Kirill Gerstein Klavier

Robert Schumann
Blumenstück op. 19
Carnaval op. 9 

Thomas Adès 
Az ág
Berceuse 

György Kurtág
Virág az ember… (Blumen die Menschen…)
aus Játékok

Sergej Rachmaninow
Flieder op. 21 Nr. 5

Percy Grainger 
Paraphrase über Tschaikowskys „Blumenwalzer“

Francisco Coll
Two Waltzes Toward Civilization after Lorca’s Poet in New York

Maurice Ravel
La Valse

Robert Schumann (1810–1856)
Blumenstück op. 19 (1839)

Leise bewegt – Ein wenig langsamer – Lebhaft – Minore – Langsamer


Thomas Adès
(*1971)

Az ág (2022)

Keringő (waltz, with as much time as possible)


Robert Schumann

Carnaval
Scènes mignonnes sur quatre notes op. 9 (1834–35)

 

Pause

 

György Kurtág (*1926)
Virág az ember… (1a) (Blumen die Menschen…)
Virág az ember… (1b)
…a csillag is virág… (…Blumen…auch die Sterne…)
aus Játékok


Thomas Adès
(*1971)

Berceuse 
aus der Oper The Exterminating Angel (2016/18)


György Kurtág
Virág az ember… (3)
Virág az ember… (4a)
Virág az ember… (4b)
…és mégegyszer: Virág az ember… 
(…und noch einmal: Blumen die Menschen…)
aus Játékok


Sergej Rachmaninow (1873–1943)
Flieder op. 21 Nr. 5 
Fassung für Klavier (1914)

Non allegro


Percy Grainger (1882–1961)
Paraphrase über Tschaikowskys „Blumenwalzer“ (1905)

In fast waltz measure


Francisco Coll (*1985)
Two Waltzes Toward Civilization after Lorca’s Poet in New York (2024)

I. Waltz in the Branches. Elastico
II. Little Viennese Waltz. Radiante

Auftragswerk von John Kongsgaard und Chamber Music in Napa Valley für Kirill Gerstein


Maurice Ravel (1875–1937)
La Valse
Poème choréographique (1919–20)
Fassung für Klavier

Mouvement de Valse viennoise

Robert Schumann (1810–1856)
Blumenstück op. 19 (1839)

Leise bewegt – Ein wenig langsamer – Lebhaft – Minore – Langsamer


Thomas Adès
(*1971)

Az ág (2022)

Keringő (waltz, with as much time as possible)


Robert Schumann

Carnaval
Scènes mignonnes sur quatre notes op. 9 (1834–35)

 

Pause

 

György Kurtág (*1926)
Virág az ember… (1a) (Blumen die Menschen…)
Virág az ember… (1b)
…a csillag is virág… (…Blumen…auch die Sterne…)
aus Játékok


Thomas Adès
(*1971)

Berceuse 
aus der Oper The Exterminating Angel (2016/18)


György Kurtág
Virág az ember… (3)
Virág az ember… (4a)
Virág az ember… (4b)
…és mégegyszer: Virág az ember… 
(…und noch einmal: Blumen die Menschen…)
aus Játékok


Sergej Rachmaninow (1873–1943)
Flieder op. 21 Nr. 5 
Fassung für Klavier (1914)

Non allegro


Percy Grainger (1882–1961)
Paraphrase über Tschaikowskys „Blumenwalzer“ (1905)

In fast waltz measure


Francisco Coll (*1985)
Two Waltzes Toward Civilization after Lorca’s Poet in New York (2024)

I. Waltz in the Branches. Elastico
II. Little Viennese Waltz. Radiante

Auftragswerk von John Kongsgaard und Chamber Music in Napa Valley für Kirill Gerstein


Maurice Ravel (1875–1937)
La Valse
Poème choréographique (1919–20)
Fassung für Klavier

Mouvement de Valse viennoise

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Walther Gamerith, Pfingstrosen (vor 1949) (Österreichische Galerie Belvedere Wien)

Dass Blumen und Walzer mehr gemeinsam haben, als es auf den ersten Blick scheinen mag, beweist das beziehungsreiche Programm des heutigen Abends. Nicht nur vereinen sich beide in Pjotr Tschaikowskys „Blumenwalzer“, vielmehr zeigt sich, dass Blumen in ihrer Fragilität auch als Sinnbild für die Vergänglichkeit alles Irdischen stehen.

Essay von Meike Pfister

Blumen die Menschen
Klaviermusik von Schumann bis Adès

Meike Pfister


Dass Blumen und Walzer mehr gemeinsam haben, als es auf den ersten Blick scheinen mag, beweist das beziehungsreiche Programm des heutigen Abends. Nicht nur vereinen sich beide in Pjotr Tschaikowskys „Blumenwalzer“, der in einer Paraphrase des australisch-amerikanischen Komponisten Percy Grainger erklingt; vielmehr zeigt sich – besonders augenscheinlich in den sieben mit Blumen die Menschen… überschriebenen Miniaturen von György Kurtág –, dass Blumen in ihrer Fragilität auch als Sinnbild für die Vergänglichkeit alles Irdischen stehen. Und die Vergänglichkeit wiederum klingt selten so bittersüß wie im Wiener Walzer – der musikalischen Verkörperung eines im Niedergang begriffenen Habsburgerreiches, das freudig im Dreivierteltakt dem Abgrund entgegentanzte. Maurice Ravel bestand zwar darauf, dass es in seiner stilisierten Walzer-Apotheose La Valse aus dem Jahr 1920 nicht um die Darstellung eben jenes Untergangs gehe, doch die Doppelbödigkeit des Tanzes bleibt hinter Ravels Maske immer spürbar (oder tritt gerade darin besonders hervor?).

Startpunkt des Programms, das in Ravels ekstatischem Walzer gipfelt, ist das zarte Blumenstück von Robert Schumann, das während eines Wien-Aufenthaltes des Komponisten im Jahr 1838 entstand. Im seinem fast zeitgleich veröffentlichten Carnaval tanzen die in kurzen musikalischen Porträts vorgestellten Figuren zwar auch Walzer, von Untergangsstimmung ist hier jedoch noch nichts zu spüren. Unzweifelhaft hingegen ist die fatale Programmatik von Thomas Adès’ 2016 uraufgeführter Oper The Exterminating Angel, aus der die im zweiten Programmteil zu hörende Berceuse stammt. Von der Gattungsbezeichnung her eigentlich ein Wiegenlied, erklingt das anfangs zarte und sich dann ins dynamische Extrem steigernde Stück im Kontext der Oper als Sterbemusik zweier Liebender.

Ergänzt wird die Zusammenstellung von Miniaturen und Charakterstücken durch die deutsche Erstaufführung der Two Waltzes Toward Civilization des spanischen Komponisten Francisco Coll. Wie bei fast allen Werken dieses Abends bestehen auch hier Bezüge zur Dichtung, namentlich zu zwei Texten aus Federico García Lorcas Dichter in New York.


„Freudig, schmerzlich, sehnsüchtig…“

Schumanns Blumenstück weist ebenfalls Verbindungen zur Literatur auf. Der Titel ist vermutlich inspiriert durch Jean Pauls Roman Siebenkäs (oder, wie es vollständig heißt, Frucht- und Dornenstücke oder Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten F. St. Siebenkäs im Reichsmarktflecken Kuhschnappel). Dass die Bezeichnung des kurzen, salonhaften Klavierstückes deutlich schlichter ausfällt als die seiner literarischen Vorlage, passt zum Wesen der Musik. Als ein Stück „für Damen“, dessen „Linien und Stengel zart und schwächlich“ seien, beschrieb es Schumann selbst. Möglicherweise diente es seinem mehr oder minder ernsthaft formulierten Bestreben, sich „zum Lieblings-Componisten aller Wienerinnen empor[zu]schwingen“. Das Blumenstück besteht aus einer Folge einzelner, sich thematisch ähnelnder Abschnitte und ist möglicherweise identisch mit einem nicht eindeutig zuzuordnenden Stück, das Schumann in einem Brief an Clara einmal als „Variationen über kein Thema“ bezeichnete.

Klarer liegen die Dinge beim 1834/35 entstandenen Carnaval. Schumann versah die einzelnen Sätze des Zyklus mit erläuternden Titeln, bestand allerdings darauf, dass diese erst nachträglich hinzugefügt seien. Sie benennen einerseits die Gäste des dargestellten Maskenballs, die sich zusammensetzen aus Figuren der Commedia dell’arte (Pierrot, Harlekin, Pantalone und Colombine), Personen aus dem von Schumann gegründeten halbfiktiven Kreis der Davidsbündler (Estrella, Chiara, Florestan und Eusebius) und zwei von ihm verehrten Komponistenkollegen (Chopin und Paganini). Andererseits weisen die Überschriften auf das typische Treiben eines Balles hin, wie Schumann selbst erläutert: „Reconnaissance [ist] eine Erkennungsscene, Aveu Liebesgeständnis, Promenade ein Spazierengehen, wie man es auf deutschen Bällen Arm in Arm mit seiner Dame thut.“

Eine weitere Bedeutungsebene erhält das Werk durch das Spiel mit vier Tonbuchstaben: „Der Carnaval ist aus Gelegenheit entstanden meistentheils und bis 3 oder 4 Sätze immer über die Noten A S C H gebaut, die der Name eines böhmischen Städtchens, wo ich eine musikalische Freundin hatte, sonderbarer Weise aber auch die einzigen musikalischen Buchstaben aus meinem Namen sind“, erklärte Schumann. Mit der wie nebenbei erwähnten „musikalischen Freundin“ ist Ernestine von Fricken gemeint, die einstige Verlobte des Komponisten (und die Estrella der Davidsbündler). Die alte Liebe trifft in Carnaval nun auf die neue – Chiara, unschwer als Clara Wieck zu erkennen.

Clara war es schließlich auch, die den Carnaval in ihr Repertoire aufnahm und ihm prompt Erfolg bescherte. „Aber schön ist er – schön, weil er Dich bei jedem Mal spielen so lebendig vor die Seele stellt“, schrieb sie an Robert im Jahr 1838, zwei Jahre vor der mühsam gegen ihren Vater durchgesetzten Hochzeit. „Ich seh’ Dich als Eusebius, und fühle einen zarten Händedruck! Ich seh’ Dich als Florestan, zürnend ob der Laune eines Vaters und inzwischen doch wieder besänftigend, mit einem Worte, er macht immer einen unbeschreiblichen Eindruck auf mich, er stimmt mich freudig, schmerzlich, sehnsüchtig – […].“


Spiel und Gemälde

Im Werk György Kurtágs finden sich immer wieder Hommagen und Anspielungen an Robert Schumann, den der 99-jährige ungarische Komponist zutiefst verehrt. Die geistige Verwandtschaft der beiden zeigt sich etwa darin, dass beide in ihrem Werk den Aspekt des Intuitiven und Nicht-Systematischen betonen – das „Davidsbündlerische“, wie Schumann es vielleicht nennen würde. Außerdem hegen beide ein Faible für die Miniaturform und schreiben Musik für Kinder, die gleichermaßen auch „erwachsenen“ Ansprüchen genügt. Kurtágs Sammlung Játékok (Spiele) entstand seit 1974 und umfasst inzwischen mehrere 100 Stücke. „Die Anregung zum Komponieren der Spiele hat wohl das selbstvergessen spielende Kind gegeben“, schreibt ihr Schöpfer im Vorwort über ihre Entstehung. „Das Kind, dem das Instrument noch ein Spielzeug ist. Es macht allerlei Versuche mit ihm, streichelt es, greift es an. […] Spiel ist Spiel. Es verlangt viel Freiheit und Initiative vom Spieler. Das Geschriebene darf nicht ernst genommen werden – das Geschriebene muss todernst genommen werden: was den musikalischen Vorgang, die Qualität der Tongebung und der Stille anlangt.“

Der Titel Blumen die Menschen, den Kurtág in verschiedensten Werken und Zusammenhängen verwendet, stammt aus den Texten des ungarischen Renaissancedichters Péter Bornemisza: „Es rafft dich der Tod wie den Vogel die Schlinge, für immer rafft er dich hin – Blumen [sind] die Menschen, nur Blumen.“

Dass die Kompositionsstudien, die Thomas Adès bei Kurtág absolvierte, einen nachhaltigen Eindruck hinterließen, zeigt sich etwa in dem kaum eineinhalb Minuten langen Az ág (Der Zweig), das der englische Komponist, Dirigent und Pianist 2022 für Víkingur Ólafsson schrieb. Als Walzer ist das Stück kaum zu erkennen, zumal das äußerst langsame Tempo – „waltz with as much time as possible“ heißt es als Vortragsanweisung in der Partitur – die Rhythmik zusätzlich verschleiert.

Die Berceuse entstand in ihrer Klavierfassung explizit für Kirill Gerstein, mit dem Adès eine langjährige und intensive Zusammenarbeit verbindet. „Ich besuchte eine der ersten Vorstellungen von The Exterminating Angel“, erinnert sich der Pianist, „und war ganz besonders berührt von der Szene, in der ein Liebespaar, Eduardo und Beatriz, in einen Schrank klettert und Selbstmord begeht. Ihr Liebestod ist in betörende Klänge getaucht. Es sind keine tonalen Harmonien, aber sie bewegen sich, modulieren und lösen sich auf, alles auf eine sehr einnehmende Weise. Mein Ohr wird von dieser harmonischen Sprache angezogen und ich finde sie emotional sehr berührend. Das habe ich Tom erzählt, als wir zusammen Liszts Totentanz aufgeführt haben, ich am Klavier, er am Dirigentenpult, und er zwinkerte mir zu: ‚Ich kann das als Klavierstück für dich arrangieren.‘ Drei Wochen später schickte er mir ein Foto des Manuskripts der Berceuse.“

Auch Francisco Coll schrieb Two Waltzes Toward Civilization speziell für Kirill Gerstein. Coll, der neben seinen Studien in Valencia, Madrid und an der Guildhall School in London privat (und als dessen einziger Schüler) Unterricht bei Thomas Adès nahm, lässt die Grenzen zwischen den einzelnen Künsten verschwimmen. „Jedes Mal, wenn ich ein Werk komponiere, mache ich ein Gemälde. Manchmal weiß ich nicht, ob ich komponiere oder male, weil ich keinen großen Unterschied zwischen Malerei und Komposition sehe.“ Die Farbgebung der Gemälde zu den beiden 2024 entstandenen Walzern müsste jedenfalls außergewöhnlich kontrastreich, regelrecht schrill sein: In fast jedem Takt, manchmal sogar nur für einzelne Töne, fordert die Partitur schärfste dynamische Kontraste, die vom fünffachen fortissimo bis ins fünffache pianissimo reichen.


Zartheit und Ekstase

Nicht mit einem der berühmten Virtuosenstücke Sergej Rachmaninows, sondern mit der zarten Liedbearbeitung Flieder beweist Kirill Gerstein ein weiteres Mal an diesem Abend seine pianistische Meisterschaft: „Wie wir wissen, ist das schwierigste am Klavier, langsam und leise zu spielen“, erklärt er. Rachmaninow komponierte die Zwölf Lieder op. 21 während seiner Hochzeitsreise 1902 in Luzern. Die innige, fast impressionistische Schönheit von Flieder erlaubt jedoch nicht unbedingt Rückschlüsse auf die Reise an sich: „Einen ganzen Monat lang wurde jeder noch so interessante Tag – Stadt, Kathedrale, Kunstgalerie, Verliese im Dogenpalast – schließlich verwirrend, fade, ja langweilig“, lautete der Reisebericht des Bräutigams.

Rauschhafter geht es in Percy Graingers Paraphrase über Tschaikowskys Blumenwalzer aus dem zweiten Akt des Balletts Der Nussknacker zu. Hier fordert der in Australien geborene Klaviervirtuose, Klavierlehrer, Volksmusiksammler, Arrangeur, Musikpädagoge und kompositorische Experimentator die ganze Palette an pianistischer Virtuosität und läutet damit bereits die überschwängliche Schlussapotheose des Programms ein.

Wie Schumanns Carnaval repräsentiert auch Ravels „poème choréographique“ La Valse aus dem Jahr 1920 eine Ballveranstaltung. Ursprünglich hatte Ravel das Stück als orchestrales Ballett konzipiert, weshalb sich am Anfang der Partitur eine Art Regieanweisung findet. Vom Ballsaal einer kaiserlichen Residenz um 1855 ist darin die Rede und von Kronleuchtern, die beim ersten fortissimo schließlich die Tanzgesellschaft erleuchten. Trotz dieser Beschreibungen mangelte es schon zu Ravels Lebzeiten nicht an Spekulationen, die in dem Werk Bezüge zum Untergang des Habsburgerreiches vermuteten. „Es hat nichts mit der aktuellen Situation in Wien zu tun“, insistierte Ravel jedoch. „Es ist eine getanzte, kreisende, fast schreckenerregende Ekstase, ein Taumel, der immer leidenschaftlicher wird und die Tänzer erschöpft, die sich vom Walzer hinreißen und davontragen lassen.“

Betrachtet man Ravels Persönlichkeit und sein Gesamtwerk, scheint ein direkter politischer oder geschichtlicher Bezug in der Tat wenig realistisch. Die Arbeit mit musikalischen Modellen, seien es barocke Tänze, jüdische oder spanische Folklore, klassische Gattungen wie die Sonatine oder immer wieder der Wiener Walzer, gehörte auch unabhängig davon zu den Grundlagen seines Komponierens. Faszinierenderweise blieb er in seiner ständigen Auseinandersetzung mit solchen Vorlagen dennoch – oder sogar umso mehr – er selbst.

Als Motto über all den Walzer-Hommagen, -Paraphrasen und -Allusionen des heutigen Programms könnte Ravels Ratschlag an seine Schüler stehen: „Wenn Ihr beim Kopieren eines Modells Eure Persönlichkeit bewahrt, dann habt Ihr etwas zu sagen.“


Meike Pfister lebt als Pianistin, Musikwissenschaftlerin und Moderatorin in Berlin und ist hauptsächlich an der Universität der Künste und der Philharmonie Berlin sowie an der Elbphilharmonie in Hamburg tätig.

Blumen die Menschen
Klaviermusik von Schumann bis Adès

Meike Pfister


Dass Blumen und Walzer mehr gemeinsam haben, als es auf den ersten Blick scheinen mag, beweist das beziehungsreiche Programm des heutigen Abends. Nicht nur vereinen sich beide in Pjotr Tschaikowskys „Blumenwalzer“, der in einer Paraphrase des australisch-amerikanischen Komponisten Percy Grainger erklingt; vielmehr zeigt sich – besonders augenscheinlich in den sieben mit Blumen die Menschen… überschriebenen Miniaturen von György Kurtág –, dass Blumen in ihrer Fragilität auch als Sinnbild für die Vergänglichkeit alles Irdischen stehen. Und die Vergänglichkeit wiederum klingt selten so bittersüß wie im Wiener Walzer – der musikalischen Verkörperung eines im Niedergang begriffenen Habsburgerreiches, das freudig im Dreivierteltakt dem Abgrund entgegentanzte. Maurice Ravel bestand zwar darauf, dass es in seiner stilisierten Walzer-Apotheose La Valse aus dem Jahr 1920 nicht um die Darstellung eben jenes Untergangs gehe, doch die Doppelbödigkeit des Tanzes bleibt hinter Ravels Maske immer spürbar (oder tritt gerade darin besonders hervor?).

Startpunkt des Programms, das in Ravels ekstatischem Walzer gipfelt, ist das zarte Blumenstück von Robert Schumann, das während eines Wien-Aufenthaltes des Komponisten im Jahr 1838 entstand. Im seinem fast zeitgleich veröffentlichten Carnaval tanzen die in kurzen musikalischen Porträts vorgestellten Figuren zwar auch Walzer, von Untergangsstimmung ist hier jedoch noch nichts zu spüren. Unzweifelhaft hingegen ist die fatale Programmatik von Thomas Adès’ 2016 uraufgeführter Oper The Exterminating Angel, aus der die im zweiten Programmteil zu hörende Berceuse stammt. Von der Gattungsbezeichnung her eigentlich ein Wiegenlied, erklingt das anfangs zarte und sich dann ins dynamische Extrem steigernde Stück im Kontext der Oper als Sterbemusik zweier Liebender.

Ergänzt wird die Zusammenstellung von Miniaturen und Charakterstücken durch die deutsche Erstaufführung der Two Waltzes Toward Civilization des spanischen Komponisten Francisco Coll. Wie bei fast allen Werken dieses Abends bestehen auch hier Bezüge zur Dichtung, namentlich zu zwei Texten aus Federico García Lorcas Dichter in New York.


„Freudig, schmerzlich, sehnsüchtig…“

Schumanns Blumenstück weist ebenfalls Verbindungen zur Literatur auf. Der Titel ist vermutlich inspiriert durch Jean Pauls Roman Siebenkäs (oder, wie es vollständig heißt, Frucht- und Dornenstücke oder Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten F. St. Siebenkäs im Reichsmarktflecken Kuhschnappel). Dass die Bezeichnung des kurzen, salonhaften Klavierstückes deutlich schlichter ausfällt als die seiner literarischen Vorlage, passt zum Wesen der Musik. Als ein Stück „für Damen“, dessen „Linien und Stengel zart und schwächlich“ seien, beschrieb es Schumann selbst. Möglicherweise diente es seinem mehr oder minder ernsthaft formulierten Bestreben, sich „zum Lieblings-Componisten aller Wienerinnen empor[zu]schwingen“. Das Blumenstück besteht aus einer Folge einzelner, sich thematisch ähnelnder Abschnitte und ist möglicherweise identisch mit einem nicht eindeutig zuzuordnenden Stück, das Schumann in einem Brief an Clara einmal als „Variationen über kein Thema“ bezeichnete.

Klarer liegen die Dinge beim 1834/35 entstandenen Carnaval. Schumann versah die einzelnen Sätze des Zyklus mit erläuternden Titeln, bestand allerdings darauf, dass diese erst nachträglich hinzugefügt seien. Sie benennen einerseits die Gäste des dargestellten Maskenballs, die sich zusammensetzen aus Figuren der Commedia dell’arte (Pierrot, Harlekin, Pantalone und Colombine), Personen aus dem von Schumann gegründeten halbfiktiven Kreis der Davidsbündler (Estrella, Chiara, Florestan und Eusebius) und zwei von ihm verehrten Komponistenkollegen (Chopin und Paganini). Andererseits weisen die Überschriften auf das typische Treiben eines Balles hin, wie Schumann selbst erläutert: „Reconnaissance [ist] eine Erkennungsscene, Aveu Liebesgeständnis, Promenade ein Spazierengehen, wie man es auf deutschen Bällen Arm in Arm mit seiner Dame thut.“

Eine weitere Bedeutungsebene erhält das Werk durch das Spiel mit vier Tonbuchstaben: „Der Carnaval ist aus Gelegenheit entstanden meistentheils und bis 3 oder 4 Sätze immer über die Noten A S C H gebaut, die der Name eines böhmischen Städtchens, wo ich eine musikalische Freundin hatte, sonderbarer Weise aber auch die einzigen musikalischen Buchstaben aus meinem Namen sind“, erklärte Schumann. Mit der wie nebenbei erwähnten „musikalischen Freundin“ ist Ernestine von Fricken gemeint, die einstige Verlobte des Komponisten (und die Estrella der Davidsbündler). Die alte Liebe trifft in Carnaval nun auf die neue – Chiara, unschwer als Clara Wieck zu erkennen.

Clara war es schließlich auch, die den Carnaval in ihr Repertoire aufnahm und ihm prompt Erfolg bescherte. „Aber schön ist er – schön, weil er Dich bei jedem Mal spielen so lebendig vor die Seele stellt“, schrieb sie an Robert im Jahr 1838, zwei Jahre vor der mühsam gegen ihren Vater durchgesetzten Hochzeit. „Ich seh’ Dich als Eusebius, und fühle einen zarten Händedruck! Ich seh’ Dich als Florestan, zürnend ob der Laune eines Vaters und inzwischen doch wieder besänftigend, mit einem Worte, er macht immer einen unbeschreiblichen Eindruck auf mich, er stimmt mich freudig, schmerzlich, sehnsüchtig – […].“


Spiel und Gemälde

Im Werk György Kurtágs finden sich immer wieder Hommagen und Anspielungen an Robert Schumann, den der 99-jährige ungarische Komponist zutiefst verehrt. Die geistige Verwandtschaft der beiden zeigt sich etwa darin, dass beide in ihrem Werk den Aspekt des Intuitiven und Nicht-Systematischen betonen – das „Davidsbündlerische“, wie Schumann es vielleicht nennen würde. Außerdem hegen beide ein Faible für die Miniaturform und schreiben Musik für Kinder, die gleichermaßen auch „erwachsenen“ Ansprüchen genügt. Kurtágs Sammlung Játékok (Spiele) entstand seit 1974 und umfasst inzwischen mehrere 100 Stücke. „Die Anregung zum Komponieren der Spiele hat wohl das selbstvergessen spielende Kind gegeben“, schreibt ihr Schöpfer im Vorwort über ihre Entstehung. „Das Kind, dem das Instrument noch ein Spielzeug ist. Es macht allerlei Versuche mit ihm, streichelt es, greift es an. […] Spiel ist Spiel. Es verlangt viel Freiheit und Initiative vom Spieler. Das Geschriebene darf nicht ernst genommen werden – das Geschriebene muss todernst genommen werden: was den musikalischen Vorgang, die Qualität der Tongebung und der Stille anlangt.“

Der Titel Blumen die Menschen, den Kurtág in verschiedensten Werken und Zusammenhängen verwendet, stammt aus den Texten des ungarischen Renaissancedichters Péter Bornemisza: „Es rafft dich der Tod wie den Vogel die Schlinge, für immer rafft er dich hin – Blumen [sind] die Menschen, nur Blumen.“

Dass die Kompositionsstudien, die Thomas Adès bei Kurtág absolvierte, einen nachhaltigen Eindruck hinterließen, zeigt sich etwa in dem kaum eineinhalb Minuten langen Az ág (Der Zweig), das der englische Komponist, Dirigent und Pianist 2022 für Víkingur Ólafsson schrieb. Als Walzer ist das Stück kaum zu erkennen, zumal das äußerst langsame Tempo – „waltz with as much time as possible“ heißt es als Vortragsanweisung in der Partitur – die Rhythmik zusätzlich verschleiert.

Die Berceuse entstand in ihrer Klavierfassung explizit für Kirill Gerstein, mit dem Adès eine langjährige und intensive Zusammenarbeit verbindet. „Ich besuchte eine der ersten Vorstellungen von The Exterminating Angel“, erinnert sich der Pianist, „und war ganz besonders berührt von der Szene, in der ein Liebespaar, Eduardo und Beatriz, in einen Schrank klettert und Selbstmord begeht. Ihr Liebestod ist in betörende Klänge getaucht. Es sind keine tonalen Harmonien, aber sie bewegen sich, modulieren und lösen sich auf, alles auf eine sehr einnehmende Weise. Mein Ohr wird von dieser harmonischen Sprache angezogen und ich finde sie emotional sehr berührend. Das habe ich Tom erzählt, als wir zusammen Liszts Totentanz aufgeführt haben, ich am Klavier, er am Dirigentenpult, und er zwinkerte mir zu: ‚Ich kann das als Klavierstück für dich arrangieren.‘ Drei Wochen später schickte er mir ein Foto des Manuskripts der Berceuse.“

Auch Francisco Coll schrieb Two Waltzes Toward Civilization speziell für Kirill Gerstein. Coll, der neben seinen Studien in Valencia, Madrid und an der Guildhall School in London privat (und als dessen einziger Schüler) Unterricht bei Thomas Adès nahm, lässt die Grenzen zwischen den einzelnen Künsten verschwimmen. „Jedes Mal, wenn ich ein Werk komponiere, mache ich ein Gemälde. Manchmal weiß ich nicht, ob ich komponiere oder male, weil ich keinen großen Unterschied zwischen Malerei und Komposition sehe.“ Die Farbgebung der Gemälde zu den beiden 2024 entstandenen Walzern müsste jedenfalls außergewöhnlich kontrastreich, regelrecht schrill sein: In fast jedem Takt, manchmal sogar nur für einzelne Töne, fordert die Partitur schärfste dynamische Kontraste, die vom fünffachen fortissimo bis ins fünffache pianissimo reichen.


Zartheit und Ekstase

Nicht mit einem der berühmten Virtuosenstücke Sergej Rachmaninows, sondern mit der zarten Liedbearbeitung Flieder beweist Kirill Gerstein ein weiteres Mal an diesem Abend seine pianistische Meisterschaft: „Wie wir wissen, ist das schwierigste am Klavier, langsam und leise zu spielen“, erklärt er. Rachmaninow komponierte die Zwölf Lieder op. 21 während seiner Hochzeitsreise 1902 in Luzern. Die innige, fast impressionistische Schönheit von Flieder erlaubt jedoch nicht unbedingt Rückschlüsse auf die Reise an sich: „Einen ganzen Monat lang wurde jeder noch so interessante Tag – Stadt, Kathedrale, Kunstgalerie, Verliese im Dogenpalast – schließlich verwirrend, fade, ja langweilig“, lautete der Reisebericht des Bräutigams.

Rauschhafter geht es in Percy Graingers Paraphrase über Tschaikowskys Blumenwalzer aus dem zweiten Akt des Balletts Der Nussknacker zu. Hier fordert der in Australien geborene Klaviervirtuose, Klavierlehrer, Volksmusiksammler, Arrangeur, Musikpädagoge und kompositorische Experimentator die ganze Palette an pianistischer Virtuosität und läutet damit bereits die überschwängliche Schlussapotheose des Programms ein.

Wie Schumanns Carnaval repräsentiert auch Ravels „poème choréographique“ La Valse aus dem Jahr 1920 eine Ballveranstaltung. Ursprünglich hatte Ravel das Stück als orchestrales Ballett konzipiert, weshalb sich am Anfang der Partitur eine Art Regieanweisung findet. Vom Ballsaal einer kaiserlichen Residenz um 1855 ist darin die Rede und von Kronleuchtern, die beim ersten fortissimo schließlich die Tanzgesellschaft erleuchten. Trotz dieser Beschreibungen mangelte es schon zu Ravels Lebzeiten nicht an Spekulationen, die in dem Werk Bezüge zum Untergang des Habsburgerreiches vermuteten. „Es hat nichts mit der aktuellen Situation in Wien zu tun“, insistierte Ravel jedoch. „Es ist eine getanzte, kreisende, fast schreckenerregende Ekstase, ein Taumel, der immer leidenschaftlicher wird und die Tänzer erschöpft, die sich vom Walzer hinreißen und davontragen lassen.“

Betrachtet man Ravels Persönlichkeit und sein Gesamtwerk, scheint ein direkter politischer oder geschichtlicher Bezug in der Tat wenig realistisch. Die Arbeit mit musikalischen Modellen, seien es barocke Tänze, jüdische oder spanische Folklore, klassische Gattungen wie die Sonatine oder immer wieder der Wiener Walzer, gehörte auch unabhängig davon zu den Grundlagen seines Komponierens. Faszinierenderweise blieb er in seiner ständigen Auseinandersetzung mit solchen Vorlagen dennoch – oder sogar umso mehr – er selbst.

Als Motto über all den Walzer-Hommagen, -Paraphrasen und -Allusionen des heutigen Programms könnte Ravels Ratschlag an seine Schüler stehen: „Wenn Ihr beim Kopieren eines Modells Eure Persönlichkeit bewahrt, dann habt Ihr etwas zu sagen.“


Meike Pfister lebt als Pianistin, Musikwissenschaftlerin und Moderatorin in Berlin und ist hauptsächlich an der Universität der Künste und der Philharmonie Berlin sowie an der Elbphilharmonie in Hamburg tätig.

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Walther Gamerith, Vase mit Rosen (vor 1949) (Österreichische Galerie Belvedere Wien)

Encompassing an inimitable language, flowers have been employed as a gesture of affection for millennia and have, unsurprisingly, served a similar role in musical form, as revealed in this evening’s program.

Essay by Gavin Plumley

Bursting into Bloom
Piano Music from Schumann to Adès

Gavin Plumley



Schumann’s Bouquets

Robert Schumann presented Clara Wieck with many blooms over the course of their life together. One of the most poignant was Dichterliebe in May 1840, which begins with Heinrich Heine’s paean to the month in question:

In the wondrous month of May,
When all the buds were bursting into bloom,
Then it was that in my heart
Love began to blossom.

Encompassing an inimitable language, flowers have been employed as a gesture of affection for millennia and have, unsurprisingly, served a similar role in musical form, as revealed in this evening’s program. Indeed, a year before Robert embarked on his great outburst of lieder, numbering 125 songs by the end of 1840, he had completed two wordless tokens for Clara: the C-major Arabeske Op. 18 and the D flat–major Blumenstück Op. 19.

The former has found more immediate favor in the repertoire, with Schumann even belittling the latter, which was written in Vienna in January 1839 to captivate the city’s successful music publishing market. For Schumann, at least publicly, the Blumenstück was mere salon fodder, though its inclusion in his “Brautbuch” for Clara two years later shows that it was, at least privately, an important work. Certainly, its ingenious developing variation structure, utilizing both the bass line of the initial theme and the melody of the second in a purling but probing structure, shows that this was no trifle.

Carnaval, dating to 1834–5, is more obviously complex and features a whole gathering of musical codes. They include a tribute to Schubert and the spirit of Fasching (the pre-Lenten carnival season), as well as a dedication to a contemporary violinist (Karol Lipiński) and various literary and musical references. Given the programmatic intent, Carnaval can even seem like a symphonic poem, speaking of the composer’s imaginary “Davidsbündler” society. The group’s yin and yang of masculine and feminine forces, as well as its professed defense of contemporary music in the face of reactionary opinion, often formed the backdrop to the music of the pre-Clara years.

Yet however abundant the inspiration behind the work, Carnaval revolves around a simple four-note motif: A, E flat, C, and B natural, which, spelled out in German notation, read as ASCH. The significance has long been debated. The motif may refer to Schumann’s initials (his middle name was Alexander), the hometown (Asch, now Aš in Czechia) of Ernestine von Fricken, an earlier object of Schumann’s affection, or they simply mark Ash Wednesday at the end of Fasching (hence the title of the work). Yet not all of the movements derive from this motivic sequence. The Prélude, for instance, began life as part of an incomplete set of variations on Schubert’s “Trauerwalzer” (D 365/2), while the more abstract sections delineate the contrasting pairs of characters—Pierrot and Arlequin, Eusebius and Florestan (the main Davidsbündler “members”), Coquette and Réplique—who underline the work’s dramatic spirit.


Organic Branches

Between the two compositions by Schumann we hear music by Thomas Adès and György Kurtág, both of whom have often been drawn into the German Romantic composer’s world. Adès, for instance, has perceived a link between his piano works and the “organic” compositions of Janáček, another Central European master, while Kurtág has often paid homage to Schumann. Here, Adès follows suit with a tribute to his friend Kurtág, whose music he often includes in his piano recitals.

The kinship derived from what Adès defined as his “immediate reaction, in the bloodstream” to Kurtág’s “human, warm voice,” evinced by seven short (floral) pieces from Book I of Játékok, the composer’s continually evolving, multi-volume collection of pedagogical performance pieces. Az ág (The Branch), inspired by a poem by Sándor Weöres, was written as a response or companion piece. Dating to 2022 and composed for Víkingur Ólafsson, it is described as a keringő, a Hungarian waltz, and should be played “with as much time as possible.” Written over several staves but with overlapping hands, the slow dance gradually spreads to the furthest reaches of the piano. But something darker also interposes: the Berceuse from Adès’s 2016 opera The Exterminating Angel. In the face of the eponymous yet unseen purging force of the drama, based on Luis Buñuel’s 1962 film, Eduardo and his fiancée Beatriz form a suicide pact, their decision accompanied by a lullaby (one of the recurrent forms in the opera).


Imperial Flowers

During the early part of his career, Sergei Rachmaninoff was a prolific song composer. After his departure from Russia, however, he did not return to song, perhaps feeling a sense of separation from his linguistic roots. Rachmaninoff’s vocal compositions therefore belong exclusively to the period from 1890, while he was still a student, to 1916, the year before the Revolution, with Lilacs, the fifth of his Op. 21 Songs, dating to 1902.

Originally with a text by Ekaterina Beketova, the song suggests the delicacy and heady scent of the flowers in an ululating figure that runs through the outer sections, framing a more brooding core. Clearly, Rachmaninoff was fond of the song and made his own transcription, which he performed many times, as well as recording it in 1923 and again in 1942, the year before his death.

Imperial Russia is also the setting for one of Tchaikovsky’s finest blooms. Having included impressive waltzes in his earlier dance dramas, Tchaikovsky was asked by the imperial ballet master Marius Petipa to write a dance for The Nutcracker with “eight bars for the introduction, then the same number of bars as in the valse villageoise in Sleeping Beauty (second scene).” Danced for Clara and her Nutcracker Prince in the Kingdom of Sweets, the waltz captures the festive spirit of this sugared realm, as bouquets of angelica are passed between the performers.

First heard in 1892, the year before Tchaikovsky’s death, The Nutcracker has continued to enjoy as happy a life in the concert hall as on stage. The composer himself compiled a suite of eight movements, including the “Waltz of the Flowers,” and there was a piano arrangement by Sergei Taneyev, though Tchaikovsky did not admire its virtuosity, so created a more simplified version. As if further defying the composer, Percy Grainger then wrote an even more complex Paraphrase on Tchaikovsky’s Flower Waltz in 1901, his first concert transcription. A published edition followed three years later, when it was dedicated to the pianist Léon Delafosse, who relished the Lisztian flourishes of this ornate but wonderfully original homage.


Danses macabres

A waltzing vein continues in Francisco Coll’s 2024 work Waltzes Toward Civilization, which was commissioned for Kirill Gerstein by John Kongsgaard and Chamber Music in Napa Valley. The score has been described as follows by the composer’s publisher:

“Inspired by Federico García Lorca’s Poet in New York, Francisco Coll has created a pair of waltzes, both named for poems in this hallucinatory, hard-edged collection. Just as Lorca’s verse teeters on the point of crisis, Coll’s dramatic, colorful music of extremes exists on a knife edge. ‘Waltz in the Branches’ begins with flourishes and bell-like sounds, before settling into a characteristic triple-time dance, capturing the capricious and magical mood of the poem’s opening. ‘Little Viennese Waltz’ follows, borrowing its imaginative pattern from Lorca’s poem: a cheerful, beautiful waltz warped into something much more macabre. A longing, freewheeling melody is underpinned by surreal harmonic and rhythmic changes and breaks down into its constituent gestures as if falling over its own feet. The atmosphere, like that of the poem, grows heavy, heightened, and obsessive.”

A similar sense of jeopardy pervades Ravel’s La Valse, which stemmed from a 1906 plan to write a symphonic poem entitled “Wien.” The composer abandoned the idea but returned to the dance form in 1911 for Valses nobles et sentimentales and, later, La Valse, which was intended as a ballet, though never produced, for Diaghilev, as Ravel described in his own synopsis. “Through whirling clouds, waltzing couples may be faintly distinguished. The clouds gradually scatter: one sees at letter A [marked in the score] an immense hall peopled with a whirling crowd. The scene is gradually illuminated. The light of the chandeliers bursts forth at the fortissimo letter B. Set in an imperial court, about 1855.”

The bipartite form nonetheless belies such a simple summary. While there is evidence of Viennese waltzes of the mid-19th century, with the Strauss family’s four-bar phrases, string-led melodies and subliminal eroticism, there is also great instability, with hemiolas (ONE-two-THREE-one-TWO-three) threatening to destabilize the prevailing meter. The ominous thudding, with which the work begins, likewise indicates something more nefarious and becomes increasingly exaggerated in the second section. As a result, the harmonic language turns similarly violent, veering away from the Strauss family of the imperial ballroom towards the (Richard) Strauss of Salome and Elektra.

Although Ravel admitted that the piece was “a kind of apotheosis of the Viennese waltz, linked in my mind with the impression of a fantastic whirl of density,” he was keen to deny any further socio-political program. “This dance may seem tragic,” he said, “like any other emotion pushed to the extreme. But one should only see in it what the music expresses: an ascending progression of sonority, to which the stage comes along to add light and movement.” In our own, increasingly unstable, world, however, it might prove impossible to hear La Valse, at first celebrating and then destroying the genre it seeks to ape, without some fear of the future.


Gavin Plumley is a cultural historian. British by birth, his work embraces various aspects of Central European art, music, and literature. He has written for newspapers and magazines, as well as opera and concert programs, worldwide. He also broadcasts regularly for the BBC. His first book, A Home for All Seasons, was published in 2022.

Bursting into Bloom
Piano Music from Schumann to Adès

Gavin Plumley



Schumann’s Bouquets

Robert Schumann presented Clara Wieck with many blooms over the course of their life together. One of the most poignant was Dichterliebe in May 1840, which begins with Heinrich Heine’s paean to the month in question:

In the wondrous month of May,
When all the buds were bursting into bloom,
Then it was that in my heart
Love began to blossom.

Encompassing an inimitable language, flowers have been employed as a gesture of affection for millennia and have, unsurprisingly, served a similar role in musical form, as revealed in this evening’s program. Indeed, a year before Robert embarked on his great outburst of lieder, numbering 125 songs by the end of 1840, he had completed two wordless tokens for Clara: the C-major Arabeske Op. 18 and the D flat–major Blumenstück Op. 19.

The former has found more immediate favor in the repertoire, with Schumann even belittling the latter, which was written in Vienna in January 1839 to captivate the city’s successful music publishing market. For Schumann, at least publicly, the Blumenstück was mere salon fodder, though its inclusion in his “Brautbuch” for Clara two years later shows that it was, at least privately, an important work. Certainly, its ingenious developing variation structure, utilizing both the bass line of the initial theme and the melody of the second in a purling but probing structure, shows that this was no trifle.

Carnaval, dating to 1834–5, is more obviously complex and features a whole gathering of musical codes. They include a tribute to Schubert and the spirit of Fasching (the pre-Lenten carnival season), as well as a dedication to a contemporary violinist (Karol Lipiński) and various literary and musical references. Given the programmatic intent, Carnaval can even seem like a symphonic poem, speaking of the composer’s imaginary “Davidsbündler” society. The group’s yin and yang of masculine and feminine forces, as well as its professed defense of contemporary music in the face of reactionary opinion, often formed the backdrop to the music of the pre-Clara years.

Yet however abundant the inspiration behind the work, Carnaval revolves around a simple four-note motif: A, E flat, C, and B natural, which, spelled out in German notation, read as ASCH. The significance has long been debated. The motif may refer to Schumann’s initials (his middle name was Alexander), the hometown (Asch, now Aš in Czechia) of Ernestine von Fricken, an earlier object of Schumann’s affection, or they simply mark Ash Wednesday at the end of Fasching (hence the title of the work). Yet not all of the movements derive from this motivic sequence. The Prélude, for instance, began life as part of an incomplete set of variations on Schubert’s “Trauerwalzer” (D 365/2), while the more abstract sections delineate the contrasting pairs of characters—Pierrot and Arlequin, Eusebius and Florestan (the main Davidsbündler “members”), Coquette and Réplique—who underline the work’s dramatic spirit.


Organic Branches

Between the two compositions by Schumann we hear music by Thomas Adès and György Kurtág, both of whom have often been drawn into the German Romantic composer’s world. Adès, for instance, has perceived a link between his piano works and the “organic” compositions of Janáček, another Central European master, while Kurtág has often paid homage to Schumann. Here, Adès follows suit with a tribute to his friend Kurtág, whose music he often includes in his piano recitals.

The kinship derived from what Adès defined as his “immediate reaction, in the bloodstream” to Kurtág’s “human, warm voice,” evinced by seven short (floral) pieces from Book I of Játékok, the composer’s continually evolving, multi-volume collection of pedagogical performance pieces. Az ág (The Branch), inspired by a poem by Sándor Weöres, was written as a response or companion piece. Dating to 2022 and composed for Víkingur Ólafsson, it is described as a keringő, a Hungarian waltz, and should be played “with as much time as possible.” Written over several staves but with overlapping hands, the slow dance gradually spreads to the furthest reaches of the piano. But something darker also interposes: the Berceuse from Adès’s 2016 opera The Exterminating Angel. In the face of the eponymous yet unseen purging force of the drama, based on Luis Buñuel’s 1962 film, Eduardo and his fiancée Beatriz form a suicide pact, their decision accompanied by a lullaby (one of the recurrent forms in the opera).


Imperial Flowers

During the early part of his career, Sergei Rachmaninoff was a prolific song composer. After his departure from Russia, however, he did not return to song, perhaps feeling a sense of separation from his linguistic roots. Rachmaninoff’s vocal compositions therefore belong exclusively to the period from 1890, while he was still a student, to 1916, the year before the Revolution, with Lilacs, the fifth of his Op. 21 Songs, dating to 1902.

Originally with a text by Ekaterina Beketova, the song suggests the delicacy and heady scent of the flowers in an ululating figure that runs through the outer sections, framing a more brooding core. Clearly, Rachmaninoff was fond of the song and made his own transcription, which he performed many times, as well as recording it in 1923 and again in 1942, the year before his death.

Imperial Russia is also the setting for one of Tchaikovsky’s finest blooms. Having included impressive waltzes in his earlier dance dramas, Tchaikovsky was asked by the imperial ballet master Marius Petipa to write a dance for The Nutcracker with “eight bars for the introduction, then the same number of bars as in the valse villageoise in Sleeping Beauty (second scene).” Danced for Clara and her Nutcracker Prince in the Kingdom of Sweets, the waltz captures the festive spirit of this sugared realm, as bouquets of angelica are passed between the performers.

First heard in 1892, the year before Tchaikovsky’s death, The Nutcracker has continued to enjoy as happy a life in the concert hall as on stage. The composer himself compiled a suite of eight movements, including the “Waltz of the Flowers,” and there was a piano arrangement by Sergei Taneyev, though Tchaikovsky did not admire its virtuosity, so created a more simplified version. As if further defying the composer, Percy Grainger then wrote an even more complex Paraphrase on Tchaikovsky’s Flower Waltz in 1901, his first concert transcription. A published edition followed three years later, when it was dedicated to the pianist Léon Delafosse, who relished the Lisztian flourishes of this ornate but wonderfully original homage.


Danses macabres

A waltzing vein continues in Francisco Coll’s 2024 work Waltzes Toward Civilization, which was commissioned for Kirill Gerstein by John Kongsgaard and Chamber Music in Napa Valley. The score has been described as follows by the composer’s publisher:

“Inspired by Federico García Lorca’s Poet in New York, Francisco Coll has created a pair of waltzes, both named for poems in this hallucinatory, hard-edged collection. Just as Lorca’s verse teeters on the point of crisis, Coll’s dramatic, colorful music of extremes exists on a knife edge. ‘Waltz in the Branches’ begins with flourishes and bell-like sounds, before settling into a characteristic triple-time dance, capturing the capricious and magical mood of the poem’s opening. ‘Little Viennese Waltz’ follows, borrowing its imaginative pattern from Lorca’s poem: a cheerful, beautiful waltz warped into something much more macabre. A longing, freewheeling melody is underpinned by surreal harmonic and rhythmic changes and breaks down into its constituent gestures as if falling over its own feet. The atmosphere, like that of the poem, grows heavy, heightened, and obsessive.”

A similar sense of jeopardy pervades Ravel’s La Valse, which stemmed from a 1906 plan to write a symphonic poem entitled “Wien.” The composer abandoned the idea but returned to the dance form in 1911 for Valses nobles et sentimentales and, later, La Valse, which was intended as a ballet, though never produced, for Diaghilev, as Ravel described in his own synopsis. “Through whirling clouds, waltzing couples may be faintly distinguished. The clouds gradually scatter: one sees at letter A [marked in the score] an immense hall peopled with a whirling crowd. The scene is gradually illuminated. The light of the chandeliers bursts forth at the fortissimo letter B. Set in an imperial court, about 1855.”

The bipartite form nonetheless belies such a simple summary. While there is evidence of Viennese waltzes of the mid-19th century, with the Strauss family’s four-bar phrases, string-led melodies and subliminal eroticism, there is also great instability, with hemiolas (ONE-two-THREE-one-TWO-three) threatening to destabilize the prevailing meter. The ominous thudding, with which the work begins, likewise indicates something more nefarious and becomes increasingly exaggerated in the second section. As a result, the harmonic language turns similarly violent, veering away from the Strauss family of the imperial ballroom towards the (Richard) Strauss of Salome and Elektra.

Although Ravel admitted that the piece was “a kind of apotheosis of the Viennese waltz, linked in my mind with the impression of a fantastic whirl of density,” he was keen to deny any further socio-political program. “This dance may seem tragic,” he said, “like any other emotion pushed to the extreme. But one should only see in it what the music expresses: an ascending progression of sonority, to which the stage comes along to add light and movement.” In our own, increasingly unstable, world, however, it might prove impossible to hear La Valse, at first celebrating and then destroying the genre it seeks to ape, without some fear of the future.


Gavin Plumley is a cultural historian. British by birth, his work embraces various aspects of Central European art, music, and literature. He has written for newspapers and magazines, as well as opera and concert programs, worldwide. He also broadcasts regularly for the BBC. His first book, A Home for All Seasons, was published in 2022.

Der Künstler


Kirill Gerstein
Klavier

Kirill Gerstein wurde in der damaligen Sowjetunion geboren und wuchs in den USA auf, wo er zunächst sowohl klassisches Klavier als auch Jazz studierte. Später konzentrierte er sich auf das klassische Repertoire und setzte seine Ausbildung bei Solomon Mikowsky in New York, Dmitri Bashkirov in Madrid und Ferenc Rados in Budapest fort. 2001 gelang ihm mit dem Gewinn des ersten Preises beim Arthur Rubinstein Wettbewerb in Tel Aviv der internationale Durchbruch. Er gastiert als Solist bei den wichtigsten Orchestern weltweit, darunter die Wiener und Berliner Philharmoniker, das Concertgebouworchester Amsterdam, das London Symphony, das New York Philharmonic, das Chicago Symphony Orchestra und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. In den vergangenen Jahren brachte er u.a. Klavierkonzerte von Thomas Adès, mit dem ihn eine enge künstlerische Zusammenarbeit verbindet, und Thomas Larcher zur Uraufführung; in der kommenden Saison folgt die Premiere eines neuen, für ihn geschriebenen Klavierkonzerts von Francisco Coll. Zu den Höhepunkten der aktuellen Spielzeit zählen das Abschlusskonzert des Musikfests Berlin mit Messiaens Des canyons aux étoiles unter Sir Simon Rattle, Bergs Kammerkonzert mit Ilya Gringolts, Heinz Holliger und dem Chamber Orchestra of Europe sowie Aufführungen des Klavierkonzerts von Ferruccio Busoni zum 100. Todestag des Komponisten mit den Berliner Philharmonikern, dem Orchestre National de France und dem BBC Symphony Orchestra. Nach einer zehnjährigen Lehrtätigkeit an der Musikhochschule Stuttgart übernahm Kirill Gerstein 2018 eine Professur an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin.

Mai 2025

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