Programm
Franz Schubert
An die Laute
Lied des Orpheus, als er in die Hölle ging
Versunken
Die Spinnerin
Kolmas Klage
Erster Verlust
Gretchen im Zwinger
Gretchen am Spinnrade
Schwestergruß
Der Tod und das Mädchen
Gustav Mahler
Frühlingsmorgen
Erinnerung
Lied des Verfolgten im Turm
Nicht wiedersehen!
Fünf Lieder nach Gedichten von Friedrich Rückert
Franz Schubert (1797–1828)
An die Laute D 905 (Rochlitz)
Lied des Orpheus, als er in die Hölle ging D 474 (Jacobi)
Versunken D 715 (Goethe)
Die Spinnerin D 247 (Goethe)
Kolmas Klage D 217 (Macpherson)
Erster Verlust D 226 (Goethe)
Gretchen im Zwinger D 564 (Goethe)
Gretchen am Spinnrade D 118 (Goethe)
Schwestergruß D 762 (Bruchmann)
Der Tod und das Mädchen D 531 (Claudius)
Pause
Gustav Mahler (1860–1911)
Frühlingsmorgen (Leander)
Erinnerung (Leander)
Lied des Verfolgten im Turm (Des Knaben Wunderhorn)
Nicht wiedersehen! (Des Knaben Wunderhorn)
Fünf Lieder nach Gedichten von Friedrich Rückert (1901–02)
I. Ich atmet’ einen linden Duft
II. Blicke mir nicht in die Lieder
III. Liebst du um Schönheit
IV. Um Mitternacht
V. Ich bin der Welt abhanden gekommen
Franz Schubert, Aquarell von Wilhelm August Rieder (1825)
Seelenverwandte
Die beiden Komponisten des heutigen Abends verbindet eine besondere Affinität zum Lied. Franz Schubert, der in seinem kurzen Leben mehr als 600 Beiträge zu diesem Genre schuf, war den meisten Hörer:innen seiner Zeit überhaupt nur als Liedkomponist bekannt. Gustav Mahler konzentrierte sein Schaffen fast völlig auf zwei Gattungen – das Lied und die Symphonie.
Essay von Jürgen Ostmann
Seelenverwandte
Lieder von Franz Schubert und Gustav Mahler
Jürgen Ostmann
Die beiden Komponisten des heutigen Abends verbindet eine besondere Affinität zum Lied. Franz Schubert, der in seinem kurzen Leben mehr als 600 Beiträge zu diesem Genre schuf, war den meisten Hörer:innen seiner Zeit überhaupt nur als Liedkomponist bekannt; dass er auf anderen Feldern ebenso Herausragendes leistete, erfuhr erst die Nachwelt. Doch hob er die Liedkunst tatsächlich auf ein neues Niveau, nicht zuletzt dadurch, dass er auch die Klavierparts Entscheidendes zur Aussage beitragen ließ. Gustav Mahler konzentrierte sein Schaffen fast völlig auf zwei Gattungen – das Lied und die Symphonie. Beide standen für ihn in ständiger Wechselwirkung: Manche Lieder orchestrierte er nachträglich, andere konzipierte er von vornherein orchestral, und nicht wenige dienten ihm sogar als Grundlage von Symphoniesätzen. Schubert ließ ebenfalls Melodien aus eigenen Liedern in etliche Instrumentalwerke einfließen.
Zwischen Lyrik und Drama
Gleich die beiden ersten Nummern des heutigen Abends zeugen von der enormen stilistischen Spannbreite des Schubert’schen Liedschaffens: An die Laute ist ein heiteres, in schlichter Strophenform gestaltetes Ständchen, in dem das Klavier mit Staccato-Tönen der linken und Arpeggien der rechten Hand ein Zupfinstrument nachahmt. Dagegen lässt das Lied des Orpheus, als er in die Hölle ging an ein Bühnenwerk denken – nicht nur aufgrund des opernerprobten Stoffes. Die Geschichte des Sängers, der in die Unterwelt steigt, um deren Bewohner durch seine Musik zu rühren und seine Frau ins Leben zurückzuholen, leitet Schubert mit einem rezitativartigen Abschnitt ein. Ihm folgen ein Arioso und eine wirkungsvolle Stretta als schneller Schlussteil.
Zwischen den Extremen dieser beiden Werke bewegte sich in etwa auch die zeitgenössische Debatte um das Lied. Johann Wolfgang von Goethe, mit etwa 70 vertonten Texten Schuberts bevorzugter Dichter, positionierte sich in dieser Frage eindeutig: Für ihn war das Lied per Definition lyrisch, also undramatisch. Elemente der Oper hatten darin nichts verloren, ebensowenig Wortausdeutung jeglicher Art: „Töne durch Töne zu malen: zu donnern, zu schmettern, zu plätschern und zu platschen ist detestabel“, so formulierte er es in einem Brief an den befreundeten Komponisten Carl Friedrich Zelter. Jede Strophe sollte laut Goethe zur gleichen Musik gesungen werden, wie in einem Volkslied. Um die wechselnden Inhalte der Strophen hatte sich der Komponist nicht zu kümmern; sie blieben der fein abschattierenden Differenzierung durch die Interpret:innen und der Auffassungsgabe des Publikums überlassen.
Auf dieses gängige Liedideal ließ sich auch Schubert gelegentlich ein. Ein weiteres Beispiel im heutigen Programm bietet Die Spinnerin: Goethes metaphorisch verschlüsselte Geschichte um Entjungferung („der Faden riss“), ungewollte Schwangerschaft und – vermutlich – Kindsmord wird in sieben musikalisch identischen Strophen erzählt. In anderen Fällen, wie etwa bei Erster Verlust, stellte sich angesichts eines kurzen, kaum untergliederten Textes die Frage nach strophischer oder durchkomponierter Vertonung gar nicht erst. Meistens jedoch fand Schubert komplexere, ungemein einleuchtende Lösungen. Recht dramatisch geriet etwa Kolmas Klage nach dem „Ossian“-Epos des Schotten James Macpherson, ebenso wie Gretchen im Zwinger, eine von Schubert leider nur fragmentarisch vertonte Szene aus Goethes Faust, die dennoch drei ganz unterschiedlich gestaltete Teile beinhaltet. Der schaurig-gespenstische Schwestergruß basiert auf einem Text von Schuberts Freund Franz von Bruchmann, in dem dieser die Trauer über den Tod seiner Schwester verarbeitet. Bei aller Schlichtheit der Mittel äußerst dramatisch ist nicht zuletzt Der Tod und das Mädchen: Nach einer getragenen Einleitung verschafft sich hier die Angst und Not des Mädchens in schneller Bewegung, gezackter Melodik, erregt pulsierender Begleitung und Moll-Harmonik Ausdruck. Der Tod antwortet darauf im langsamen, feierlich schreitenden Pavane-Rhythmus der Einleitung, in starrer, meist auf einem Ton verharrender Melodik und schon bald mit einer kompositorisch meisterhaften Wendung nach Dur: „Sollst sanft in meinen Armen schlafen.“ Wiederum auf einem Text Goethes basiert Versunken, das durch pausenlos auf- und abwogende Klavierfiguren und unerwartete harmonische Wendungen erotische Erregung ausdrückt.
Besonders eindrucksvoll zeigt sich Schuberts Kunst, in der Begleitung seiner Lieder Seelenzustände ebenso wie äußere Situationen darzustellen, in einem seiner berühmtesten Werke nach einem weiteren Gedicht aus Goethes Faust, das er im Herbst 1814 Alter von nur 17 Jahren schrieb. Zu Gretchen am Spinnrade bemerkte Maurice J.E. Brown in seiner Biografie des Komponisten: „Die Art, in der die eintönige Figur in der Klavierbegleitung, Versinnbildlichung des sich drehenden Spinnrades, auf dem Höhepunkt des Liedes innehält, wenn die Verzweiflung dem Mädchen die Kraft körperlicher Bewegung lähmt, ist, hat man dies einmal erlebt, unvergesslich; ebenso aber ist es die gebrochene, schluchzende Wiederaufnahme jener Figur im Klavier; denn Schubert verdeutlicht hiermit nicht nur das stockende Ingangsetzen des Spinnrades, sondern auch, nach der Lähmung der Körperbewegungen des Mädchens, die schmerzhafte Wiederkehr der alltäglichen Sinnesempfindung.“
„…aus denen jeder das Seine formen dürfe“
Vertonte Schubert sowohl Texte bedeutender Autor:innen wie etlicher Amateurdichter aus seinem Freundeskreis, so wählte Gustav Mahler zumindest für seine Sololieder ganz bewusst keine „großen“ literarischen Werke aus. Den Grund teilte er der Dichterin Ida Dehmel mit, die ihn 1905 in ihrem Tagebuch festhielt: „Es käme ihm auch wie Barbarei vor, wenn Musiker es unternähmen, vollendet schöne Gedichte in Musik zu setzen. Das sei so, als wenn ein Meister eine Marmorstatue gemeißelt habe, und irgendein Maler wollte Farbe daraufsetzen.“ Die Texte aus Des Knaben Wunderhorn hingegen betrachtete Mahler als „keine vollendeten Gedichte, sondern Felsblöcke, aus denen jeder das Seine formen dürfe.“ Ähnlich schätzte er womöglich auch die eher glatten Verse Richard von Volkmanns ein, der, hauptberuflich Chirurg, als Autor u.a. der Texte zu Frühlingsmorgen und Erinnerung unter dem Pseudonym Richard Leander firmierte.
Vor allem aber spielten tatsächlich die Wunderhorn-Dichtungen eine zentrale Rolle in Mahlers Schaffen. Clemens Brentano und Achim von Arnim hatten diese dreibändige Sammlung deutscher Volkslieder zwischen 1805 und 1808 veröffentlicht. Sie inspirierte viele Komponisten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts zu einzelnen Vertonungen – unter ihnen Mendelssohn, Schumann, Brahms, Strauss, Zemlinsky, Schönberg und Webern. Kein anderer verschrieb sich dem Werk aber in gleichem Maße wie Mahler. 1887 begann er mit neun Wunderhorn-Liedern für Singstimme und Klavier, und zwischen 1892 und 1901 folgten weitere 15, sowohl mit Klavier- als auch mit Orchesterbegleitung. Außerdem enthalten seine Symphonien Nr. 2 bis 4, die in der gleichen Zeitspanne entstanden, so viel Material aus den Liedkompositionen, dass sie nicht zu unrecht als „Wunderhorn-Symphonien“ bezeichnet werden.
An den Volksdichtungen faszinierte Mahler offenbar das krasse Nebeneinander von Realismus und Phantastik, von Tragik und Humor, die oft düstere Bedeutung hinter der naiv-kindlichen, manchmal dialektgefärbten Sprache. Dem entspricht eine ebenso vielschichtige Musik, die Idiome wie Volkslied, Ländler oder Marsch mit satztechnischem Raffinement verbindet und schlichte Dreiklangsmelodik mit scharfen Dissonanzen. Elemente eines Trauermarschs finden sich etwa in Nicht wiedersehen! – das Stück berichtet von einem jungen Mann, der bei der Rückkehr von einer Reise (oder aus dem Krieg?) erfährt, dass die Geliebte in seiner Abwesenheit gestorben ist. Den Dialog eines politischen Gefangenen mit seiner Geliebten gibt das Lied des Verfolgten im Turm wieder. Sieben Strophen tragen die beiden im Wechsel vor: Der Gefangene behauptet trotzig, begleitet von harten Signalmotiven und trommelwirbelartigen Rhythmen, seine Unabhängigkeit, das Mädchen setzt Bilder der tatsächlichen Freiheit dagegen, malt mit Jodleranklängen weite Landschaften.
Glückliche Empfindung
Die Literaturwissenschaft misst Friedrich Rückert oftmals keinen allzu hohen Rang bei. Als Forscher, Übersetzer und Lehrer in mehr als 40 Sprachen bewandert, wurde er als Dichter nicht selten für seine enorme Produktivität kritisiert und sah sich dem Vorwurf der Substanzlosigkeit und des Epigonentums ausgesetzt. Mahler hingegen war vollkommen anderer Meinung. Mit Bezug auf seine 1901/02 entstandenen fünf Lieder nach Texten des Autors äußerte er gegenüber Anton Webern: „Nach des Knaben Wunderhorn konnte ich nur mehr Rückert machen – das ist Lyrik aus erster Hand, alles andere ist Lyrik aus zweiter Hand.“
Was meinte er damit? Vor allem wohl, dass diese Gedichte ihn in seinem subjektiven Seelenzustand ansprachen. Das lässt nicht zuletzt eine Mitteilung an seine langjährige Vertraute Natalie Bauer-Lechner vermuten. Nach ihrem Bericht sagte Mahler „über die ungemein erfüllte und gehaltene Art dieses Liedes [Ich bin der Welt abhanden gekommen], es sei Empfindung bis in die Lippen hinauf, die sie aber nicht überschritt! Auch sagte er: das sei er selbst!“ Zu Blicke mir nicht in die Lieder bemerkte Bauer-Lechner, das Stück sei „für Mahler so charakteristisch, als hätte er es gedichtet“, und über Ich atmet’ einen linden Duft erklärte der Komponist selbst: „Es steckt darin die verhaltene glückliche Empfindung, wie wenn man in der Gegenwart eines lieben Menschen weilt, dessen man ganz sicher ist, ohne dass es auch nur eines Wortes zwischen den beiden Seelen bedürfte.“ Rückerts Gedicht Um Mitternacht mag Mahler an seine eigene nächtliche Todesangst erinnert haben: Er war nach einem Konzert im Februar 1901 in seiner Wohnung zusammengebrochen; eine Notoperation rettete ihm das Leben. Die Vertonung beschwört eine unheimliche, trostlose Stimmung herauf; erst am Ende, als sich das lyrische Ich Gott zuwendet, gelingt unter triumphalen, choralartigen Klängen die Überwindung der Krise. Mit dem einige Monate nach den übrigen vier Liedern komponierten Liebst du um Schönheit sprach der frisch verheiratete Komponist seine fast 20 Jahre jüngere Frau Alma direkt an. Der besondere, quasi private Status des Werks erklärt vermutlich auch, warum es unter den Rückert-Liedern als einziges nur mit Klavierbegleitung konzipiert wurde. Die übrigen instrumentierte Mahler selbst, doch die Orchesterversion von Liebst du um Schönheit erstellte der Dirigent Max Puttmann im Auftrag von Mahlers Verleger – veröffentlicht wurde sie erst nach dem Tod des Komponisten.
Jürgen Ostmann studierte Musikwissenschaft und Orchestermusik (Violoncello). Er lebt als freier Musikjournalist und Dramaturg in Köln und arbeitet für verschiedene Konzerthäuser, Rundfunkanstalten, Orchester, Plattenfirmen und Musikfestivals.
Gustav Mahlers Autograph von Blicke mir nicht in die Lieder
The Heart of Romantic Song
In a Pierre Boulez Saal season that has featured a particularly wide range of song recitals—including works from Hildegard von Bingen to Laurie Anderson and from Henry Purcell to Brett Dean—Sophie Rennert and Joseph Middleton focus their program on two of the most influential lied composers of the German-Austrian Romantic tradition.
Essay by Richard Stokes
The Heart of Romantic Song
Works by Franz Schubert and Gustav Mahler
Richard Stokes
In a Pierre Boulez Saal season that has featured a particularly wide range of song recitals—including works from Hildegard von Bingen to Laurie Anderson and from Henry Purcell to Brett Dean—Sophie Rennert and Joseph Middleton focus their program on two of the most influential lied composers of the German-Austrian Romantic tradition.
Tonight’s concert opens with Franz Schubert’s An die Laute, an exquisite little serenade to a poem by the writer and dramatist Friedrich Rochlitz. Marked “etwas geschwind” and punctuated with lute-like arpeggios in almost every bar, it is sung by the lover outside his sweetheart’s window, pianissimo, so that the neighbors will not hear. The poet was delighted with the composition and on November 7, 1827, wrote Schubert a letter of thanks in which he asked the composer “to embellish with your art a longer poem of mine.” The poem in question was Der erste Ton, which had already been set by Weber and offered by Rochlitz to Beethoven. Schubert, like Beethoven, declined, and composed no further songs to Rochlitz’s poetry.
By the time he wrote Lied des Orpheus, als er in die Hölle ging (we hear the second version from 1818), Schubert had already written eight of his operas or singspiele. He was convinced that the quickest way to acquire wealth and fame was to compose a successful opera, and his love of recitative, arioso, and aria can be found in many of his songs, including this splendid theatrical scena. Orpheus descends into hell to rescue his beloved Eurydice, accompanied by heroic recitative in G-flat major; a lyrical aria-like section then follows in C-sharp minor, and the song ends with a rousing stretta in D major, as Orpheus exclaims that the gods will relent, rescue Eurydice from Hell, and bear her off to the Elysian Fields.
Lamenting the Loss of Innocence
Johann Wolfgang von Goethe wrote some of the finest erotic poems in the German language. In Versunken he runs his fingers (“der fünfgezackte Kamm”) through his beloved’s hair and wonders where else they should roam. John Donne’s lines from To His Mistress Going to Bed spring to mind: “Licence my roaving hands, and let them go, / Before, behind, between, above, below.” Schubert responds to the heightened sexual mood of Goethe’s poem with breathless 16th notes, shifting tonalities, and a chromaticism that conveys the poet’s mounting passion. The theme of Goethe’s Die Spinnerin is that of the much better-known Heidenröslein—innocence destroyed. As the young girl sits at the spinning wheel, she is approached by a man who flatters and then seduces her, the image of a snapped thread symbolizing the loss of virginity. After the man’s departure, she is left alone to muse on her state (verse 5) and disgrace (verse 6). The piano part depicts the girl’s frantic spinning, and the unmodified strophic melody is a wonderful portrayal of the drudgery of her activity.
Of Schubert’s ten “Ossian” songs to texts by James Macpherson, Kolmas Klage is the first and, arguably, the finest. The story is quickly told: Colma loves Salgar, the son of a feuding family, and finds both him and her brother dead at the place of her intended rendezvous with Salgar—blinded by their family feud, they had killed one another. Schubert’s setting evokes the brooding, moonlit landscape where the violent action plays out and comprises three separate, strophic sections: the first three verses in C minor (ziemlich langsam), the next two in A-flat major (etwas langsam), and the last two in F minor (langsam trauernd).
Erster Verlust forms part of Goethe’s Die ungleichen Hausgenossen, a play that remained nothing more than a fragment. Three poems, including Erster Verlust, were fortunately salvaged by the poet and printed in the eighth volume of his Schriften in 1789, which must have been Schubert’s source for his song. Written in 1815, it is a miracle of conciseness, with a stab of pain on the word “Wunde” that pierces the heart. The text is a conflation of two arias from Mozart’s Le nozze di Figaro (“Porgi amor” and “Dove sono”), which Goethe’s brother-in-law Christian Vulpius was translating at the very time Goethe was writing Die ungleichen Hausgenossen.
Scenes from Faust
Gretchen am Spinnrade famously sets a scene from Goethe’s Faust. At this stage in the play, Gretchen has just met Faust, is smitten, returns to her room, sits down at the spinning wheel, and expresses her rapture in what has become one of the most anthologized love poems in the German language. It inspired in the 17-year-old composer music of astonishing passion and psychological probing: the spinning wheel whirrs, Gretchen’s foot works the treadle, and as her agitation increases the wheel accelerates and rises in pitch from D minor to E minor to F. D minor returns as she repeats the opening refrain; but when she recalls Faust’s kiss, the pitch rises ecstatically to B flat and a screaming dissonance. Deep in the bass the dominant pedal sounds, as she returns distractedly to her work. By the time of her next song in Faust, set by Schubert as Gretchen im Zwinger, Gretchen is pregnant and abandoned by Faust. As she decorates the shrine of the Mater Dolorosa outside the cathedral, she chants the opening of her song, a paraphrase of Jacopone da Todi’s 13th-century Good Friday hymn that Palestrina and others also set to music. The opening incantatory refrain gives way to a more personal and staccato utterance (“Wer fühlet / Wie wühlet”) that describes the pain of the unborn child and the shame within her—wonderfully managed by Schubert in a passage where minor takes over from major and the voice rumbles deep in the lower register. Schubert, having modulated to C major, broke off composition at “Das Herz zerbricht in mir.” (The song is frequently performed in its fragmentary form, although several composers have attempted to complete it, among them the young Benjamin Britten.)
Schubert’s five settings of Franz von Bruchmann’s verse date from 1822 and 1823, and Schwestergruß, the autograph tells us, was composed “after the death of the poet’s sister”—her name was Sybille. The poem smacks of sentimentality and gothic horror, and in the course of its 13 stanzas the brother is warned by his dead sister, who appears to him in the misty graveyard, to renounce his ways or forego the bliss that she now enjoys. Out of this unpromising material, and presumably out of deep sympathy for his friend’s family, Schubert fashions a remarkable song, a masterpiece that has been unaccountably neglected.
Der Tod und das Mädchen is the most celebrated of Schubert’s 13 settings of Matthias Claudius, possibly because he adapted the piano prelude as the theme of the variation movement in his D-minor String Quartet, composed seven years later. Although Claudius presents Death as a consoling friend, its skeletal form terrifies the girl. “Do not touch me,” she screams—and then repeats the panicked cry. With a stroke of genius, Schubert, after a succession of 14 bars in the minor, announces the consoling presence of Death by a shift to the major and an irresistible modulation to F major at “nicht zu strafen.”
Of Lovers and Soldiers
This evening’s Mahler group is introduced by two of the Lieder und Gesänge aus der Jugendzeit that date from 1880–1. Frühlingsmorgen, in which the bough of a linden tree knocks against the girl’s window, urging her to wake up and meet her lover, is a delightful piece of birdsong trills and buzzing bees. Erinnerung talks about the interdependence of love and song. Love, we are told, inspires song; and though the poet might wish to banish thoughts of love, song will always remind him of his sweetheart. Richard Leander, the poet of these two gems, was the pseudonym of Richard von Volkmann, who as a surgeon served with distinction in the wars of 1866 and 1870–1.
Almost half of Mahler’s solo songs are settings of poems from Des Knaben Wunderhorn, a collection of folk verses edited by Achim von Arnim and Clemens Brentano, the first volume of which was published in 1805. The title (usually given in English as “The Youth’s Magic Horn”) refers to the figure of a boy on horseback brandishing a horn, an illustration of Das Wunderhorn, the anthology’s opening poem. The source for many of the texts was oral, but the editors made frequent amendments in accordance with their own tastes. Many of Mahler’s settings deal with military life, and in the piano accompaniment we often hear the beat of horses’ hooves, fanfares, drums, and marches. Mahler spent much of his childhood in the Moravian garrison town of Jihlava, and it is reliably reported that as a young boy he knew dozens of military tunes by heart. Lied des Verfolgten im Turm is a passionate dialogue between an imprisoned soldier and his sweetheart. Through changes of meter, melodic style, and—in the orchestral version—instrumentation, Mahler cleverly contrasts his characters: brass and timpani for the soldier, pastoral woodwind for the girl. Nicht wiedersehen! describes a young man who, forced to leave his beloved probably in order to fight for his country, finds her dead on his return. The song unfolds in one long lament, not so much a funeral march as a distant sounding knell, depicted with great realism in the staccato octaves of the piano's left hand.
Taking Leave of the World
Mahler’s five Rückert Songs were written in the first two years of the 20th century and later published with Revelge and Der Tamboursg’sell as Sieben Lieder aus letzter Zeit. These pieces, which do not form a cycle, are a far cry from the desperate soul-searching of his contemporary symphonies, and are also uninfluenced by folksong, which had dominated his earlier lieder. The love song Ich atmet’ einen linden Duft describes the poet’s happiness at receiving a spray of linden from his beloved. Rückert puns on the words “lind” (delicate) and “Linde” (linden tree). Delicacy describes exactly the mood of the song, whose vocal line floats over a shimmering accompaniment, marked con molta tenerezza e fervore, and seems redolent of hot summer days, heavy with the scent of linden blossoms. Blicke mir nicht in die Lieder has a moto perpetuo accompaniment depicting the buzzing of bees who, the poems tells us, will not be watched when they build their cells. So it should be with the composition of songs: do not look into them, as I write, for when they are finally completed, you shall be the first to hear them. Liebst du um Schönheit, whose dynamics scarcely rise above piano, is Mahler’s most personal love song, written for his wife Alma. “You must love me neither for my beauty, my youth, my fortune, but because I love you.” During their first vacation together, Mahler, wishing to surprise his wife, hid the song in her score of Wagner’s Siegfried, which she used to study daily.
Um Mitternacht opens with the bleak thoughts of a lonely man at midnight and closes in triumph, as the poet commends his soul to God. It was in February 1901, shortly before he started work on the Rückert Songs, that Mahler suffered the hemorrhage that nearly killed him. The first four stanzas of Mahler’s music are characterized by repetitions of two striking motifs: one resembles the ticking of a clock and one aches with anguish as it descends the scale. The basic mood is bleak A minor—until the final stanza when, in the orchestral version, trumpets, trombones, tuba, and timpani blaze out in the major, as an expression of the poet’s faith. Ich bin der Welt abhanden gekommen deals with the artist’s loneliness. The poet pleads for a cessation of human anguish and withdrawal from the world, and Mahler rises to the occasion with one of his most yearning melodies, which breathes the same atmosphere as the Adagietto of the Fifth Symphony.
Richard Stokes is Professor of Lieder at London’s Royal Academy of Music. His publications include The Book of Lieder and The Complete Songs of Hugo Wolf. He has translated operas by Wagner, Berg, Poulenc, Saariaho, and Rihm, and was awarded the Cross of Merit of the Federal Republic of Germany in 2012 as well as the Austrian Decoration of Honor for Science and Art in 2022.
Die Künstler:innen

Sophie Rennert
Mezzosopran
Die Mezzosopranistin Sophie Rennert schloss ihre musikalische Ausbildung an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien ab und besuchte außerdem Meisterkurse bei Brigitte Fassbaender, Ann Murray und Helmut Deutsch. Nach Stationen im Young Singers Project der Salzburger Festspiele, im Ensemble des Konzert Theater Bern und Auftritten im Rahmen der „Great Talent“-Reihe des Wiener Konzerthauses ist die Preisträgerin des Innsbrucker Cesti-Wettbewerbs und des Salzburger Mozartwettbewerbs seit Beginn der Spielzeit 2022/23 am Münchener Staatstheater am Gärtnerplatz engagiert, wo sie u.a. als Ruggiero (Alcina), Donna Elvira (Don Giovanni), Charlotte (Werther) und zuletzt als Carmen zu erleben war. Darüber hinaus interpretiert sie regelmäßig große Rollen des barocken Opernrepertoires, darunter die Titelpartie in Vivaldis Juditha Triumphans bei den Festwochen der Alten Musik in Innsbruck, Phèdre in Rameaus Hippolyte et Aricie unter der Leitung von Bernhard Forck am Nationaltheater Mannheim, die Titelrolle in Händels Lotario bei den Göttinger Händel-Festspielen und Andronico in Vivaldis Tamerlano mit dem Ensemble Les Accents in Dortmund. Sophie Rennert gastierte bei den Salzburger und Bayreuther Festspielen und gab 2023 in Händels Aci, Galatea e Polifemo ihr Debüt im Pierre Boulez Saal.
Mai 2025

Joseph Middleton
Klavier
Als Liedbegleiter und Kammermusiker ist Joseph Middleton regelmäßig in bedeutenden Konzertsälen wie dem Concertgebouw Amsterdam, dem Wiener Konzerthaus, der Kölner Philharmonie, der Wigmore Hall in London oder der Philharmonie de Luxembourg zu Gast. Außerdem war er bei den Festivals in Aix-en-Provence, Aldeburgh, Edinburgh und Ravinia sowie im Rahmen der Schubertiade Schwarzenberg-Hohenems und der BBC Proms zu erleben. Zu seinen musikalischen Partner zählen dabei international renommierte Sänger:innen wie Sir Thomas Allen, Louise Alder, Ian Bostridge, Christiane Karg, Mark Padmore, Samuel Hasselhorn, Angelika Kirchschlager, Carolyn Sampson und Rafael Fingerlos. Darüber hinaus arbeitet er regelmäßig mit Nachwuchskünstler:innen zusammen. Seine Einspielungen wurden u.a. mit dem Diapason d’or, dem Edison Award und dem Prix Caecilia ausgezeichnet. Seit 2014 leitet Joseph Middleton das Leeds Lieder Festival, außerdem ist er Musician in Residence am Pembroke College in Cambridge und Professor an der Royal Academy of Music in London.
Mai 2025