Roderick Williams Bariton
Julius Drake Klavier
Toby Jones Rezitation

Programm

William Shakespeare
Ausgewählte Texte
Lesung in englischer Sprache

Vertonungen von
Henry Purcell
Joseph Haydn
Joseph Vernon
Franz Schubert
Hector Berlioz
Robert Schumann
Claude Debussy
Jean Sibelius
Ralph Vaughan Williams
Ivor Gurney
Erich Wolfgang Korngold
Francis Poulenc
Gerald Finzi
Michael Tippett
Benjamin Britten
Madeleine Dring
Roderick Williams

William Shakespeare (1564–1616)
Ausgewählte Texte
Lesung in englischer Sprache

Henry Purcell (1659–1695)
If Music Be the Food of Love Z 379B

Robert Schumann (1810–1856)
Schlusslied des Narren op. 127 Nr. 5

Jean Sibelius (1865–1957)
Hållilå, uti storm och i regn op. 60 Nr. 2

Joseph Haydn (1732–1809)
She Never Told Her Love Hob. XXVIa:34

Jean Sibelius
Kom nu hit, död op. 60 Nr. 1

Franz Schubert (1797–1828)
An Silvia D 891

Madeleine Dring (1923–1977)
Take, O Take Those Lips Away

Gerald Finzi (1901–1956)
Fear No More the Heat o’ the Sun op. 18 Nr. 4

Franz Schubert
Ständchen „Horch, horch! die Lerch“ D 889

Sonett 128

Ralph Vaughan Williams (1872–1958)
Orpheus with His Lute

 

Pause

 

Francis Poulenc (1899–1963)
Fancy

Benjamin Britten (1913–1976)
Fancie

Ein Sommernachtstraum
aus dem Zweiten Akt, Szene 1

I Know a Bank (aus A Midsummer Night’s Dream)

Roderick Williams (*1965)
Sigh No More, Ladies

Ivor Gurney (1890–1937)
Under the Greenwood Tree

Erich Wolfgang Korngold (1897–1957)
Blow, Blow, Thou Winter Wind op. 31 Nr. 3

Hamlet
aus dem Dritten Akt, Szene 2

Claude Debussy (1862–1918)
The Little Shepherd (aus Children’s Corner)

Erich Wolfgang Korngold
Desdemona’s Song op. 31 Nr. 1

Hamlet
aus dem Vierten Akt, Szene 7

Hector Berlioz (1803–1869)
La Mort d’Ophélie

Der Sturm
aus dem Dritten Akt, Szene 2

Michael Tippett (1905–1998)
Songs for Ariel 

I. Come unto These Yellow Sands

Der Sturm
aus dem Fünften Akt, Szene 1

II. Full Fathom Five
III. Where the Bee Sucks

Der Kaufmann von Venedig
aus dem Fünften Akt, Szene 1

Joseph Vernon (um 1737–1782)
When That I Was and a Tiny Little Boy


Zugabe
Hugo Wolf (1860–1903)
Lied des transferierten Zettel

William Shakespeare (1564–1616)
Ausgewählte Texte
Lesung in englischer Sprache

Henry Purcell (1659–1695)
If Music Be the Food of Love Z 379B

Robert Schumann (1810–1856)
Schlusslied des Narren op. 127 Nr. 5

Jean Sibelius (1865–1957)
Hållilå, uti storm och i regn op. 60 Nr. 2

Joseph Haydn (1732–1809)
She Never Told Her Love Hob. XXVIa:34

Jean Sibelius
Kom nu hit, död op. 60 Nr. 1

Franz Schubert (1797–1828)
An Silvia D 891

Madeleine Dring (1923–1977)
Take, O Take Those Lips Away

Gerald Finzi (1901–1956)
Fear No More the Heat o’ the Sun op. 18 Nr. 4

Franz Schubert
Ständchen „Horch, horch! die Lerch“ D 889

Sonett 128

Ralph Vaughan Williams (1872–1958)
Orpheus with His Lute

 

Pause

 

Francis Poulenc (1899–1963)
Fancy

Benjamin Britten (1913–1976)
Fancie

Ein Sommernachtstraum
aus dem Zweiten Akt, Szene 1

I Know a Bank (aus A Midsummer Night’s Dream)

Roderick Williams (*1965)
Sigh No More, Ladies

Ivor Gurney (1890–1937)
Under the Greenwood Tree

Erich Wolfgang Korngold (1897–1957)
Blow, Blow, Thou Winter Wind op. 31 Nr. 3

Hamlet
aus dem Dritten Akt, Szene 2

Claude Debussy (1862–1918)
The Little Shepherd (aus Children’s Corner)

Erich Wolfgang Korngold
Desdemona’s Song op. 31 Nr. 1

Hamlet
aus dem Vierten Akt, Szene 7

Hector Berlioz (1803–1869)
La Mort d’Ophélie

Der Sturm
aus dem Dritten Akt, Szene 2

Michael Tippett (1905–1998)
Songs for Ariel 

I. Come unto These Yellow Sands

Der Sturm
aus dem Fünften Akt, Szene 1

II. Full Fathom Five
III. Where the Bee Sucks

Der Kaufmann von Venedig
aus dem Fünften Akt, Szene 1

Joseph Vernon (um 1737–1782)
When That I Was and a Tiny Little Boy


Zugabe
Hugo Wolf (1860–1903)
Lied des transferierten Zettel

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William Shakespeare, Stich von Martin Doeshout für die erste Gesamtausgabe der Werke Shakespeares von 1623 (First Folio)

Von Narren und Liebenden 

Wenige schöpferische Genies der Geschichte haben einen stärkeren Einfluss auf andere Künste ausgeübt als William Shakespeare. Von seiner sprachlichen Erfindungskraft, seinen archetypischen und zugleich höchst individuellen Figuren, seinem universalistischen Ausdrucksvermögen, das vom Albernen über das Humoristische, Melancholische und Traurige bis zum Tragischen reicht, haben sich insbesondere Komponist:innen immer wieder inspirieren lassen.

Essay von Benedikt von Bernstorff

Von Narren und Liebenden 
Shakespeare-Vertonungen aus vier Jahrhunderten 

Benedikt von Bernstorff  

Wenige schöpferische Genies der Geschichte haben einen stärkeren Einfluss auf andere Künste ausgeübt als William Shakespeare. Von seiner sprachlichen Erfindungskraft, seinen archetypischen und zugleich höchst individuellen Figuren, seinem universalistischen Ausdrucksvermögen, das vom Albernen über das Humoristische, Melancholische und Traurige bis zum Tragischen reicht, haben sich insbesondere Komponist:innen immer wieder inspirieren lassen. Das heutige Programm setzt, nach einer Ouvertüre mit Henry Purcell, einen Schwerpunkt auf die hierzulande immer noch zu wenig bekannte englische Musik des 20. Jahrhunderts, führt aber auch in die deutsche Romantik, nach Skandinavien und zum französischen Shakespeare-Enthusiasten Hector Berlioz. 

Nur mit der ersten Zeile knüpft Purcells If Music Be the Food of Love an die Eröffnungsszene von Shakespeares Was ihr wollt an. Musik als „Nahrung der Liebe“ ist zum Topos geworden, der allerdings im Original sofort vom Erhabenen ins Komische kippt: Herzog Orsino will sich an Musik sozusagen überfressen, damit auch seine unerwiderten Gefühle für die Gräfin Olivia vergehen. Als Vorlage diente Purcell hingegen ein Gedicht von Henry Heveningham, das eine unmissverständliche Liebeserklärung formuliert. 

Orpheus Britannicus ist der Titel einer postum veröffentlichten Sammlung von Liedern Purcells. Der Ehrentitel verweist auf den mythischen Sänger der griechischen Antike, dessen Position der größte englische Barock-Komponist in Ermangelung eines Nachfolgers für mehrere Jahrhunderte besetzte. Im späten Drama Heinrich VIII., das Shakespeare vermutlich gemeinsam mit John Fletcher verfasste, wird, ebenfalls in Orpheus’ Namen, Musik als eine Kunst beschworen, deren Macht „Herzensweh und tödlich Sehnen“ einschlafen oder gar sterben lässt. Ralph Vaughan Williams hat Orpheus with His Lute zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf ergreifend schlichte und aufrichtige Weise vertont. Im Verlauf von sechs Jahrzehnten schuf er zahlreiche Lieder auf Verse Shakespeares, mehrere Schauspielmusiken und die Falstaff-Oper Sir John in Love. Der nicht zuletzt für seine großherzige Persönlichkeit bekannte Komponist wurde in seinem langen Leben zum Doyen der englischen Tonkunst, deren kulturelle Eigenständigkeit er durch den Rückgriff auf Volkslieder und die Tradition der Renaissance-Musik erneuerte. Mit zwei Komponisten und einer Komponistin des heutigen Programms war er direkt verbunden: Gerald Finzi zählte er zu seinen engsten Freunden, Ivor Gurney und Madeleine Dring haben bei ihm studiert. 

Im Alter von zehn Jahren mit einem Violinstipendium ans Londoner Royal College of Music aufgenommen, komponierte Dring später für Theater, Radio und Fernsehen, trat als Pianistin, Sängerin und Schauspielerin auf. Mit ihrer Musik, so erklärte sie, wollte sie nicht mehr und nicht weniger erreichen, als Freude zu verbreiten. Take, O Take Those Lips Away, das traurige Lied einer Betrogenen in Maß für Maß, fasst die Komponistin in einen sanft archaisierenden Tonfall, während eingestreute Dissonanzen, sozusagen als „Blue Notes“, ihre Affinität zum Jazz verraten. 


Zwischen Romantik und Moderne 

Gerald Finzi widmete 1942 seinen Liederzyklus Let Us Garlands Bring, der auf Texten aus verschiedenen Stücken Shakespeares basiert, Vaughan Williams zu dessen 70. Geburtstag. Besonders liebte der so Geehrte Fear No More the Heat o’ the Sun. Der Trost, dass weder die Hitze der Sonne noch Wintersturm, Blitz und Donner zu fürchten seien, ist in der betreffenden Szene aus Cymbeline ein zwiespältiger: Zwei Brüder richten die Verse an eine verstorbene Frau, von der sie noch nicht wissen, dass sie ihre eigene Halbschwester ist. Diese Elegie vertont Finzi choralhaft, in einem trauernd schreitenden, punktierten Rhythmus, der nur am Ende von einer rezitativischen Passage unterbrochen wird. 

Sowohl Finzi als auch Vaughan Williams setzten sich für die Musik Ivor Gurneys ein, der die letzten 15 Jahre seines kurzen Lebens in der Psychiatrie verbrachte. Der auch als Dichter hochbegabte Komponist hinterließ etwa 300 Lieder, zu deren bekanntesten die noch während seiner Studienzeit entstandenen Five Elizabethan Songs zählen. Under the Greenwood Tree aus Wie es Euch gefällt hat Gurney mit Anklängen an barocke Polyphonie vertont. Raffiniert verschränken sich das Ende der einen und der Beginn der folgenden Strophe in der Klavierbegleitung, und mit verhaltener Vorfreude erklingt der Ruf „Come hither“ („Komm hierher“), der unter den Schatten des titelgebenden Baums lockt. 

Später zählte man Gurney, der als Soldat im Ersten Weltkrieg kämpfte, zusammen mit Wilfred Owen, Siegfried Sassoon und anderen zu den sogenannten War Poets. Ihre Werke hatten großen Einfluss auf Benjamin Britten, der in seinem War Requiem den lateinischen Messtext durch Gedichte Owens ergänzte. Während die kontinentaleuropäische Avantgarde Britten eher als Traditionalisten sah, galt er im Kontext der englischen Musik als Vertreter einer ( gemäßigten) Moderne. Mit A Midsummer Night’s Dream schuf er 1960 die erste kongeniale englische Shakespeare-Oper. Teil des heutigen Programms ist die Arie des Oberon (im Original von einem Countertenor gesungen), in der es um das Zauberkraut geht, mit dem Puck die Protagonist:innen der Komödie verhext. Harfenähnlich auf- und abrauschende Begleitfiguren und Dissonanzen wie der in der Musik früherer Jahrhunderte gemiedene Tritonus verleihen der Szene eine fremdartige Sinnlichkeit. 

Brittens und Francis Poulencs Vertonungen von Tell Me Where Is Fancy Bred aus Der Kaufmann von Venedig verdanken sich einem Auftrag für eine Anthologie mit Kinderliedern. Brittens Version ist von vorwärtsstürzendem, fast hastigem Gestus, Poulenc betont den zärtlich-schlichten Charakter der Worte. Am Ende scheinen beide Lieder dem Klang der im Text erwähnten Glocken nachzulauschen. Die Auswahl englischer Shakespeare-Vertonungen komplettieren Michael Tippetts Songs for Ariel. Sie stammen aus der Schauspielmusik, die der Komponist und Britten-Freund 1962 für eine Aufführung von Der Sturm am Londoner Old Vic schrieb. Tippett gelangen farbige, höchst suggestive Miniaturen, die jede Zeile des Textes mit einer neuen musikalischen Idee zu illustrieren scheinen. 


„Denn der Regen, der regnet jeglichen Tag...“ 

Nachdem er den größten Teil seines Berufslebens in der Abgeschiedenheit der Esterházy’schen Güter verbracht hatte, machte Joseph Haydn auf seinen großen Englandreisen in den 1790er Jahren endlich auch persönlich Bekanntschaft mit dem Ruhm, den er als bedeutender Komponist längst europaweit erworben hatte. In die Heimat kehrte er nicht nur mit der Nachricht von den triumphalen Erfolgen seiner „Londoner Symphonien“, sondern auch mit zwei Sammlungen von Canzonetten zurück, die er auf englische Texte komponiert hatte. Mit den Werken Shakespeares war er höchstwahrscheinlich schon bei Aufführungen einer Theaterkompanie am Hof der Esterházys in Berührung gekommen und hatte möglicherweise zu einigen Stücken sogar Musik komponiert. Seine einzige überlieferte Shakespeare-Vertonung aber ist die Canzonetta She Never Told Her Love. Haydn gestaltet die Worte der verliebten, als Mann verkleideten Viola in Was Ihr wollt als expressive Opernszene mit gewichtiger instrumentaler Introduktion. 

Die rasante Entwicklung des Liedgenres in der Romantik hat Robert Schumann – als einer seiner wichtigsten Repräsentanten – einmal auf den „neuen Dichtergeist“ zurückgeführt, der in der Lyrik Eichendorffs, Mörikes und Heines zum Ausdruck kam. Die enge Verschränkung des Kunstlieds von Komponisten wie Schubert, Schumann und Wolf mit der deutschen Poesie des 19. Jahrhunderts ist sicherlich ein Grund dafür, dass Shakespeare im Kreis der vertonten Autor:innen ein so seltener, dann aber umso liebevoller behandelter Gast blieb. Schumann selbst hat, neben unverwirklichten Plänen zu einer Hamlet-Oper und einer Ouvertüre zu Julius Cäsar, mit dem Schlusslied des Narren nur einmal Worte des Dichters in Musik gesetzt. In Was Ihr wollt ist es Feste, der das Happy End – die Liebesverwirrungen haben sich glücklich aufgelöst – mit einem skeptischen Epilog versieht. Die zuverlässig ungünstigen Wetterverhältnisse werden die gute Stimmung voraussehbar wieder eintrüben: „Denn der Regen, der regnet jeglichen Tag.“ Auf engem Raum realisiert Schumann diese Grundspannung, wenn der heitere, von einer abwärts hüpfenden Oktave geprägte Beginn jeder Strophe schließlich einer größeren Nachdenklichkeit weicht. Den gleichen Text vertonte Jean Sibelius 1909 für eine schwedischsprachige Bühnenproduktion des Stücks in Helsinki. Die Version des englischen Schauspielers und Sängers Joseph Vernon, entstanden für eine Londoner Aufführung im 18. Jahrhundert, beschließt das heutige Programm. 

Wer ist Silvia? In der Komödie Zwei Herren aus Verona ist sie die von gleich drei Männern verehrte weibliche Hauptfigur, die Franz Schubert 1826 zu einem seiner schönsten Lieder inspirierte. Neben der sich herrlich frei in weiten Intervallsprüngen entfaltenden Singstimme ist die linke Hand des Klaviers der zweite Protagonist des Stücks: Sie verleiht dem Lied durch punktierte Rhythmen im Bass Bewegung und beantwortet die Phrasenenden, über die rechte Hand greifend, mit einem Echo im hohen Register. Der als Liedkomponist nach wie vor unterschätzte Erich Wolfgang Korngold veröffentlichte zwei Sammlungen mit Shakespeare- Vertonungen; die beiden Werke in diesem Programm stammen aus seinem 1941 veröffentlichten Opus 31. Während Blow, Blow, Thou Winter Wind (aus Wie es Euch gefällt) mit delikaten Harmonien und stellenweise aufblitzender pianistischer Virtuosität gewürzt ist, bleibt Desdemonas „Lied von der Weide“ aus Othello ganz im schlichten Duktus eines Volkslieds. 


Ophelias Tod
 

Neben Giuseppe Verdi war Hector Berlioz sicherlich der größte Shakespeareaner unter den bedeutenden Komponisten. Als im September 1827 eine englische Schauspieltruppe mit Hamlet in Paris gastierte, verfiel Berlioz nicht nur dem Dichter, sondern auch der Darstellerin der Ophelia, Harriet Smithson. Die Schauspielerin verwandelte sich in die zentrale Frauenfigur der Symphonie fantastique, die in Gestalt der berühmten „idée fixe“ den obsessiv verliebten Künstlerprotagonisten in den Wahnsinn treibt. Fünf Jahre dauerte es nach dem Gastspiel, bis Smithson Berlioz erhörte und seine Frau wurde – doch das Eheglück war nur von kurzer Dauer. In seinen Memoiren behauptete der Komponist halb vorwurfsvoll, halb schuldbewusst, die Beziehung sei auch an Harriets „krankhafter und schließlich begründeter Eifersucht“ gescheitert. Jedenfalls lässt sich die erschütternde Komposition La Mort d’Ophélie von 1842 nur als Epilog zu einer großen Liebesgeschichte verstehen. Das ihr zugrundeliegende Gedicht von Ernest Legouvé bezieht sich auf die Worte der Königin Gertrud, die vom Tod Ophelias, der Geliebten Hamlets, in einem Bach berichtet. Berlioz gestaltet die Szene als beständig variiertes Strophenlied mit Begleitfiguren, die die sanfte Bewegung des Wassers musikalisch illustrieren. Das Werk findet sein Ziel in einer traurig-sehnsüchtigen Vokalise Ophelias – ein Sirenengesang, der nicht lockt, sondern in Verzweiflung verlischt. 

 

Benedikt von Bernstorff ist studierter Musik- und Literaturwissenschaftler und lebt als freier Autor und Dramaturg in Berlin. 

Von Narren und Liebenden 
Shakespeare-Vertonungen aus vier Jahrhunderten 

Benedikt von Bernstorff  

Wenige schöpferische Genies der Geschichte haben einen stärkeren Einfluss auf andere Künste ausgeübt als William Shakespeare. Von seiner sprachlichen Erfindungskraft, seinen archetypischen und zugleich höchst individuellen Figuren, seinem universalistischen Ausdrucksvermögen, das vom Albernen über das Humoristische, Melancholische und Traurige bis zum Tragischen reicht, haben sich insbesondere Komponist:innen immer wieder inspirieren lassen. Das heutige Programm setzt, nach einer Ouvertüre mit Henry Purcell, einen Schwerpunkt auf die hierzulande immer noch zu wenig bekannte englische Musik des 20. Jahrhunderts, führt aber auch in die deutsche Romantik, nach Skandinavien und zum französischen Shakespeare-Enthusiasten Hector Berlioz. 

Nur mit der ersten Zeile knüpft Purcells If Music Be the Food of Love an die Eröffnungsszene von Shakespeares Was ihr wollt an. Musik als „Nahrung der Liebe“ ist zum Topos geworden, der allerdings im Original sofort vom Erhabenen ins Komische kippt: Herzog Orsino will sich an Musik sozusagen überfressen, damit auch seine unerwiderten Gefühle für die Gräfin Olivia vergehen. Als Vorlage diente Purcell hingegen ein Gedicht von Henry Heveningham, das eine unmissverständliche Liebeserklärung formuliert. 

Orpheus Britannicus ist der Titel einer postum veröffentlichten Sammlung von Liedern Purcells. Der Ehrentitel verweist auf den mythischen Sänger der griechischen Antike, dessen Position der größte englische Barock-Komponist in Ermangelung eines Nachfolgers für mehrere Jahrhunderte besetzte. Im späten Drama Heinrich VIII., das Shakespeare vermutlich gemeinsam mit John Fletcher verfasste, wird, ebenfalls in Orpheus’ Namen, Musik als eine Kunst beschworen, deren Macht „Herzensweh und tödlich Sehnen“ einschlafen oder gar sterben lässt. Ralph Vaughan Williams hat Orpheus with His Lute zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf ergreifend schlichte und aufrichtige Weise vertont. Im Verlauf von sechs Jahrzehnten schuf er zahlreiche Lieder auf Verse Shakespeares, mehrere Schauspielmusiken und die Falstaff-Oper Sir John in Love. Der nicht zuletzt für seine großherzige Persönlichkeit bekannte Komponist wurde in seinem langen Leben zum Doyen der englischen Tonkunst, deren kulturelle Eigenständigkeit er durch den Rückgriff auf Volkslieder und die Tradition der Renaissance-Musik erneuerte. Mit zwei Komponisten und einer Komponistin des heutigen Programms war er direkt verbunden: Gerald Finzi zählte er zu seinen engsten Freunden, Ivor Gurney und Madeleine Dring haben bei ihm studiert. 

Im Alter von zehn Jahren mit einem Violinstipendium ans Londoner Royal College of Music aufgenommen, komponierte Dring später für Theater, Radio und Fernsehen, trat als Pianistin, Sängerin und Schauspielerin auf. Mit ihrer Musik, so erklärte sie, wollte sie nicht mehr und nicht weniger erreichen, als Freude zu verbreiten. Take, O Take Those Lips Away, das traurige Lied einer Betrogenen in Maß für Maß, fasst die Komponistin in einen sanft archaisierenden Tonfall, während eingestreute Dissonanzen, sozusagen als „Blue Notes“, ihre Affinität zum Jazz verraten. 


Zwischen Romantik und Moderne 

Gerald Finzi widmete 1942 seinen Liederzyklus Let Us Garlands Bring, der auf Texten aus verschiedenen Stücken Shakespeares basiert, Vaughan Williams zu dessen 70. Geburtstag. Besonders liebte der so Geehrte Fear No More the Heat o’ the Sun. Der Trost, dass weder die Hitze der Sonne noch Wintersturm, Blitz und Donner zu fürchten seien, ist in der betreffenden Szene aus Cymbeline ein zwiespältiger: Zwei Brüder richten die Verse an eine verstorbene Frau, von der sie noch nicht wissen, dass sie ihre eigene Halbschwester ist. Diese Elegie vertont Finzi choralhaft, in einem trauernd schreitenden, punktierten Rhythmus, der nur am Ende von einer rezitativischen Passage unterbrochen wird. 

Sowohl Finzi als auch Vaughan Williams setzten sich für die Musik Ivor Gurneys ein, der die letzten 15 Jahre seines kurzen Lebens in der Psychiatrie verbrachte. Der auch als Dichter hochbegabte Komponist hinterließ etwa 300 Lieder, zu deren bekanntesten die noch während seiner Studienzeit entstandenen Five Elizabethan Songs zählen. Under the Greenwood Tree aus Wie es Euch gefällt hat Gurney mit Anklängen an barocke Polyphonie vertont. Raffiniert verschränken sich das Ende der einen und der Beginn der folgenden Strophe in der Klavierbegleitung, und mit verhaltener Vorfreude erklingt der Ruf „Come hither“ („Komm hierher“), der unter den Schatten des titelgebenden Baums lockt. 

Später zählte man Gurney, der als Soldat im Ersten Weltkrieg kämpfte, zusammen mit Wilfred Owen, Siegfried Sassoon und anderen zu den sogenannten War Poets. Ihre Werke hatten großen Einfluss auf Benjamin Britten, der in seinem War Requiem den lateinischen Messtext durch Gedichte Owens ergänzte. Während die kontinentaleuropäische Avantgarde Britten eher als Traditionalisten sah, galt er im Kontext der englischen Musik als Vertreter einer ( gemäßigten) Moderne. Mit A Midsummer Night’s Dream schuf er 1960 die erste kongeniale englische Shakespeare-Oper. Teil des heutigen Programms ist die Arie des Oberon (im Original von einem Countertenor gesungen), in der es um das Zauberkraut geht, mit dem Puck die Protagonist:innen der Komödie verhext. Harfenähnlich auf- und abrauschende Begleitfiguren und Dissonanzen wie der in der Musik früherer Jahrhunderte gemiedene Tritonus verleihen der Szene eine fremdartige Sinnlichkeit. 

Brittens und Francis Poulencs Vertonungen von Tell Me Where Is Fancy Bred aus Der Kaufmann von Venedig verdanken sich einem Auftrag für eine Anthologie mit Kinderliedern. Brittens Version ist von vorwärtsstürzendem, fast hastigem Gestus, Poulenc betont den zärtlich-schlichten Charakter der Worte. Am Ende scheinen beide Lieder dem Klang der im Text erwähnten Glocken nachzulauschen. Die Auswahl englischer Shakespeare-Vertonungen komplettieren Michael Tippetts Songs for Ariel. Sie stammen aus der Schauspielmusik, die der Komponist und Britten-Freund 1962 für eine Aufführung von Der Sturm am Londoner Old Vic schrieb. Tippett gelangen farbige, höchst suggestive Miniaturen, die jede Zeile des Textes mit einer neuen musikalischen Idee zu illustrieren scheinen. 


„Denn der Regen, der regnet jeglichen Tag...“ 

Nachdem er den größten Teil seines Berufslebens in der Abgeschiedenheit der Esterházy’schen Güter verbracht hatte, machte Joseph Haydn auf seinen großen Englandreisen in den 1790er Jahren endlich auch persönlich Bekanntschaft mit dem Ruhm, den er als bedeutender Komponist längst europaweit erworben hatte. In die Heimat kehrte er nicht nur mit der Nachricht von den triumphalen Erfolgen seiner „Londoner Symphonien“, sondern auch mit zwei Sammlungen von Canzonetten zurück, die er auf englische Texte komponiert hatte. Mit den Werken Shakespeares war er höchstwahrscheinlich schon bei Aufführungen einer Theaterkompanie am Hof der Esterházys in Berührung gekommen und hatte möglicherweise zu einigen Stücken sogar Musik komponiert. Seine einzige überlieferte Shakespeare-Vertonung aber ist die Canzonetta She Never Told Her Love. Haydn gestaltet die Worte der verliebten, als Mann verkleideten Viola in Was Ihr wollt als expressive Opernszene mit gewichtiger instrumentaler Introduktion. 

Die rasante Entwicklung des Liedgenres in der Romantik hat Robert Schumann – als einer seiner wichtigsten Repräsentanten – einmal auf den „neuen Dichtergeist“ zurückgeführt, der in der Lyrik Eichendorffs, Mörikes und Heines zum Ausdruck kam. Die enge Verschränkung des Kunstlieds von Komponisten wie Schubert, Schumann und Wolf mit der deutschen Poesie des 19. Jahrhunderts ist sicherlich ein Grund dafür, dass Shakespeare im Kreis der vertonten Autor:innen ein so seltener, dann aber umso liebevoller behandelter Gast blieb. Schumann selbst hat, neben unverwirklichten Plänen zu einer Hamlet-Oper und einer Ouvertüre zu Julius Cäsar, mit dem Schlusslied des Narren nur einmal Worte des Dichters in Musik gesetzt. In Was Ihr wollt ist es Feste, der das Happy End – die Liebesverwirrungen haben sich glücklich aufgelöst – mit einem skeptischen Epilog versieht. Die zuverlässig ungünstigen Wetterverhältnisse werden die gute Stimmung voraussehbar wieder eintrüben: „Denn der Regen, der regnet jeglichen Tag.“ Auf engem Raum realisiert Schumann diese Grundspannung, wenn der heitere, von einer abwärts hüpfenden Oktave geprägte Beginn jeder Strophe schließlich einer größeren Nachdenklichkeit weicht. Den gleichen Text vertonte Jean Sibelius 1909 für eine schwedischsprachige Bühnenproduktion des Stücks in Helsinki. Die Version des englischen Schauspielers und Sängers Joseph Vernon, entstanden für eine Londoner Aufführung im 18. Jahrhundert, beschließt das heutige Programm. 

Wer ist Silvia? In der Komödie Zwei Herren aus Verona ist sie die von gleich drei Männern verehrte weibliche Hauptfigur, die Franz Schubert 1826 zu einem seiner schönsten Lieder inspirierte. Neben der sich herrlich frei in weiten Intervallsprüngen entfaltenden Singstimme ist die linke Hand des Klaviers der zweite Protagonist des Stücks: Sie verleiht dem Lied durch punktierte Rhythmen im Bass Bewegung und beantwortet die Phrasenenden, über die rechte Hand greifend, mit einem Echo im hohen Register. Der als Liedkomponist nach wie vor unterschätzte Erich Wolfgang Korngold veröffentlichte zwei Sammlungen mit Shakespeare- Vertonungen; die beiden Werke in diesem Programm stammen aus seinem 1941 veröffentlichten Opus 31. Während Blow, Blow, Thou Winter Wind (aus Wie es Euch gefällt) mit delikaten Harmonien und stellenweise aufblitzender pianistischer Virtuosität gewürzt ist, bleibt Desdemonas „Lied von der Weide“ aus Othello ganz im schlichten Duktus eines Volkslieds. 


Ophelias Tod
 

Neben Giuseppe Verdi war Hector Berlioz sicherlich der größte Shakespeareaner unter den bedeutenden Komponisten. Als im September 1827 eine englische Schauspieltruppe mit Hamlet in Paris gastierte, verfiel Berlioz nicht nur dem Dichter, sondern auch der Darstellerin der Ophelia, Harriet Smithson. Die Schauspielerin verwandelte sich in die zentrale Frauenfigur der Symphonie fantastique, die in Gestalt der berühmten „idée fixe“ den obsessiv verliebten Künstlerprotagonisten in den Wahnsinn treibt. Fünf Jahre dauerte es nach dem Gastspiel, bis Smithson Berlioz erhörte und seine Frau wurde – doch das Eheglück war nur von kurzer Dauer. In seinen Memoiren behauptete der Komponist halb vorwurfsvoll, halb schuldbewusst, die Beziehung sei auch an Harriets „krankhafter und schließlich begründeter Eifersucht“ gescheitert. Jedenfalls lässt sich die erschütternde Komposition La Mort d’Ophélie von 1842 nur als Epilog zu einer großen Liebesgeschichte verstehen. Das ihr zugrundeliegende Gedicht von Ernest Legouvé bezieht sich auf die Worte der Königin Gertrud, die vom Tod Ophelias, der Geliebten Hamlets, in einem Bach berichtet. Berlioz gestaltet die Szene als beständig variiertes Strophenlied mit Begleitfiguren, die die sanfte Bewegung des Wassers musikalisch illustrieren. Das Werk findet sein Ziel in einer traurig-sehnsüchtigen Vokalise Ophelias – ein Sirenengesang, der nicht lockt, sondern in Verzweiflung verlischt. 

 

Benedikt von Bernstorff ist studierter Musik- und Literaturwissenschaftler und lebt als freier Autor und Dramaturg in Berlin. 

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Victor Müller, Shakespeare-Skizze (Hamlet trifft auf den Geist seines Vaters) (19. Jahrhundert, Städel Museum Frankfurt)

Enter Musicians

Music has always been a vital element in Shakespeare’s dramatic universe, and although few of the original melodies have survived, his plays are punctuated with songs, dances, fanfares, and marches. The problem is that Shakespeare’s English creates its own unsurpassable music. What is left for a composer to do?

Essay by Richard Bratby

Enter Musicians 
Shakespeare Settings from Purcell to Tippett 

Richard Bratby


When the Italian composer Luigi Arditi announced plans to visit the English Midlands in the 19th century, a friend urged him to visit Stratford-upon-Avon: “It would be a pity to leave the area without visiting the birthplace of Shakespeare.” “But who is this Shakespeare?” Arditi asked. Cue astonishment. “Haven’t you heard of the man who wrote Othello, Romeo and Juliet, The Merry Wives of Windsor?” Arditi pondered for a moment. “Ah—you mean the librettist?” 

Well, so the story goes, anyway: si non è vero, è ben trovato. Music has always been a vital element in Shakespeare’s dramatic universe, and although few of the original melodies have survived, his plays are punctuated with songs, dances, fanfares, and marches. He filled Prospero’s isle with “sounds and sweet airs, that give delight and hurt not.” The problem, for an Anglophone composer, is that Shakespeare’s English creates its own unsurpassable music. What is left for a composer to do? When Shakespeare finds his muse of fire, it is as futile to add music as it would be to set words to a Beethoven quartet.

In the 17th century, audiences—and composers—were less scrupulous. We do not know what inspired Colonel Henry Heveningham to take the first line of Orsino’s opening soliloquy from Twelfth Night as inspiration for a verse of his own. We do, however, know that the words that follow are very much his own. Henry Purcell created two slightly different settings of these passionate lines; the second was published in the Gentleman’s Journal in June 1692. The first (performed tonight) is slightly more concise. 

But in a more reverent age, the problem reasserted itself. Haydn had the advantage of firsthand contact with the English language—he studied English on board the stagecoach that took him from Vienna to London late in 1790, and during his years in England he would have seen reviews such as the one in the Morning Chronicle that greeted his first London concert on March 12, 1791: “It is not wonderful that to souls capable of being touched by music, HAYDN should be an object of homage and even of idolatry, for like our own SHAKSPEARE [sic] he moves and governs the passions at his will.” Haydn’s canzonetta She Never Told Her Love (written in London in 1794) sets Viola’s veiled confession from Twelfth Night in the original English and creates something more like a miniature operatic scena than a parlor song. 


The Romantic Spirit 

In much of Europe, though, Shakespeare was a phenomenon of the Romantic era. The most influential (and in many cases, the first) German translations of his works, by August Wilhelm Schlegel and Ludwig Tieck, appeared between 1789 and 1833. An emerging generation of musicians responded both to the breathtaking emotional range of Shakespeare’s poetry and to the idea that a solitary genius might possess an almost uncanny insight into the human soul. Desecration, or radical adaptation, was (and largely remains) out of the question. 

One strategy for a song composer is to take a cue from the Bard himself and set one of the countless song texts that Shakespeare himself included in his plays. Twelfth Night has been a particularly rich source of verses created to be sung. In his Schlusslied des Narren, Robert Schumann takes Schlegel’s translation of Feste’s parting song and transforms it into an utterly characteristic little scherzo. Completed on February 1, 1840, it would be his only Shakespeare setting. Jean Sibelius sets exactly the same verses—this time in Swedish, but in much the same spirit—in Hållilå, uti storm och i regn. Along with its melancholy counterpart Kom nu hit, död, it was created for the stage: a Helsinki production, in 1909, of a translation by Carl August Hagberg. The well-known 18th-century melody to Feste’s words that closes tonight’s program is thought to have been written by the actor and singer Joseph Vernon for a performance in London. 

Franz Schubert frequently took the same approach in his own Shakespeare settings. “Music plays” instructs Shakespeare in The Two Gentlemen of Verona, shortly before the song that (in a translation by the Viennese playwright Eduard von Bauernfeld) would become An Silvia (1826). “Enter musicians” is the cue for Cloten’s serenade to Imogen in Cymbeline; Ständchen (also from 1826) uses a translation by father and son Johann Heinrich and Abraham Voss. 


Fancies and Arias 

English-speaking composers have a head start when it comes to Shakespeare. As a trained actress, the London-born Madeleine Dring was a brilliantly communicative composer for the West End stage, and her Shakespeare settings—such as the lovely Take, O Take Those Lips Away (from Measure for Measure)—vault the centuries between 1944 and 1604 with effortless style. Gerald Finzi’s Fear No More the Heat o’ the Sun takes a gentle approach to this poignant lament from Cymbeline. But then Finzi, who cultivated rare apple trees at his country home in Berkshire, was an antiquarian in spirit. 

Finzi’s song forms part of a whole Shakespeare cycle, Let Us Garlands Bring—premiered in wartime London in October 1942 as a 70th-birthday gift to Ralph Vaughan Williams. “RVW”’s own Orpheus with His Lute (1903)—like Britten’s delightful little Fancie (1962)—follows in a very English tradition of Shakespeare setting that focuses on simplicity, whether graceful or witty: allowing the words (from Henry VIII and The Merchant of Venice, respectively) to work their magic with the lightest of musical coloring.

Britten’s setting makes for a fascinating comparison with Poulenc’s response (composed in 1959) to the same poem. Both songs were commissioned by the Countess of Harewood for an anthology titled Classical Songs for Children, and the great master of French mélodie dedicated this—his very last song, and the only one in English—“to Miles and Flora,” the fictional children in Britten’s opera The Turn of the Screw. “Calme et mélancolique” is his instruction to the performers. Meanwhile, Oberon’s I Know a Bank (originally written for the countertenor Alfred Deller) is a reminder that Britten’s A Midsummer Night’s Dream is one of the very few wholly successful operatic settings of Shakespeare—in the English language, at least. 

Roderick Williams will need no invitation to bring out the spirit of mischief in tonight’s setting of Sigh No More, Ladies from Much Ado about Nothing—after all, he composed it! But then Shakespeare, as lyricist, has a near-miraculous capacity to absorb and reflect a composer’s own personality. There is just the merest undertow of sadness and stress in the setting of Under the Greenwood Tree (from As You Like It), completed in January 1914 by Ivor Gurney, a masterly poet in his own right. 

And in Erich Wolfgang Korngold’s Blow, Blow Thou Winter Wind (also from As You Like It) and Desdemona’s Song (from Othello) we hear this superb opera composer catching a hint of Tudor atmosphere while remaining unshakably true to his own Viennese roots. (His Four Shakespeare Songs were published in 1941, three years after he had permanently settled in California.) Claude Debussy never said if the Little Shepherd of his piano suite Children’s Corner had any Shakespearean connection, but as a professed anglophile who was (according to at least one friend) “mad about Shakespeare,” he would surely have been happy to find himself in tonight’s company. 


Like a Thunderbolt
 

Not all French artists love Shakespeare, but those who do have tended to adore him with an almost frightening passion. “Shakespeare, coming upon me unawares, struck me like a thunderbolt,” wrote Berlioz, in his memoirs. “The lightning flash of that sublime discovery opened before me like a stroke the whole heaven of art, illuminating it to its remotest depths. I recognized the meaning of dramatic grandeur, beauty, truth.” The words of Ernest Legouvé’s poem La Mort d’Ophélie are not Shakespeare’s, but the pathos and power of the dramatic situation, and the inspiration that Berlioz derived from it in this 1842 setting for voice and piano, come unmistakably from Hamlet, and that blinding moment of artistic revelation. 

Michael Tippett’s Songs for Ariel are a relative rarity in tonight’s program: settings of Shakespeare’s words in the original English, conceived and created for use in the theater—in this case, a 1962 production of The Tempest at the Old Vic in London. For Tippett, Shakespeare’s songs served a very specific function, “in which music, or poetry allied with music, acts as the agency for those special moments—acts of contrition, acts of forgiveness, submission to love—where the drama needs to be focused, clarified, intensified.” According to Tippett, Ariel’s first song, Come unto These Yellow Sands, “is an invitation to dancing and love.” “Quickly, however, Ariel is singing another song to Ferdinand, a song of death and rebirth, a deeper, stranger song: Full Fathom Five…” Where the Bee Sucks dissolves the spell in a feather-light burst of elemental playfulness. 

“Songs are indeed an outstanding element in Shakespeare’s plays,” adds Tippett. “We always know what their function is when they occur, whether they are light or serious.” Tonight’s program offers a glimpse of the riches of lightness and seriousness, of humor and melancholy, of comedy and tragedy that make up the universe of Shakespeare. 


Richard Bratby lives in Lichfield, UK, and writes about music and opera for The Spectator, Gramophone, BBC Music Magazine, and The Critic. His books include Forward: 100 Years of the City of Birmingham Symphony Orchestra and Refiner’s Fire: The Academy of Ancient Music and the Historical Performance Revolution

Enter Musicians 
Shakespeare Settings from Purcell to Tippett 

Richard Bratby


When the Italian composer Luigi Arditi announced plans to visit the English Midlands in the 19th century, a friend urged him to visit Stratford-upon-Avon: “It would be a pity to leave the area without visiting the birthplace of Shakespeare.” “But who is this Shakespeare?” Arditi asked. Cue astonishment. “Haven’t you heard of the man who wrote Othello, Romeo and Juliet, The Merry Wives of Windsor?” Arditi pondered for a moment. “Ah—you mean the librettist?” 

Well, so the story goes, anyway: si non è vero, è ben trovato. Music has always been a vital element in Shakespeare’s dramatic universe, and although few of the original melodies have survived, his plays are punctuated with songs, dances, fanfares, and marches. He filled Prospero’s isle with “sounds and sweet airs, that give delight and hurt not.” The problem, for an Anglophone composer, is that Shakespeare’s English creates its own unsurpassable music. What is left for a composer to do? When Shakespeare finds his muse of fire, it is as futile to add music as it would be to set words to a Beethoven quartet.

In the 17th century, audiences—and composers—were less scrupulous. We do not know what inspired Colonel Henry Heveningham to take the first line of Orsino’s opening soliloquy from Twelfth Night as inspiration for a verse of his own. We do, however, know that the words that follow are very much his own. Henry Purcell created two slightly different settings of these passionate lines; the second was published in the Gentleman’s Journal in June 1692. The first (performed tonight) is slightly more concise. 

But in a more reverent age, the problem reasserted itself. Haydn had the advantage of firsthand contact with the English language—he studied English on board the stagecoach that took him from Vienna to London late in 1790, and during his years in England he would have seen reviews such as the one in the Morning Chronicle that greeted his first London concert on March 12, 1791: “It is not wonderful that to souls capable of being touched by music, HAYDN should be an object of homage and even of idolatry, for like our own SHAKSPEARE [sic] he moves and governs the passions at his will.” Haydn’s canzonetta She Never Told Her Love (written in London in 1794) sets Viola’s veiled confession from Twelfth Night in the original English and creates something more like a miniature operatic scena than a parlor song. 


The Romantic Spirit 

In much of Europe, though, Shakespeare was a phenomenon of the Romantic era. The most influential (and in many cases, the first) German translations of his works, by August Wilhelm Schlegel and Ludwig Tieck, appeared between 1789 and 1833. An emerging generation of musicians responded both to the breathtaking emotional range of Shakespeare’s poetry and to the idea that a solitary genius might possess an almost uncanny insight into the human soul. Desecration, or radical adaptation, was (and largely remains) out of the question. 

One strategy for a song composer is to take a cue from the Bard himself and set one of the countless song texts that Shakespeare himself included in his plays. Twelfth Night has been a particularly rich source of verses created to be sung. In his Schlusslied des Narren, Robert Schumann takes Schlegel’s translation of Feste’s parting song and transforms it into an utterly characteristic little scherzo. Completed on February 1, 1840, it would be his only Shakespeare setting. Jean Sibelius sets exactly the same verses—this time in Swedish, but in much the same spirit—in Hållilå, uti storm och i regn. Along with its melancholy counterpart Kom nu hit, död, it was created for the stage: a Helsinki production, in 1909, of a translation by Carl August Hagberg. The well-known 18th-century melody to Feste’s words that closes tonight’s program is thought to have been written by the actor and singer Joseph Vernon for a performance in London. 

Franz Schubert frequently took the same approach in his own Shakespeare settings. “Music plays” instructs Shakespeare in The Two Gentlemen of Verona, shortly before the song that (in a translation by the Viennese playwright Eduard von Bauernfeld) would become An Silvia (1826). “Enter musicians” is the cue for Cloten’s serenade to Imogen in Cymbeline; Ständchen (also from 1826) uses a translation by father and son Johann Heinrich and Abraham Voss. 


Fancies and Arias 

English-speaking composers have a head start when it comes to Shakespeare. As a trained actress, the London-born Madeleine Dring was a brilliantly communicative composer for the West End stage, and her Shakespeare settings—such as the lovely Take, O Take Those Lips Away (from Measure for Measure)—vault the centuries between 1944 and 1604 with effortless style. Gerald Finzi’s Fear No More the Heat o’ the Sun takes a gentle approach to this poignant lament from Cymbeline. But then Finzi, who cultivated rare apple trees at his country home in Berkshire, was an antiquarian in spirit. 

Finzi’s song forms part of a whole Shakespeare cycle, Let Us Garlands Bring—premiered in wartime London in October 1942 as a 70th-birthday gift to Ralph Vaughan Williams. “RVW”’s own Orpheus with His Lute (1903)—like Britten’s delightful little Fancie (1962)—follows in a very English tradition of Shakespeare setting that focuses on simplicity, whether graceful or witty: allowing the words (from Henry VIII and The Merchant of Venice, respectively) to work their magic with the lightest of musical coloring.

Britten’s setting makes for a fascinating comparison with Poulenc’s response (composed in 1959) to the same poem. Both songs were commissioned by the Countess of Harewood for an anthology titled Classical Songs for Children, and the great master of French mélodie dedicated this—his very last song, and the only one in English—“to Miles and Flora,” the fictional children in Britten’s opera The Turn of the Screw. “Calme et mélancolique” is his instruction to the performers. Meanwhile, Oberon’s I Know a Bank (originally written for the countertenor Alfred Deller) is a reminder that Britten’s A Midsummer Night’s Dream is one of the very few wholly successful operatic settings of Shakespeare—in the English language, at least. 

Roderick Williams will need no invitation to bring out the spirit of mischief in tonight’s setting of Sigh No More, Ladies from Much Ado about Nothing—after all, he composed it! But then Shakespeare, as lyricist, has a near-miraculous capacity to absorb and reflect a composer’s own personality. There is just the merest undertow of sadness and stress in the setting of Under the Greenwood Tree (from As You Like It), completed in January 1914 by Ivor Gurney, a masterly poet in his own right. 

And in Erich Wolfgang Korngold’s Blow, Blow Thou Winter Wind (also from As You Like It) and Desdemona’s Song (from Othello) we hear this superb opera composer catching a hint of Tudor atmosphere while remaining unshakably true to his own Viennese roots. (His Four Shakespeare Songs were published in 1941, three years after he had permanently settled in California.) Claude Debussy never said if the Little Shepherd of his piano suite Children’s Corner had any Shakespearean connection, but as a professed anglophile who was (according to at least one friend) “mad about Shakespeare,” he would surely have been happy to find himself in tonight’s company. 


Like a Thunderbolt
 

Not all French artists love Shakespeare, but those who do have tended to adore him with an almost frightening passion. “Shakespeare, coming upon me unawares, struck me like a thunderbolt,” wrote Berlioz, in his memoirs. “The lightning flash of that sublime discovery opened before me like a stroke the whole heaven of art, illuminating it to its remotest depths. I recognized the meaning of dramatic grandeur, beauty, truth.” The words of Ernest Legouvé’s poem La Mort d’Ophélie are not Shakespeare’s, but the pathos and power of the dramatic situation, and the inspiration that Berlioz derived from it in this 1842 setting for voice and piano, come unmistakably from Hamlet, and that blinding moment of artistic revelation. 

Michael Tippett’s Songs for Ariel are a relative rarity in tonight’s program: settings of Shakespeare’s words in the original English, conceived and created for use in the theater—in this case, a 1962 production of The Tempest at the Old Vic in London. For Tippett, Shakespeare’s songs served a very specific function, “in which music, or poetry allied with music, acts as the agency for those special moments—acts of contrition, acts of forgiveness, submission to love—where the drama needs to be focused, clarified, intensified.” According to Tippett, Ariel’s first song, Come unto These Yellow Sands, “is an invitation to dancing and love.” “Quickly, however, Ariel is singing another song to Ferdinand, a song of death and rebirth, a deeper, stranger song: Full Fathom Five…” Where the Bee Sucks dissolves the spell in a feather-light burst of elemental playfulness. 

“Songs are indeed an outstanding element in Shakespeare’s plays,” adds Tippett. “We always know what their function is when they occur, whether they are light or serious.” Tonight’s program offers a glimpse of the riches of lightness and seriousness, of humor and melancholy, of comedy and tragedy that make up the universe of Shakespeare. 


Richard Bratby lives in Lichfield, UK, and writes about music and opera for The Spectator, Gramophone, BBC Music Magazine, and The Critic. His books include Forward: 100 Years of the City of Birmingham Symphony Orchestra and Refiner’s Fire: The Academy of Ancient Music and the Historical Performance Revolution

Die Künstler:innen

Roderich Williams
Bariton

Roderick Williams gehört zu den führenden britischen Sängern seines Stimmfachs und tritt weltweit in Oper, Konzert und im Liedfach auf. Mit Partien wie Eugen Onegin, Don Alfonso, Sharpless und Billy Budd war er an bedeutenden Opernhäusern zu erleben, darunter die English National Opera, das Royal Opera House Covent Garden, Opera North, die Dutch National Opera, der Oper Köln und die Bregenzer Festspiele. Er wirkte bei zahlreichen Uraufführungen mit, darunter mehrere Musiktheaterwerke von Michel van der Aa. Als Konzertsänger ist er mit allen wichtigen Orchestern Großbritanniens, dem Bergen Philharmonic, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem New York Philharmonic, der Accademia Nazionale di Santa Cecilia und vielen anderen aufgetreten. Dem Berliner Publikum sind besonders seine Auftritte in Peter Sellars’ szenischer Interpretation von Bachs Johannespassion mit den Berliner Philharmonikern und Sir Simon Rattle sowie Konzerte mit dem RIAS Kammerchor in Erinnerung. Roderick Williams gibt regelmäßig Liederabende in der Wigmore Hall, beim Oxford International Song Festival, beim Aldeburgh Festival, im Wiener Musikverein und im Concertgebouw Amsterdam. Neben seiner Gesangskarriere hat er sich auch als Komponist einen Namen gemacht und ist derzeit Composer in Association der BBC Singers. Er wurde 2017 zum Officer of the British Empire (OBE) ernannt und sang 2023 im Rahmen der Krönungsfeierlichkeiten von König Charles III. 

Dezember 2024


Julius Drake
Klavier

Julius Drake ist als Pianist und Klavierbegleiter in allen großen Musikzentren weltweit zu Gast, darunter die Festivals in Aldeburgh, Edinburgh, Salzburg, München, Hohenems-Schwarzenberg und Oxford, die Carnegie Hall und das Lincoln Center in New York, die Berliner Philharmonie, das Concertgebouw Amsterdam, das Teatro alla Scala in Mailand, der Wiener Musikverein und die Wigmore Hall in London. Zu seinen künstlerischen Partnern zählten und zählen Sänger: innen wie Sir Thomas Allen, Ian Bostridge, Iestyn Davies, Joyce DiDonato, Gerald Finley, Simon Keenlyside, Angelika Kirchschlager, Julia Kleiter, Dame Felicity Lott, Christoph Prégardien, Anna Prohaska und viele andere. Für die Wigmore Hall, das Concertgebouw und die BBC kuratierte er eigene Reihen mit Liederabenden, und in der Londoner Middle Temple Hall gibt er jährlich eine Serie von Recitals unter dem Titel „Julius Drake and Friends“. Für seine zahlreichen Aufnahmen erhielt er u.a. den Gramophone Award und den Deutschen Schallplattenpreis. Von 2000 bis 2003 war er Leiter des Perth International Chamber Music Festival, 2009 leitete er das Leeds Lieder Festival. Im gleichen Jahr übernahm er die künstlerische Leitung des Machynlleth Festival in Wales. Julius Drake ist Professor an der Londoner Guildhall School of Music and Drama und unterrichtete 14 Jahre lang an der Kunstuniversität Graz. Für den Pierre Boulez Saal kuratiert er seit 2021 die Reihe „Lied und Lyrik“, die Texte ausgewählter Dichter mit Vertonungen aus unterschiedlichen Epochen kombiniert.

Dezember 2024


Toby Jones
Rezitation

Toby Jones spielte zuletzt die Hauptrolle des Alan Bates in Mr Bates vs. The Post Office. Das vierteilige Drama von Regisseur James Strong erzählt die Geschichte eines der größten Justizirrtümer der britischen Rechtsgeschichte, bekannt als Post Master Scandal. Demnächst ist er in dem Fernsehmehrteiler Ruth über den Fall der Ruth Ellis zu sehen, der letzten Frau, die in Großbritannien hingerichtet wurde. Er spielte außerdem die Rolle des Basil in Indiana Jones und das Rad des Schicksals an der Seite von Harrison Ford. Weitere Arbeiten der letzten Jahre waren Sam Mendes’ Empire of Light mit Olivia Colman, Der denkwürdige Fall des Mr. Poe nach dem Roman The Pale Blue Eye von Louis Bayard, The Long Shadow und Das Wunder mit Florence Pugh. Seine nächsten Projekte sind Duke Johnsons The Actor nach dem 2010 erschienenen Roman Memory von Donald E. Westlake und Doug Limans The Instigators mit Matt Damon. Im Fernsehen und auf der Kinoleinwand war er außerdem zu sehen in Tetris, The English, Danny Boy, First Cow, Worzel Gummidge, Sherlock und The Detectorists. Toby Jones ist gleichermaßen als Theaterschauspieler erfolgreich, insbesondere in der Titelrolle von Tschechows Onkel Wanja am Harold Pinter Theatre, wofür er eine Olivier Award-Nominierung erhielt. Er spielte außerdem in The Painter (Arcola Theatre), The Birthday Party (Harold Pinter Theatre) und Every Good Boy Deserves Favour (National Theatre). Für seine Darstellung des Arthur in Kenneth Branaghs Inszenierung von The Play What I Wrote wurde er mit einem Olivier Award als Bester Nebendarsteller ausgezeichnet. Im Pierre Boulez Saal war er erstmals im Dezember 2023 im Rahmen eines „Lied und Lyrik“-Programms mit Werken von Walt Whitman zu erleben.

Dezember 2024

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