertigkeit verlangt und ohne alles finale Auftrumpfen mit leiser Wehmut ausklingt.


Stille als bedeutungsvoller Klang

Mit dem Klavierstück Sine nomine erklingt im heutigen Programm ein Werk eines der wichtigsten israelischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. Zusammen mit Paul Ben-Haim, Alexander Uriah Boskovich, Oedoen Partos und Josef Tal gehört Mordecai Seter zu den sogenannten fünf Gründungsvätern einer Bewegung, die mit Einflüssen aus der jüdischen Liturgie und traditionellen Volksmusik eine eigene israelische Kunstmusik begründeten. Seter – geboren 1916 als Marc Starominsky in der russischen Schwarzmeer-Hafenstadt Noworossijsk und als Kind nach Palästina übersiedelt – ging als 16-Jähriger nach Paris, um dort zunächst Klavier, dann Komposition bei Paul Dukas, Igor Strawinsky und Nadia Boulanger zu studieren. 1935 kehrte er nach Palästina zurück. Sein frühes Schaffen ist durch eine intensive Suche nach einem eigenen Stil geprägt, bei der Seter sich auch durch seine Forschungen zur Volksmusik Palästinas, Syriens, Ägyptens und Korfus inspirieren ließ. Mit seiner Shabbat Cantata schuf er 1940 ein erstes großes Werk, das bis heute zum Kernrepertoire israelischer Chorliteratur zählt. Ab den 1970er Jahren vollzog er parallel zu einem immer weiteren Rückzug aus der Öffentlichkeit in seinem Komponieren eine radikale Wende hin zu einer Musik, die er als „eine Existenzform“ begriff, „in der die Stille ein bedeutungsvoller Klang ist“. Ähnlich wie Olivier Messiaen, aber mit völlig anderem Ergebnis, schuf Seter sich ein eigenes Tonsystem aus 33 Modi, die aus 12 bis 25 Tönen bestehen und seinem Werk eine ganz spezifische klangliche Wirkung verleihen. Neben zahlreichen großangelegten Partituren aus den frühen Schaffensjahrzehnten beschränkt sich dieses Œuvre auf Klavier- und Kammermusik mit Titeln wie Intimo, Monodrama, Soliloquio oder Intervalle. Auch Sine nomine aus dem Jahr 1973 gehört in diese Reihe. Den Rahmen der dreiteiligen Komposition bildet ein düsterer Kondukt, zu dem Seter nach seinen eigenen Worten die langsamen, schweren Schritte eines Begräbniszugs inspiriert haben. Der Mittelteil entfaltet dagegen ein filigranes, glasperlenartiges Spiel.


Tod auf der Straße

Eine Gedenkmusik schrieb auch Leoš Janáček mit seiner Sonate 1.X.1905. Das Datum im Titel (das Stück ist alternativ auch unter dem Beinamen „Von der Straße“ bekannt) verweist auf ein Ereignis, das den Komponisten tief bewegte: die Ermordung des tschechischen Schreinergesellen František Pavlík durch einen Bajonettstich während einer Demonstration, die von der Brünner Universität Bildung für Alle forderte. Janáčeks emotionale Reaktion erklärt die etwas pathetische Widmung, die er der Partitur voranstellte: „Die weißen Marmorstufen / der Beseda in Brünn – / Vom Blut überströmt sinkt nieder / der schlichte Arbeiter František Pavlík – / Er kam, entflammt für die Hochschule, / und wurde von rohen Mördern erschlagen. / L. J. / Dem Gedächtnis des / bei der Manifestation für die Universität Brünn / ermordeten Arbeiters.“

Erhalten ist die Sonate heute nur dank der Umsicht der Pianistin Ludmila Tučková. Ursprünglich sollte ein monumentaler Trauermarsch den Schluss des Werks bilden, doch als Janáček kurz vor der Uraufführung am 27. Januar 1906 im Club der Brünner Kunstfreunde mit Tučková das Werk durchging, riss er das Finale vor den Augen der Pianistin aus dem Manuskript und vernichtete es. Und auch den beiden übrigen Sätzen wollte er wohl keine Zukunft schenken. Nach einer Privataufführung in Prag warf er den Rest der Partitur in die Moldau. „Und sie trieb davon auf dem Wasser wie weiße Schwäne“, kommentierte er seine impulsive Aktion, die er später wohl bereuen sollte. Denn als Tučková 1924 zu Janáčeks 70. Geburtstag den Mut fasste, ihm zu eröffnen, dass sie nach der Vernichtung des Trauermarschs die beiden weiteren Sätze durch eine Abschrift gesichert hatte, stimmte Janáček der Drucklegung zu.

Was sich in diesem Werk auftut, ist alles andere als eine schlagkräftige Protestmusik. Die Sonate gleicht einer durch die Untiefen des Inneren führende Seelenwanderung, einem dunkel getönten Psychogramm. Im ersten, „Die Ahnung“ betitelten Satz wird eine eindringliche Melodie durch obsessive Ausbrüche und kantige Einwürfe in die Verirrung getrieben – und nur für einen Moment beschwört ein heiteres zweites Thema wie ein Echo aus einer anderen Zeit glückliche Erinnerungen. Der zweite Satz ist mit „Der Tod“ überschrieben. In einer Atmosphäre apathischer Trauer steigert sich eine rituelle Formel aus einem Fünftonmotiv mit immer größerer Intensität zu einem wütenden Höhepunkt. Wie mit den Schlägen eines schweren Herzens aus zusammengeschnürter Brust grundiert der Bass die ausweglos kreisenden Motivfetzen. Am Ende bleibt nur tiefe Hoffnungslosigkeit. Alles Leben entschwindet im dreifachen Pianissimo ins Nichts.


Volksmusik als Inspiration

„In meinen […] Improvisationen für Klavier ging ich wohl bis an die äußerste Grenze, indem ich schlichte Volksweisen mit überaus gewagten Begleitungen versah“, erklärte Bartók in einer Vorlesung in Harvard über seine Improvisationen über ungarische Bauernlieder. In der Tat legte er mit seinem 1920 komponierten Zyklus eine experimentelle Reflexion über tradierte Volksmusik vor, in der die „kompositorische Behandlung die Bedeutung eines originalen Werks erreicht und die verwendete Volksmelodie nur als eine Art Motto zu betrachten ist“, so der Komponist. Entsprechend beginnt Bartók in vier der acht Stücke direkt mit dem Volkslied-Zitat und setzt in den übrigen mit einer Begleitung ein, die das Zitat entweder atmosphärisch (in Nr. 3 und 6) oder rhythmisch (in Nr. 5 und 8) vorbereitet. Vergleichbar der barocken Cantus firmus-Technik, wie sie sich in Bachs Choralbearbeitungen findet – mit denen Bartók seine Improvisationen direkt verglich –, bleibt die zitierte Melodie über den Verlauf der einzelnen Stücke stets präsent, durch die Versetzung in ein Umfeld aus radikal neuen Klängen erscheint sie aber nicht als „exotisches“ Kolorit, sondern als quasi „muttersprachliche“ Basis einer individuellen Ausdrucksweise. Die acht Stücke sind in vier Gruppen gegliedert, in denen sich die Vielfalt des Lebens spiegelt: mit warmer Innigkeit, Spielfreude, aber auch Aggressivität, eingedunkelt in der „schwarzen Wolke“ einer Todesbotschaft, mit virtuosem Witz, als beschwipster Tanz, als tragischer Klagegesang, als fröhlicher Ausklang. Das siebte, auf einem Szekler Wiegenlied beruhende Stück komponierte Bartók ursprünglich als Tombeau für Claude Debussy für eine Sonderausgabe der französischen Revue musicale zum Gedenken an den 1918 verstorbenen Komponisten.


Über ein Thema von Händel

Für Johannes Brahms wurde das Variationsprinzip zum wichtigsten Werkzeug eines kompositorischen Denkens, das von einer motivischen Keimzelle ausgeht, die sich in vielfältige Richtungen entwickeln kann. Aus diesem Ansatz schöpfte er seine Energien, um schließlich der nach Beethoven in die Krise geratenen Symphonie neues Leben einzuhauchen. Aber auch in mehreren Variationszyklen setzte er sich mit dem Vorgänger auseinander, wie in seinem im September 1861 komponierten Opus 24 über ein Thema von Georg Friedrich Händel, das er zunächst als „Variationen für eine liebe Freundin“ betitelte. Adressatin war Clara Schumann, Anlass war ihr Geburtstag. Doch über der so reichen Gabe lag ein Schatten, kam es doch zu ungewöhnlich starken Spannungen zwischen Komponist und Interpretin: „Ich habe Dir Variationen zu Deinem Geburtstag gemacht, die Du noch immer nicht gehört hast und die Du schon längst hättest einüben sollen für Deine Konzerte“, schrieb Brahms ungeduldig nach der Überreichung der Partitur und präsentierte sein Stück dann in einem Privatkonzert zunächst selbst am Klavier. Als Clara Schumann am 7. Dezember 1861 schließlich in Hamburg die öffentliche Uraufführung spielte, war Brahms alles andere als zufrieden, wie die Pianistin berichtete: „Ich spielte sie unter Todesangst, aber dennoch glücklich und mit viel Beifall. Johannes aber kränkte mich tief durch die Gleichgültigkeit, die er mir in Bezug darauf bewies.“

In der Tradition der Wiener Klassiker, die gerne bekannte Melodien verwendeten, um mit diesen variativ zu spielen, griff Brahms auf ein existierendes Thema zurück. Gefunden hatte er es in der Air aus der Suite Nr. 1 B-Dur HWV 434, die der englische Verleger Walsh 1733 – vermutlich ohne Händels Wissen – mit weiteren Suiten unter dessen Namen publiziert hatte.

Was Brahms daran fasziniert haben dürfte, erschließt sich beim Blick in die Partitur: Händels Thema ist mit seinen zweimal acht Takten von absoluter Symmetrie geprägt, die Harmonik schlicht gehalten. Brahms übernimmt die Melodie- und Bassführung sowie die klare Struktur mit nur geringfügigen Abweichungen, findet dann aber in den folgenden 25 Variationen zu einem schier grenzenlosen Reichtum an Ausdruckscharakteren. Den Höhepunkt bildet die Schlussfuge, die durch Akkordbrechungen und eine Verdichtung des Satzes mit Terz-, Sext- und Oktavgängen sowie Orgelpunkteffekten eine geradezu orchestrale Klangpracht entfaltet.


Anne do Paço studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Germanistik in Berlin. Nach Engagements am Staatstheater Mainz und der Deutschen Oper am Rhein ist sie seit September 2020 Chefdramaturgin des Wiener Staatsballetts. Sie veröffentlichte Aufsätze zur Musik- und Tanzgeschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts und war als Autorin u.a. für die Kammerphilharmonie Bremen, das Wiener Konzerthaus und die Opéra National de Paris tätig.

Variationen und Trauermusiken
Zum Klavierabend mit Itai Navon

Anne do Paço



Auf den Tod eines Helden

Mit seinen 32 Klaviersonaten schuf Ludwig van Beethoven ein Kompendium, das in der Mannigfaltigkeit seiner kompositorischen Ideen und Ausdruckscharaktere einzigartig dasteht: von der heiteren Idylle zu leidenschaftlichem Pathos, vom scheinbar hingeworfenen Affekt zur komplexen Konstruktion, von der intimen Klangrede zum avantgardistischen Experiment reicht das Spektrum.

Die 1800/01 entstandene Sonate As-Dur op. 26 überrascht schon durch ihren Beginn: Nicht ein Allegro in Sonatenform steht am Kopf, sondern ein Andante mit Thema und Variationen. Die achttaktige Eröffnung ist von einer großen Ausgewogenheit der Proportionen bestimmt, die Beethoven auch in den folgenden fünf Variationen nicht antastet, sondern vielmehr als Basis für subtile Klangstudien nutzt. Ohne Unterbrechung folgt ein Scherzo, dessen virtuoser Dramatik das Trio als ein Intermezzo in sanft-wiegendem Rhythmus nur für einen Moment Einhalt gebietet. Der langsame Satz an dritter Stelle ist mit „Marcia funebre sulla morte d’un Eroe“ überschrieben – ob Beethoven einen bestimmten „Helden“ vor Augen hatte, ist nicht bekannt. Vermutlich waren es eher die bewegenden Trauermusiken französischer Tradition in Opern von Ferdinando Paër oder Luigi Cherubini, die ihn zu einer Musik inspirierten, die in der völligen Konzentration auf die Parameter Rhythmus und Klangfarbe bei weitgehendem Verzicht auf alles Melodische eine ganz eigene Handschrift zeigt. Der punktierte Rhythmus der französischen Ouvertüre verleiht dem Satz in der entlegenen Tonart as-moll seinen gravitätischen Charakter. In der Mitte sorgen Trommelwirbel- und Fanfaren-Imitationen für militärisches Kolorit, aber auch den Klagegesang kennt diese von großer theatralischer Kraft geprägte Trauermusik. Bereits im Erscheinungsjahr der Sonate wurde dieser Marsch auch gesondert publiziert und schon bald zu einer beliebten Musikeinlage für Begräbnisfeierlichkeiten (auch anlässlich von Beethovens eigenem Leichenzug 1827 soll er erklungen sein). Ohne wirklichen Schluss auf einer Fermate endend, bereiten die letzten Takte die Basis für ein knappes, harmonisch raffiniertes Finale, in dem sich alle vorausgegangene Anspannung in eine feine Poesie löst: ein Rondo, das mit seinem perlenden Linienspiel eine große Spielfertigkeit verlangt und ohne alles finale Auftrumpfen mit leiser Wehmut ausklingt.


Stille als bedeutungsvoller Klang

Mit dem Klavierstück Sine nomine erklingt im heutigen Programm ein Werk eines der wichtigsten israelischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. Zusammen mit Paul Ben-Haim, Alexander Uriah Boskovich, Oedoen Partos und Josef Tal gehört Mordecai Seter zu den sogenannten fünf Gründungsvätern einer Bewegung, die mit Einflüssen aus der jüdischen Liturgie und traditionellen Volksmusik eine eigene israelische Kunstmusik begründeten. Seter – geboren 1916 als Marc Starominsky in der russischen Schwarzmeer-Hafenstadt Noworossijsk und als Kind nach Palästina übersiedelt – ging als 16-Jähriger nach Paris, um dort zunächst Klavier, dann Komposition bei Paul Dukas, Igor Strawinsky und Nadia Boulanger zu studieren. 1935 kehrte er nach Palästina zurück. Sein frühes Schaffen ist durch eine intensive Suche nach einem eigenen Stil geprägt, bei der Seter sich auch durch seine Forschungen zur Volksmusik Palästinas, Syriens, Ägyptens und Korfus inspirieren ließ. Mit seiner Shabbat Cantata schuf er 1940 ein erstes großes Werk, das bis heute zum Kernrepertoire israelischer Chorliteratur zählt. Ab den 1970er Jahren vollzog er parallel zu einem immer weiteren Rückzug aus der Öffentlichkeit in seinem Komponieren eine radikale Wende hin zu einer Musik, die er als „eine Existenzform“ begriff, „in der die Stille ein bedeutungsvoller Klang ist“. Ähnlich wie Olivier Messiaen, aber mit völlig anderem Ergebnis, schuf Seter sich ein eigenes Tonsystem aus 33 Modi, die aus 12 bis 25 Tönen bestehen und seinem Werk eine ganz spezifische klangliche Wirkung verleihen. Neben zahlreichen großangelegten Partituren aus den frühen Schaffensjahrzehnten beschränkt sich dieses Œuvre auf Klavier- und Kammermusik mit Titeln wie Intimo, Monodrama, Soliloquio oder Intervalle. Auch Sine nomine aus dem Jahr 1973 gehört in diese Reihe. Den Rahmen der dreiteiligen Komposition bildet ein düsterer Kondukt, zu dem Seter nach seinen eigenen Worten die langsamen, schweren Schritte eines Begräbniszugs inspiriert haben. Der Mittelteil entfaltet dagegen ein filigranes, glasperlenartiges Spiel.


Tod auf der Straße

Eine Gedenkmusik schrieb auch Leoš Janáček mit seiner Sonate 1.X.1905. Das Datum im Titel (das Stück ist alternativ auch unter dem Beinamen „Von der Straße“ bekannt) verweist auf ein Ereignis, das den Komponisten tief bewegte: die Ermordung des tschechischen Schreinergesellen František Pavlík durch einen Bajonettstich während einer Demonstration, die von der Brünner Universität Bildung für Alle forderte. Janáčeks emotionale Reaktion erklärt die etwas pathetische Widmung, die er der Partitur voranstellte: „Die weißen Marmorstufen / der Beseda in Brünn – / Vom Blut überströmt sinkt nieder / der schlichte Arbeiter František Pavlík – / Er kam, entflammt für die Hochschule, / und wurde von rohen Mördern erschlagen. / L. J. / Dem Gedächtnis des / bei der Manifestation für die Universität Brünn / ermordeten Arbeiters.“

Erhalten ist die Sonate heute nur dank der Umsicht der Pianistin Ludmila Tučková. Ursprünglich sollte ein monumentaler Trauermarsch den Schluss des Werks bilden, doch als Janáček kurz vor der Uraufführung am 27. Januar 1906 im Club der Brünner Kunstfreunde mit Tučková das Werk durchging, riss er das Finale vor den Augen der Pianistin aus dem Manuskript und vernichtete es. Und auch den beiden übrigen Sätzen wollte er wohl keine Zukunft schenken. Nach einer Privataufführung in Prag warf er den Rest der Partitur in die Moldau. „Und sie trieb davon auf dem Wasser wie weiße Schwäne“, kommentierte er seine impulsive Aktion, die er später wohl bereuen sollte. Denn als Tučková 1924 zu Janáčeks 70. Geburtstag den Mut fasste, ihm zu eröffnen, dass sie nach der Vernichtung des Trauermarschs die beiden weiteren Sätze durch eine Abschrift gesichert hatte, stimmte Janáček der Drucklegung zu.

Was sich in diesem Werk auftut, ist alles andere als eine schlagkräftige Protestmusik. Die Sonate gleicht einer durch die Untiefen des Inneren führende Seelenwanderung, einem dunkel getönten Psychogramm. Im ersten, „Die Ahnung“ betitelten Satz wird eine eindringliche Melodie durch obsessive Ausbrüche und kantige Einwürfe in die Verirrung getrieben – und nur für einen Moment beschwört ein heiteres zweites Thema wie ein Echo aus einer anderen Zeit glückliche Erinnerungen. Der zweite Satz ist mit „Der Tod“ überschrieben. In einer Atmosphäre apathischer Trauer steigert sich eine rituelle Formel aus einem Fünftonmotiv mit immer größerer Intensität zu einem wütenden Höhepunkt. Wie mit den Schlägen eines schweren Herzens aus zusammengeschnürter Brust grundiert der Bass die ausweglos kreisenden Motivfetzen. Am Ende bleibt nur tiefe Hoffnungslosigkeit. Alles Leben entschwindet im dreifachen Pianissimo ins Nichts.


Volksmusik als Inspiration

„In meinen […] Improvisationen für Klavier ging ich wohl bis an die äußerste Grenze, indem ich schlichte Volksweisen mit überaus gewagten Begleitungen versah“, erklärte Bartók in einer Vorlesung in Harvard über seine Improvisationen über ungarische Bauernlieder. In der Tat legte er mit seinem 1920 komponierten Zyklus eine experimentelle Reflexion über tradierte Volksmusik vor, in der die „kompositorische Behandlung die Bedeutung eines originalen Werks erreicht und die verwendete Volksmelodie nur als eine Art Motto zu betrachten ist“, so der Komponist. Entsprechend beginnt Bartók in vier der acht Stücke direkt mit dem Volkslied-Zitat und setzt in den übrigen mit einer Begleitung ein, die das Zitat entweder atmosphärisch (in Nr. 3 und 6) oder rhythmisch (in Nr. 5 und 8) vorbereitet. Vergleichbar der barocken Cantus firmus-Technik, wie sie sich in Bachs Choralbearbeitungen findet – mit denen Bartók seine Improvisationen direkt verglich –, bleibt die zitierte Melodie über den Verlauf der einzelnen Stücke stets präsent, durch die Versetzung in ein Umfeld aus radikal neuen Klängen erscheint sie aber nicht als „exotisches“ Kolorit, sondern als quasi „muttersprachliche“ Basis einer individuellen Ausdrucksweise. Die acht Stücke sind in vier Gruppen gegliedert, in denen sich die Vielfalt des Lebens spiegelt: mit warmer Innigkeit, Spielfreude, aber auch Aggressivität, eingedunkelt in der „schwarzen Wolke“ einer Todesbotschaft, mit virtuosem Witz, als beschwipster Tanz, als tragischer Klagegesang, als fröhlicher Ausklang. Das siebte, auf einem Szekler Wiegenlied beruhende Stück komponierte Bartók ursprünglich als Tombeau für Claude Debussy für eine Sonderausgabe der französischen Revue musicale zum Gedenken an den 1918 verstorbenen Komponisten.


Über ein Thema von Händel

Für Johannes Brahms wurde das Variationsprinzip zum wichtigsten Werkzeug eines kompositorischen Denkens, das von einer motivischen Keimzelle ausgeht, die sich in vielfältige Richtungen entwickeln kann. Aus diesem Ansatz schöpfte er seine Energien, um schließlich der nach Beethoven in die Krise geratenen Symphonie neues Leben einzuhauchen. Aber auch in mehreren Variationszyklen setzte er sich mit dem Vorgänger auseinander, wie in seinem im September 1861 komponierten Opus 24 über ein Thema von Georg Friedrich Händel, das er zunächst als „Variationen für eine liebe Freundin“ betitelte. Adressatin war Clara Schumann, Anlass war ihr Geburtstag. Doch über der so reichen Gabe lag ein Schatten, kam es doch zu ungewöhnlich starken Spannungen zwischen Komponist und Interpretin: „Ich habe Dir Variationen zu Deinem Geburtstag gemacht, die Du noch immer nicht gehört hast und die Du schon längst hättest einüben sollen für Deine Konzerte“, schrieb Brahms ungeduldig nach der Überreichung der Partitur und präsentierte sein Stück dann in einem Privatkonzert zunächst selbst am Klavier. Als Clara Schumann am 7. Dezember 1861 schließlich in Hamburg die öffentliche Uraufführung spielte, war Brahms alles andere als zufrieden, wie die Pianistin berichtete: „Ich spielte sie unter Todesangst, aber dennoch glücklich und mit viel Beifall. Johannes aber kränkte mich tief durch die Gleichgültigkeit, die er mir in Bezug darauf bewies.“

In der Tradition der Wiener Klassiker, die gerne bekannte Melodien verwendeten, um mit diesen variativ zu spielen, griff Brahms auf ein existierendes Thema zurück. Gefunden hatte er es in der Air aus der Suite Nr. 1 B-Dur HWV 434, die der englische Verleger Walsh 1733 – vermutlich ohne Händels Wissen – mit weiteren Suiten unter dessen Namen publiziert hatte.

Was Brahms daran fasziniert haben dürfte, erschließt sich beim Blick in die Partitur: Händels Thema ist mit seinen zweimal acht Takten von absoluter Symmetrie geprägt, die Harmonik schlicht gehalten. Brahms übernimmt die Melodie- und Bassführung sowie die klare Struktur mit nur geringfügigen Abweichungen, findet dann aber in den folgenden 25 Variationen zu einem schier grenzenlosen Reichtum an Ausdruckscharakteren. Den Höhepunkt bildet die Schlussfuge, die durch Akkordbrechungen und eine Verdichtung des Satzes mit Terz-, Sext- und Oktavgängen sowie Orgelpunkteffekten eine geradezu orchestrale Klangpracht entfaltet.


Anne do Paço studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Germanistik in Berlin. Nach Engagements am Staatstheater Mainz und der Deutschen Oper am Rhein ist sie seit September 2020 Chefdramaturgin des Wiener Staatsballetts. Sie veröffentlichte Aufsätze zur Musik- und Tanzgeschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts und war als Autorin u.a. für die Kammerphilharmonie Bremen, das Wiener Konzerthaus und die Opéra National de Paris tätig.

Johannes Brahms' Autograph seiner Händel-Variatonen

Including works by Beethoven, Brahms, Janáček, Bartók, and Mordecai Seter, pianist Itai Navon’s program combines music inspired by real and imaginary events with improvisations and variations on existing melodies.

Program Note by Katy Hamilton

Themes and Variations
Piano Works by Beethoven, Brahms, Janáček, Bartók, and Seter

Katy Hamilton



Ludwig van Beethoven
Sonata in A major Op. 26

On April 2, 1800, Ludwig van Beethoven gave his first benefit concert in Vienna, featuring the premieres of both his Septet and First Symphony. By the autumn of the same year, he was preparing his first opus of string quartets for publication and working on two violin sonatas (including the “Spring” Sonata)—as well as beginning a new piano sonata, which was completed in March 1801. This Sonata in A-flat major, published the following year with a dedication to Beethoven’s friend and patron Prince Karl Lichnowsky, is described innocently enough on its original title page as “Grande Sonate pour le Clavecin ou Forte-Piano.” But the third of its four movements is surprising: a “Marcia funebre sulla morte d’un Eroe.”

Why is there a funeral march in this piece? Briefly put, we do not know: Beethoven never specified who the “hero” might have been. Twenty-four years after the Sonata’s publication, this movement was performed by a brass band outside the Stephansdom on the day of the composer’s own funeral. The piece subsequently became known simply as “Sonate mit dem Trauermarsch”—and was a particular favorite of Chopin, providing inspiration for his own “Funeral March” Sonata in the late 1830s.

The opening warm, lyrical Andante theme and variations are followed by a swinging scherzo, fleet-footed and edged with darkness to set us up for the Marcia funebre. This arrives in a thicket of black notes: it is in A-flat minor, dense, grand, and orchestral, although it concludes in the major. The opening few bars of the finale reorientate us in a sound world beyond the funereal, the easy-going world of the first movement theme returning with energetic flurries of scales to bring us, finally to a pianissimo resolution.


Mordecai Seter
Sine nomine

Mordecai Seter was raised in Novorossiysk and Tbilisi before his family emigrated to what was then Mandatory Palestine in 1926, and later studied both in Tel Aviv and Paris, becoming a student of Nadia Boulanger and taking several lessons from Stravinsky. He is widely admired as an advocate of Sephardi, Mizraḥi, and Yemenite liturgical music, which he began to incorporate into his own compositional idiom from the 1930s: as he put it, his music is “between West and oriental, and between myself and traditional, you see? It’s very mixed, I can’t separate them because it’s already—it’s mixed, it’s like a language… You see, it’s like a flow of water. You can’t separate water, it’s a whole. You can’t divide the flowing, because it’s a unity.”

Sine nomine dates from 1973, by which time Seter was a professor at the Rubin Academy of Tel Aviv University and had become an internationally celebrated figure for his 1961 oratorio Tiqqun ḥatsot (Midnight Vigil). Yet he disliked the limelight, and his works of the 1970s are increasingly inward-looking. Sine nomine is written precisely in this introspective style, the first movement dominated by the steady tolling of bells deep in the bass of the instrument. The second is built of sinuous curling lines and echoes of those ringing bells, while the third is hypnotic and circling, ending with a return of the bass-register tolling gestures with which the music began.


Leoš Janáček
Sonata I.X.1905

While Seter’s work is explicitly “unnamed,” Leoš Janáček’s Sonata is a curious take on the genre—and was not, in the first instance, labeled as a sonata at all, bearing only the title I.X.1905. In the early years of the 20th century, appeals had been made for a Czech university in Moravia at a time when German remained the primary language of education and administration. In 1905 it was suggested that Brno might provide the home for a new institution. But this prompted protests from the German population, who felt this would fundamentally damage the identity of the town—and a counter-protest from the Czechs. Two opposing rallies took place on October 1, 1905, and descended into violence. A young joiner’s apprentice, František Pavlík, was killed by one of the soldiers posted to keep order. Janáček himself was there, fighting the soldiers with his walking stick and only being pulled from danger by his friends. He was one of 10,000 Czechs to attend Pavlík’s funeral a few days later, and soon afterwards composed a three-movement piano work as a memorial.

Hours before the premiere in January 1906, Janáček threw the third movement into the stove—it was “vulgar,” he said, and had to be removed. He even tried to destroy the entire piece after the concert, but the pianist, Ludmila Tučková, kept her copy, and in 1924 this was used for the work’s publication. The surviving two movements are brimming with emotion, particularly the urgent, sobbing melody of the “Presentiment.” “Death,” when it comes, is monothematic, repetitive, still. With a hint of consolation building to an impassioned climax, the music has nowhere to go but back to its opening motive, and can only gradually subside once again, ultimately into silence. To the late first edition of I.X.1905, the composer added a brief preface: “The white marble staircase of the Besední dům [Community Hall] in Brno. A simple worker František Pavlík fell there, stained with blood. He only came to demonstrate his enthusiasm for higher education and was killed by cruel murderers.”


Béla Bartók
Improvisations on Hungarian Peasant Songs

The second half of tonight’s program begins with yet another work with a somewhat misleading title. Béla Bartók’s scrupulously structured Improvisations on Hungarian Peasant Songs were completed in 1920, during a particularly turbulent time in Hungarian politics and, by extension, Bartók’s career. In the aftermath of World War I, Hungary moved quickly from a social-democratic leadership to a communist state in March 1919. But later that same year the country came under the control of Miklós Horthy, who was proclaimed regent of a re-established Kingdom of Hungary. These wild swings from left to right politics, as well as the massive land losses that came with the re-drawing of the country’s borders, made work as a musician—let alone a folk-song collector—increasingly difficult. The songs featured in Bartók’s Improvisations originate within the boundaries of pre-war Hungary, rather than its reduced form from 1920, the year of its composition.

Despite the work’s title, these pieces are far too carefully planned and thematically intwined to suggest “free,” on-the-spot invention. The opening song is lyrical and melancholy, its strummed accompaniment set against the stamp and bounce of the following Molto capriccioso. Such striking contrasts are an important part of the set, with consecutive numbers often varying significantly in mood and tempo. In the third, the pianist is told to play “without color” in a song of impending death; spinning, spiky figurations follow in the fourth and syncopated dancing in the fifth. The sixth Improvisation is freer in its use of multiple tempi and sounds rather in its cups as a result. The penultimate piece, headed “Sostenuo rubato,” was written as a memorial piece for Claude Debussy—it offers a moment of sober reflection before the bouncing final number.


Johannes Brahms
Variations and Fugue on a Theme of Handel

If the idea of remembrance of lost souls forms one theme of this program, the other major factor uniting these pieces is surely the formal process of variation (and, in Bartók’s case, improvisation). From his earliest surviving compositions, Johannes Brahms found writing sets of variations an endlessly fascinating and rewarding exercise, and they appear time and again in his keyboard, orchestral, and chamber works. The Variations and Fugue on a Theme of Handel were composed in the autumn of 1861 as a birthday present for Clara Schumann. (The published score bears no dedication, but the manuscript is headed “Variations for a beloved friend.”) The theme was taken from the Aria of Handel’s Suite in B-flat major HWV 434: Brahms owned a first edition of this piece from 1733 and was an assiduous student of Baroque repertoire more generally.

The Aria is a jaunty little melody, full of bounce and graceful ornaments, and firmly establishing the home key of B-flat major. Brahms instantly seizes on these two key features—the energy and elaborate runs—for his first variation, before moving toward a more modern, lyrical, and chromatic style in the second. As the variations progress, Brahms conjures a dizzying array of textures and constructions: free canons, Mozartian-style, a minor-key “Hungarian”-style moment (No. 13), a graceful siciliana (No. 19), and a charming “alla Musette” (No. 22), like a twinkling musical box. Variation No. 14 brings a reminder of the theme, a wildly cheerful and dancing version of Handel’s aria marked “sciolto” (free—though “unbuttoned” would be equally appropriate). The final few variations become increasingly virtuosic and orchestral, heading for the great culmination of the piece in Brahms’s extended fugue. Four voices are combined, varied, and recombined in a string of brilliant contrapuntal techniques, including inversion (turning the subject upside down), augmentation (the rhythmic values of each note doubled), and stretto, as the entries pile in closer together with each appearance. It is a grand and fitting finale to a work brimming with invention and humor.


Katy Hamilton is a writer and presenter on music, specializing in 19th-century German repertoire. She has published on the music of Brahms and on 20th-century British concert life and appears as a speaker at concerts and festivals across the UK and on BBC Radio 3.

Themes and Variations
Piano Works by Beethoven, Brahms, Janáček, Bartók, and Seter

Katy Hamilton



Ludwig van Beethoven
Sonata in A major Op. 26

On April 2, 1800, Ludwig van Beethoven gave his first benefit concert in Vienna, featuring the premieres of both his Septet and First Symphony. By the autumn of the same year, he was preparing his first opus of string quartets for publication and working on two violin sonatas (including the “Spring” Sonata)—as well as beginning a new piano sonata, which was completed in March 1801. This Sonata in A-flat major, published the following year with a dedication to Beethoven’s friend and patron Prince Karl Lichnowsky, is described innocently enough on its original title page as “Grande Sonate pour le Clavecin ou Forte-Piano.” But the third of its four movements is surprising: a “Marcia funebre sulla morte d’un Eroe.”

Why is there a funeral march in this piece? Briefly put, we do not know: Beethoven never specified who the “hero” might have been. Twenty-four years after the Sonata’s publication, this movement was performed by a brass band outside the Stephansdom on the day of the composer’s own funeral. The piece subsequently became known simply as “Sonate mit dem Trauermarsch”—and was a particular favorite of Chopin, providing inspiration for his own “Funeral March” Sonata in the late 1830s.

The opening warm, lyrical Andante theme and variations are followed by a swinging scherzo, fleet-footed and edged with darkness to set us up for the Marcia funebre. This arrives in a thicket of black notes: it is in A-flat minor, dense, grand, and orchestral, although it concludes in the major. The opening few bars of the finale reorientate us in a sound world beyond the funereal, the easy-going world of the first movement theme returning with energetic flurries of scales to bring us, finally to a pianissimo resolution.


Mordecai Seter
Sine nomine

Mordecai Seter was raised in Novorossiysk and Tbilisi before his family emigrated to what was then Mandatory Palestine in 1926, and later studied both in Tel Aviv and Paris, becoming a student of Nadia Boulanger and taking several lessons from Stravinsky. He is widely admired as an advocate of Sephardi, Mizraḥi, and Yemenite liturgical music, which he began to incorporate into his own compositional idiom from the 1930s: as he put it, his music is “between West and oriental, and between myself and traditional, you see? It’s very mixed, I can’t separate them because it’s already—it’s mixed, it’s like a language… You see, it’s like a flow of water. You can’t separate water, it’s a whole. You can’t divide the flowing, because it’s a unity.”

Sine nomine dates from 1973, by which time Seter was a professor at the Rubin Academy of Tel Aviv University and had become an internationally celebrated figure for his 1961 oratorio Tiqqun ḥatsot (Midnight Vigil). Yet he disliked the limelight, and his works of the 1970s are increasingly inward-looking. Sine nomine is written precisely in this introspective style, the first movement dominated by the steady tolling of bells deep in the bass of the instrument. The second is built of sinuous curling lines and echoes of those ringing bells, while the third is hypnotic and circling, ending with a return of the bass-register tolling gestures with which the music began.


Leoš Janáček
Sonata I.X.1905

While Seter’s work is explicitly “unnamed,” Leoš Janáček’s Sonata is a curious take on the genre—and was not, in the first instance, labeled as a sonata at all, bearing only the title I.X.1905. In the early years of the 20th century, appeals had been made for a Czech university in Moravia at a time when German remained the primary language of education and administration. In 1905 it was suggested that Brno might provide the home for a new institution. But this prompted protests from the German population, who felt this would fundamentally damage the identity of the town—and a counter-protest from the Czechs. Two opposing rallies took place on October 1, 1905, and descended into violence. A young joiner’s apprentice, František Pavlík, was killed by one of the soldiers posted to keep order. Janáček himself was there, fighting the soldiers with his walking stick and only being pulled from danger by his friends. He was one of 10,000 Czechs to attend Pavlík’s funeral a few days later, and soon afterwards composed a three-movement piano work as a memorial.

Hours before the premiere in January 1906, Janáček threw the third movement into the stove—it was “vulgar,” he said, and had to be removed. He even tried to destroy the entire piece after the concert, but the pianist, Ludmila Tučková, kept her copy, and in 1924 this was used for the work’s publication. The surviving two movements are brimming with emotion, particularly the urgent, sobbing melody of the “Presentiment.” “Death,” when it comes, is monothematic, repetitive, still. With a hint of consolation building to an impassioned climax, the music has nowhere to go but back to its opening motive, and can only gradually subside once again, ultimately into silence. To the late first edition of I.X.1905, the composer added a brief preface: “The white marble staircase of the Besední dům [Community Hall] in Brno. A simple worker František Pavlík fell there, stained with blood. He only came to demonstrate his enthusiasm for higher education and was killed by cruel murderers.”


Béla Bartók
Improvisations on Hungarian Peasant Songs

The second half of tonight’s program begins with yet another work with a somewhat misleading title. Béla Bartók’s scrupulously structured Improvisations on Hungarian Peasant Songs were completed in 1920, during a particularly turbulent time in Hungarian politics and, by extension, Bartók’s career. In the aftermath of World War I, Hungary moved quickly from a social-democratic leadership to a communist state in March 1919. But later that same year the country came under the control of Miklós Horthy, who was proclaimed regent of a re-established Kingdom of Hungary. These wild swings from left to right politics, as well as the massive land losses that came with the re-drawing of the country’s borders, made work as a musician—let alone a folk-song collector—increasingly difficult. The songs featured in Bartók’s Improvisations originate within the boundaries of pre-war Hungary, rather than its reduced form from 1920, the year of its composition.

Despite the work’s title, these pieces are far too carefully planned and thematically intwined to suggest “free,” on-the-spot invention. The opening song is lyrical and melancholy, its strummed accompaniment set against the stamp and bounce of the following Molto capriccioso. Such striking contrasts are an important part of the set, with consecutive numbers often varying significantly in mood and tempo. In the third, the pianist is told to play “without color” in a song of impending death; spinning, spiky figurations follow in the fourth and syncopated dancing in the fifth. The sixth Improvisation is freer in its use of multiple tempi and sounds rather in its cups as a result. The penultimate piece, headed “Sostenuo rubato,” was written as a memorial piece for Claude Debussy—it offers a moment of sober reflection before the bouncing final number.


Johannes Brahms
Variations and Fugue on a Theme of Handel

If the idea of remembrance of lost souls forms one theme of this program, the other major factor uniting these pieces is surely the formal process of variation (and, in Bartók’s case, improvisation). From his earliest surviving compositions, Johannes Brahms found writing sets of variations an endlessly fascinating and rewarding exercise, and they appear time and again in his keyboard, orchestral, and chamber works. The Variations and Fugue on a Theme of Handel were composed in the autumn of 1861 as a birthday present for Clara Schumann. (The published score bears no dedication, but the manuscript is headed “Variations for a beloved friend.”) The theme was taken from the Aria of Handel’s Suite in B-flat major HWV 434: Brahms owned a first edition of this piece from 1733 and was an assiduous student of Baroque repertoire more generally.

The Aria is a jaunty little melody, full of bounce and graceful ornaments, and firmly establishing the home key of B-flat major. Brahms instantly seizes on these two key features—the energy and elaborate runs—for his first variation, before moving toward a more modern, lyrical, and chromatic style in the second. As the variations progress, Brahms conjures a dizzying array of textures and constructions: free canons, Mozartian-style, a minor-key “Hungarian”-style moment (No. 13), a graceful siciliana (No. 19), and a charming “alla Musette” (No. 22), like a twinkling musical box. Variation No. 14 brings a reminder of the theme, a wildly cheerful and dancing version of Handel’s aria marked “sciolto” (free—though “unbuttoned” would be equally appropriate). The final few variations become increasingly virtuosic and orchestral, heading for the great culmination of the piece in Brahms’s extended fugue. Four voices are combined, varied, and recombined in a string of brilliant contrapuntal techniques, including inversion (turning the subject upside down), augmentation (the rhythmic values of each note doubled), and stretto, as the entries pile in closer together with each appearance. It is a grand and fitting finale to a work brimming with invention and humor.


Katy Hamilton is a writer and presenter on music, specializing in 19th-century German repertoire. She has published on the music of Brahms and on 20th-century British concert life and appears as a speaker at concerts and festivals across the UK and on BBC Radio 3.

Der Künstler


Itai Navon
Klavier

Itai Navon wurde 1996 in Israel geboren und begann seine Ausbildung dort bei Esther Narkiss und Emanuel Krasovsky. 2022 schloss er sein Studium bei Sir András Schiff an der Barenboim-Said Akademie ab. Er erhielt wichtige Impulse u.a. von Murray Perahia, Emanuel Ax, Robert Levin, Kirill Gerstein, Angela Hewitt sowie Enrico Pace und vervollständigt derzeit seine Ausbildung an der Kronberg Academy. Konzerte als Solist und Kammermusiker führten ihn u.a. an die Londoner Wigmore Hall, die Victoria Hall in Genf, das Konzerthaus Berlin, das Beethovenhaus Bonn, zum Klavier-Festival Ruhr, zu den Sommets Musicaux in Gstaad und zum Aspen Music Festival. Dabei arbeitete er u.a. mit Yeruham Scharovsky, Avi Ostrowsky, Bar Avni, dem Israel Symphony Orchestra, dem Jerusalem Symphony Orchestra und der Israel Camerata zusammen. Auf Einladung von Sir András Schiff wirkte er in der Saison 2018/19 in dessen Förderprojekt „Building Bridges“ mit und gab Konzerte in verschiedenen europäischen Ländern. 2021 arbeitete er mit Daniel Barenboim im Rahmen einer Reihe von Meisterklassen zu Beethoven-Klaviersonaten. Im Pierre Boulez Saal war er 2022 als Mitglied des Boulez Ensembles in einer Aufführung von Strawinskys Les Noces unter der Leitung von Matthias Pintscher zu hören. Itai Navon wird von der America-Israel Cultural Foundation und der Szloma-Albam-Stiftung gefördert.

Januar 2024

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