Claron McFadden Gesang und Darstellung
Luigi Noah De Angelis Konzept, Regie und Lichtdesign
Chiara Lagani Dramaturgie und Kostüme
Damiano Meacci Elektronische Musik und Sounddesign
Andrea Argentieri Schauspielcoach


Eine Produktion von Fanny & Alexander/E Production und Muziektheater Transparant in Zusammenarbeit mit dem Pierre Boulez Saal
Koproduziert von IRCAM/Centre Pompidou (Paris), Festival d’Automne à Paris, Romaeuropa Festival und Tempo Reale

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Nina Simone in der Hollywood Bowl, 15. Juni 1986 (Jose Galvez / Los Angeles Times) © License CC BY 4.0

Lange vor Erfindung der sozialen Medien war das Privatleben von Künstler:innen öffentliches Eigentum. Nina Simone zog den Blick von Millionen Menschen weltweit auf sich, aber ihr Genie lag darin, was sie ihren Zuhörer:innen an Lehren über sich selbst und die Befindlichkeit der Menschen mitgab.

Essay von Kevin Le Gendre

Voller Zorn gegen Ungerechtigkeit

Kevin Le Gendre


Lange vor Erfindung der sozialen Medien war das Privatleben von Künstler:innen öffentliches Eigentum. Die Person, der man im Konzert und auf Aufnahmen begegnete, übte schon immer eine unwiderstehliche Faszination auf das Publikum aus, das wissen wollte, wer sie war und was sie tat.

Nina Simone zog den Blick von Millionen Menschen weltweit auf sich, aber ihr Genie lag darin, was sie ihren Zuhörer:innen an Lehren über sich selbst und die Befindlichkeit der Menschen mitgab. Wie viele bedeutende Beobachter:innen hielt sie der Gesellschaft einen Spiegel vor und entlarvte damit ihre Wahrheiten und ihre Lügen. Einer ihrer entscheidenden Momente, Mississippi Goddam!, ist ebenso machtvolles Metatheater wie Protestsong. Die schroffe, beißende Ironie ihrer gesprochenen Einleitung zu dieser Hymne aus dem Jahr 1964 – „Das ist ein Lied für ein Theaterstück, aber das Stück dazu existiert noch nicht“ – brachte sehr einfallsreich zum Ausdruck, dass Amerika, erschüttert von rassistisch motivierten Morden und Bürgerrechtskampagnen, ein Schreckensszenario bot, dem sie und jeder Mensch, der etwas auf sein Gewissen hielt, Einhalt gebieten müsse. Einige Radiosender in den Südstaaten, die das Stück und die darin enthaltene Realitätsprüfung unverzüglich verboten, verfolgten damit das Ziel, das Ende von Simones Karriere herbeizuführen.

Doch Widerständigkeit war eine von Simones herausstechenden Eigenschaften. In den Jahren zwischen ihrem Debüt 1953 und ihrem Tod 2003 etablierte sie sich als außergewöhnliche Musikerin und wurde zu einer der künstlerisch produktivsten und unberechenbarsten Figuren des öffentlichen Lebens: eine Frau, die zu explosiven Temperamentsausbrüchen ebenso fähig war wie zu größter Sanftmut und die mit ihrer Kunst und ihrer Integrität Millionen berührte. Und doch hätte es Nina Simone als Symbolfigur eigentlich nicht geben sollen. Geboren als Eunice Kathleen Waymon, träumte sie als Jugendliche in Tryon in North Carolina von einer Karriere als Konzertpianistin – ein Vorhaben, das für die Mehrheit afroamerikanischer Mädchen zu Zeiten von „Jim Crow“ als unrealistisch galt. Nach dem plötzlichen Ende dieses Traums, unter umstrittenen Rassismusvorwürfen, erfand sie sich neu als Jazz- und R&B-Sängerin, ohne dabei ihre beeindruckend hohen Ansprüche als Pianistin aufzugeben. Hits wie My Baby Just Cares for Me, mit seinem swingenden Rhythmus und kurzen, aber eindrücklichen Klaviersolo, ließen keinen Zweifel daran, dass das, was dem Klassikbetrieb dadurch verloren ging, ein Gewinn für die Popmusik war, und die umfangreiche Diskographie, die Simone im Laufe von fünf Jahrzehnten schuf, untermauerte ihren besonderen Status. Sie wurde tatsächlich einzigartig eine Künstlerin „jenseits aller Kategorien“.

Egal ob sie Musik des großen Jazzkomponisten Duke Ellington, des weltmännischen Singer-Songwriters Randy Newman oder der Blues-Legende Screamin’ Jay Hawkins interpretierte – Simone gelang es immer, einer Komposition ihren eigenen Stempel aufzudrücken und dabei eine Vielzahl von Nuancen einfließen zu lassen, die einiges über ihr musikalisches Handwerkszeug und ihre Fähigkeiten als Arrangeurin verrieten. Ihre Interpretation von Ne me quitte pas des belgischen Gesangspoeten Jacques Brel etwa ist einfach unvergesslich: Sie verleiht jedem französischen Wort ein eigenes Gewicht und erzeugt ein absolut überzeugendes Gefühl von Verzweiflung, als durchlebte sie innerhalb von drei Minuten das Trauma einer Trennung, mit nichts als ein paar Klavierakkorden als seelischem Trost.

So sehr sie sich die Lieder anderer Musiker:innen zu eigen machte, schrieb Simone auch selbst etliche Stücke, in denen ihre Begabung, ansprechende Musik und nachdenkliche Texte wirksam zu kombinieren, besonders gut zu Ausdruck kommt. Oft wagte sie es, dabei Dinge auszusprechen, die gemeinhin verschwiegen wurden. Four Women ist ein bemerkenswertes feministisches Meisterstück, das die unterschiedlichen gesellschaftlichen Erfahrungen afroamerikanischer „Schwestern“ nach Aufhebung der Sklaverei thematisiert und zelebriert. To Be Young, Gifted and Black, nach einem Text von Weldon Irvine, wurde dagegen zum Leitmotiv für People of Color weltweit in ihrem fortwährenden Kampf für Gleichheit und Selbstverwirklichung in den 1970er Jahren, der Ära der „Black Power‘-Bewegung. Die einflussreiche Dramatikerin Lorraine Hansberry war eine Inspirationsquelle für das Lied, und sie mag das Kompliment durchaus erwidert haben, indem sie ein Stück über Nina schrieb. Schließlich hatte die Sängerin erhebliche finanzielle Ausbeutung und körperlichen Missbrauch von Seiten ihres Ehemanns zu erdulden, musste einen Kampf um künstlerische Unabhängigkeit führen und sich letztendlich ihrer eigenen Wurzeln entledigen und zur Nomadin werden, die in Barbados, Liberia, den Niederlanden und Frankreich lebte, nachdem ihr klargeworden war, dass sie nicht länger in einem Amerika bleiben konnte, dessen Werte sie nicht teilte.

So wurde Simone zu einer internationalen, wenn nicht gar universellen Künstlerin, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Dass die große südafrikanische Liedermacherin und Aktivistin Miriam Makeba zu ihrer Beerdigung kam, war ebenso bedeutsam wie berührend. Beide waren große Freiheitskämpferinnen, deren Leidenschaft für Gleichberechtigung unauslöschlich brannte.

Man kann Claron McFadden und Fanny & Alexander nur dazu gratulieren, Nina Simone auf so einfallsreiche Art und Weise auf die Bühne zu bringen, wie sie es tun. Doch in vielerlei Hinsicht hat Simone diese Bühne nie verlassen. Ihre Musik, ob politisch oder gefühlvoll, ist mit der zeitgenössischen Kultur aufs Engste verbunden – man begegnet ihr in Fernsehwerbespots ebenso wie in Kinofilmen. Viel wichtiger aber ist der Platz, den sie in den Herzen und den Köpfen der Menschen einnimmt. Die Bedeutung ihrer Lieder für eine Welt, in der es immer noch an Stimmen des Widerstands und Worten des Trostes fehlt, macht diese Künstlerin so zeitlos. Wie die gefeierte Schriftstellerin Ntozake Shango über Nina Simone sagte: „Keine andere weibliche Stimme hat zu meinen Lebzeiten mit so viel Zorn alle Arten von Ungerechtigkeit angeprangert, vom Rassismus bis zur ehelichen Untreue.“ Die Vorstellung von einer Sängerin, die sich nicht davon abhalten lässt, jedem unterdrückerischen Herrscher vehement in die Parade zu fahren, ist kraftvoller denn je in einer Zeit, in der die Mächtigen lieber Mauern als Brücken bauen.

Übersetzung: Alexa Nieschlag

Voller Zorn gegen Ungerechtigkeit

Kevin Le Gendre


Lange vor Erfindung der sozialen Medien war das Privatleben von Künstler:innen öffentliches Eigentum. Die Person, der man im Konzert und auf Aufnahmen begegnete, übte schon immer eine unwiderstehliche Faszination auf das Publikum aus, das wissen wollte, wer sie war und was sie tat.

Nina Simone zog den Blick von Millionen Menschen weltweit auf sich, aber ihr Genie lag darin, was sie ihren Zuhörer:innen an Lehren über sich selbst und die Befindlichkeit der Menschen mitgab. Wie viele bedeutende Beobachter:innen hielt sie der Gesellschaft einen Spiegel vor und entlarvte damit ihre Wahrheiten und ihre Lügen. Einer ihrer entscheidenden Momente, Mississippi Goddam!, ist ebenso machtvolles Metatheater wie Protestsong. Die schroffe, beißende Ironie ihrer gesprochenen Einleitung zu dieser Hymne aus dem Jahr 1964 – „Das ist ein Lied für ein Theaterstück, aber das Stück dazu existiert noch nicht“ – brachte sehr einfallsreich zum Ausdruck, dass Amerika, erschüttert von rassistisch motivierten Morden und Bürgerrechtskampagnen, ein Schreckensszenario bot, dem sie und jeder Mensch, der etwas auf sein Gewissen hielt, Einhalt gebieten müsse. Einige Radiosender in den Südstaaten, die das Stück und die darin enthaltene Realitätsprüfung unverzüglich verboten, verfolgten damit das Ziel, das Ende von Simones Karriere herbeizuführen.

Doch Widerständigkeit war eine von Simones herausstechenden Eigenschaften. In den Jahren zwischen ihrem Debüt 1953 und ihrem Tod 2003 etablierte sie sich als außergewöhnliche Musikerin und wurde zu einer der künstlerisch produktivsten und unberechenbarsten Figuren des öffentlichen Lebens: eine Frau, die zu explosiven Temperamentsausbrüchen ebenso fähig war wie zu größter Sanftmut und die mit ihrer Kunst und ihrer Integrität Millionen berührte. Und doch hätte es Nina Simone als Symbolfigur eigentlich nicht geben sollen. Geboren als Eunice Kathleen Waymon, träumte sie als Jugendliche in Tryon in North Carolina von einer Karriere als Konzertpianistin – ein Vorhaben, das für die Mehrheit afroamerikanischer Mädchen zu Zeiten von „Jim Crow“ als unrealistisch galt. Nach dem plötzlichen Ende dieses Traums, unter umstrittenen Rassismusvorwürfen, erfand sie sich neu als Jazz- und R&B-Sängerin, ohne dabei ihre beeindruckend hohen Ansprüche als Pianistin aufzugeben. Hits wie My Baby Just Cares for Me, mit seinem swingenden Rhythmus und kurzen, aber eindrücklichen Klaviersolo, ließen keinen Zweifel daran, dass das, was dem Klassikbetrieb dadurch verloren ging, ein Gewinn für die Popmusik war, und die umfangreiche Diskographie, die Simone im Laufe von fünf Jahrzehnten schuf, untermauerte ihren besonderen Status. Sie wurde tatsächlich einzigartig eine Künstlerin „jenseits aller Kategorien“.

Egal ob sie Musik des großen Jazzkomponisten Duke Ellington, des weltmännischen Singer-Songwriters Randy Newman oder der Blues-Legende Screamin’ Jay Hawkins interpretierte – Simone gelang es immer, einer Komposition ihren eigenen Stempel aufzudrücken und dabei eine Vielzahl von Nuancen einfließen zu lassen, die einiges über ihr musikalisches Handwerkszeug und ihre Fähigkeiten als Arrangeurin verrieten. Ihre Interpretation von Ne me quitte pas des belgischen Gesangspoeten Jacques Brel etwa ist einfach unvergesslich: Sie verleiht jedem französischen Wort ein eigenes Gewicht und erzeugt ein absolut überzeugendes Gefühl von Verzweiflung, als durchlebte sie innerhalb von drei Minuten das Trauma einer Trennung, mit nichts als ein paar Klavierakkorden als seelischem Trost.

So sehr sie sich die Lieder anderer Musiker:innen zu eigen machte, schrieb Simone auch selbst etliche Stücke, in denen ihre Begabung, ansprechende Musik und nachdenkliche Texte wirksam zu kombinieren, besonders gut zu Ausdruck kommt. Oft wagte sie es, dabei Dinge auszusprechen, die gemeinhin verschwiegen wurden. Four Women ist ein bemerkenswertes feministisches Meisterstück, das die unterschiedlichen gesellschaftlichen Erfahrungen afroamerikanischer „Schwestern“ nach Aufhebung der Sklaverei thematisiert und zelebriert. To Be Young, Gifted and Black, nach einem Text von Weldon Irvine, wurde dagegen zum Leitmotiv für People of Color weltweit in ihrem fortwährenden Kampf für Gleichheit und Selbstverwirklichung in den 1970er Jahren, der Ära der „Black Power‘-Bewegung. Die einflussreiche Dramatikerin Lorraine Hansberry war eine Inspirationsquelle für das Lied, und sie mag das Kompliment durchaus erwidert haben, indem sie ein Stück über Nina schrieb. Schließlich hatte die Sängerin erhebliche finanzielle Ausbeutung und körperlichen Missbrauch von Seiten ihres Ehemanns zu erdulden, musste einen Kampf um künstlerische Unabhängigkeit führen und sich letztendlich ihrer eigenen Wurzeln entledigen und zur Nomadin werden, die in Barbados, Liberia, den Niederlanden und Frankreich lebte, nachdem ihr klargeworden war, dass sie nicht länger in einem Amerika bleiben konnte, dessen Werte sie nicht teilte.

So wurde Simone zu einer internationalen, wenn nicht gar universellen Künstlerin, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Dass die große südafrikanische Liedermacherin und Aktivistin Miriam Makeba zu ihrer Beerdigung kam, war ebenso bedeutsam wie berührend. Beide waren große Freiheitskämpferinnen, deren Leidenschaft für Gleichberechtigung unauslöschlich brannte.

Man kann Claron McFadden und Fanny & Alexander nur dazu gratulieren, Nina Simone auf so einfallsreiche Art und Weise auf die Bühne zu bringen, wie sie es tun. Doch in vielerlei Hinsicht hat Simone diese Bühne nie verlassen. Ihre Musik, ob politisch oder gefühlvoll, ist mit der zeitgenössischen Kultur aufs Engste verbunden – man begegnet ihr in Fernsehwerbespots ebenso wie in Kinofilmen. Viel wichtiger aber ist der Platz, den sie in den Herzen und den Köpfen der Menschen einnimmt. Die Bedeutung ihrer Lieder für eine Welt, in der es immer noch an Stimmen des Widerstands und Worten des Trostes fehlt, macht diese Künstlerin so zeitlos. Wie die gefeierte Schriftstellerin Ntozake Shango über Nina Simone sagte: „Keine andere weibliche Stimme hat zu meinen Lebzeiten mit so viel Zorn alle Arten von Ungerechtigkeit angeprangert, vom Rassismus bis zur ehelichen Untreue.“ Die Vorstellung von einer Sängerin, die sich nicht davon abhalten lässt, jedem unterdrückerischen Herrscher vehement in die Parade zu fahren, ist kraftvoller denn je in einer Zeit, in der die Mächtigen lieber Mauern als Brücken bauen.

Übersetzung: Alexa Nieschlag

© Enrico Fedrigoli
© Enrico Fedrigoli

Der Name Nina Simone war mir schon als Kind ein Begriff und ich wusste von ihrer Musik, aber in meinem eigenen musikalischen Umfeld spielte sie keine direkte Rolle. Erst als ich nach Europa kam, erfuhr ich mehr über sie. Ich war sofort fasziniert von ihrem Wesen als Künstlerin, als Musikerin, als Person of Color und als Amerikanerin. Aber es war immer ihre Musik, die mich berührt hat, auch aus der Ferne.

Anmerkungen von Claron McFadden

Sich der Welt mitteilen


Der Name Nina Simone war mir schon als Kind ein Begriff und ich wusste von ihrer Musik, aber in meinem eigenen musikalischen Umfeld spielte sie keine direkte Rolle. Erst als ich nach Europa kam, erfuhr ich mehr über sie. Ich war sofort fasziniert von ihrem Wesen als Künstlerin, als Musikerin, als Person of Color und als Amerikanerin. Aber es war immer ihre Musik, die mich berührt hat, auch aus der Ferne.

Vor einigen Jahren hörte ich ein Interview, in dem sie davon sprach, dass sie die erste Schwarze amerikanische Konzertpianistin werden wollte. „Das hätte mich glücklich gemacht“, sagte sie. „Jetzt bin ich nicht glücklich.“ Mich hat das zutiefst bewegt, und von dem Moment an konnte ich keine ihrer Äußerungen so hören oder lesen wie vorher. Ich hörte nur die Traurigkeit, das Gefühl, dass sie glücklich hätte sein können… Insofern war meine Reaktion ambivalent – einerseits bin ich froh, dass sie gesungen hat und dass ihre Musik existiert, andererseits erscheint es mir wirklich tragisch, weil sie ihre Träume nicht verwirklichen konnte.

Mein Neugier war dann schnell geweckt: ich wollte herausfinden, wer sie war, was sie erlebt hat und wie sie es geschafft hat zu überleben, wie ihr Werdegang aussah, wie sie Amerika verließ, woher ihre Verbitterung kam, ihr Zorn und auch ihr politisches Engagement. Als mir Luigi Noah De Angelis von diesem Projekt erzählte, dachte ich: Das ist die Gelegenheit, sie kennenzulernen und mich wirklich mit ihr zu beschäftigen.

Das Besondere an NINA ist, dass wir es nicht mit einem vorgegebenen Skript zu tun haben, dass wir keinen Text auswendig lernen oder unsere Interpretation davon zeigen, wie sie sich ausgedrückt hat. Stattdessen lassen wir sie durch meine Stimme zu Wort kommen. Ich finde das sehr schön und faszinierend – es ist unmöglich, dabei passiv zu bleiben, aber gleichzeitig geht es darum, ungefiltert etwas sichtbar und hörbar zu machen, sich wirklich mit ihren Worten zu beschäftigen, ihren Bewegungen, der Art und Weise, wie sie sich äußert, stimmlich, sprachlich und körperlich. Es war mir ein echtes Anliegen, zu verstehen, wie sie sich der Welt mitgeteilt hat, und ich glaube, es ist wichtig, sie selbst in dieser Aufführung ihre Geschichte erzählen zu lassen. Es ist alles da: der Schmerz, die Freude, der Zorn, die politische Ungerechtigkeit, ihre physischen Leiden, ihre Trauer – aber wir fügen all dem nichts hinzu. Deshalb hat mich dieses Projekt von Anfang an begeistert, als Woman of Color und als Musikerin, die ihr Land aus ähnlichen Gründen verlassen hat. Sie waren nicht annähernd so dramatisch wie in ihrem Fall, und ich hatte das Glück, meine Träume mit wenigen Hindernissen verwirklichen zu können, aber ich weiß, was es bedeutet.

Es ist wunderbar, diese Möglichkeit zu haben, zu entdecken, wer Nina Simone war und ist – durch ihre eigenen Worte, ihr eigenes Tun, ihre eigene Art, sich der Welt mitzuteilen.

Claron McFadden

Sich der Welt mitteilen


Der Name Nina Simone war mir schon als Kind ein Begriff und ich wusste von ihrer Musik, aber in meinem eigenen musikalischen Umfeld spielte sie keine direkte Rolle. Erst als ich nach Europa kam, erfuhr ich mehr über sie. Ich war sofort fasziniert von ihrem Wesen als Künstlerin, als Musikerin, als Person of Color und als Amerikanerin. Aber es war immer ihre Musik, die mich berührt hat, auch aus der Ferne.

Vor einigen Jahren hörte ich ein Interview, in dem sie davon sprach, dass sie die erste Schwarze amerikanische Konzertpianistin werden wollte. „Das hätte mich glücklich gemacht“, sagte sie. „Jetzt bin ich nicht glücklich.“ Mich hat das zutiefst bewegt, und von dem Moment an konnte ich keine ihrer Äußerungen so hören oder lesen wie vorher. Ich hörte nur die Traurigkeit, das Gefühl, dass sie glücklich hätte sein können… Insofern war meine Reaktion ambivalent – einerseits bin ich froh, dass sie gesungen hat und dass ihre Musik existiert, andererseits erscheint es mir wirklich tragisch, weil sie ihre Träume nicht verwirklichen konnte.

Mein Neugier war dann schnell geweckt: ich wollte herausfinden, wer sie war, was sie erlebt hat und wie sie es geschafft hat zu überleben, wie ihr Werdegang aussah, wie sie Amerika verließ, woher ihre Verbitterung kam, ihr Zorn und auch ihr politisches Engagement. Als mir Luigi Noah De Angelis von diesem Projekt erzählte, dachte ich: Das ist die Gelegenheit, sie kennenzulernen und mich wirklich mit ihr zu beschäftigen.

Das Besondere an NINA ist, dass wir es nicht mit einem vorgegebenen Skript zu tun haben, dass wir keinen Text auswendig lernen oder unsere Interpretation davon zeigen, wie sie sich ausgedrückt hat. Stattdessen lassen wir sie durch meine Stimme zu Wort kommen. Ich finde das sehr schön und faszinierend – es ist unmöglich, dabei passiv zu bleiben, aber gleichzeitig geht es darum, ungefiltert etwas sichtbar und hörbar zu machen, sich wirklich mit ihren Worten zu beschäftigen, ihren Bewegungen, der Art und Weise, wie sie sich äußert, stimmlich, sprachlich und körperlich. Es war mir ein echtes Anliegen, zu verstehen, wie sie sich der Welt mitgeteilt hat, und ich glaube, es ist wichtig, sie selbst in dieser Aufführung ihre Geschichte erzählen zu lassen. Es ist alles da: der Schmerz, die Freude, der Zorn, die politische Ungerechtigkeit, ihre physischen Leiden, ihre Trauer – aber wir fügen all dem nichts hinzu. Deshalb hat mich dieses Projekt von Anfang an begeistert, als Woman of Color und als Musikerin, die ihr Land aus ähnlichen Gründen verlassen hat. Sie waren nicht annähernd so dramatisch wie in ihrem Fall, und ich hatte das Glück, meine Träume mit wenigen Hindernissen verwirklichen zu können, aber ich weiß, was es bedeutet.

Es ist wunderbar, diese Möglichkeit zu haben, zu entdecken, wer Nina Simone war und ist – durch ihre eigenen Worte, ihr eigenes Tun, ihre eigene Art, sich der Welt mitzuteilen.

Claron McFadden

Die Künstler:innen


Claron McFadden
Gesang und Darstellung

Die amerikanische Sopranistin Claron McFadden studierte an der Eastman School of Music in Rochester im Bundesstaat New York und lebt sein 1984 in den Niederlanden. Beim Holland Festival 1985 gab sie unter der Leitung von Ton Koopman ihr Operndebüt in Johann Adolph Hasses L’eroe cinese. Im Jahr darauf arbeitete sie in einer Produktion von Rameaus Anacréon an der Opéra Lyrique du Rhin erstmals mit William Christie zusammen, mit dem sie seitdem eine enge künstlerische Partnerschaft verbindet. Gemeinsame Auftritte führten sie in die USA, nach Südamerika und durch ganz Europa, u.a. zum Festival d’Aix-en-Provence mit Rameaus Les Indes galantes und ans Londoner Royal Opera House mit Purcells King Arthur. Darüber hinaus gastierte Claron McFadden an zahlreichen bedeutenden Opernhäusern, darunter die Dutch National Opera, das Teatro La Fenice in Venedig, die Bayerische Staatsoper, das Théâtre des Champs-Élysées und die Opéra de Lyon, bei den Festivals in Salzburg, Glyndebourne und Tanglewood sowie bei führenden Klangkörpern wie dem Concertgebouworchester, dem London Philharmonic Orchestra, dem BBC Symphony Orchestra, den Rundfunk-Symphonieorchestern des MDR, SWR und WDR, dem Ensemble intercontemporain und dem Klangforum Wien. Zusammen mit dem Arditti Quartet brachte sie u.a. Wolfgang Rihms Akt und Tag zur Uraufführung. 2020 wurde Claron McFadden von König Willem-Alexander der Niederlande zum Ritter des Ordens von Oranien-Nassau ernannt. Im Pierre Boulez Saal war sie erstmals im Dezember 2023 mit einem Liedprogramm nach Texten von Walt Whitman zu erleben.

Juni 2025


Luigi Noah De Angelis
Konzept, Regie und Lichtdesign

Luigi Noah De Angelis ist Regisseur, Bühnenbildner, Licht- und Sounddesigner sowie Filmemacher. Er führte Regie bei allen Produktionen von Fanny & Alexander, darunter neben NINA auch Addio fantasmi nach dem Roman von Nadia Terranova, Storia di un’amicizia (nach Meine geniale Freundin von Elena Ferrante), Se questo è Levi (ausgezeichnet mit zwei UBU Preisen) und Sylvie and Bruno nach dem Buch von Lewis Carroll. Im Jahr 2023 war er für Inszenierung, Bühnenbild, Licht und Video von Trilogia della città di K. am Piccolo Teatro in Mailand verantwortlich, wofür er den UBU Preis in den Kategorien Beste Aufführung, Regie, Bühnenbild und Lichtdesign erhielt. Auf der Opernbühne hat er Inszenierung, Bühne und Licht gestaltet für Produktionen von Die Zauberflöte, Il ritorno di Ulisse in Patria, Lohengrin, Il barbiere di Siviglia, Haydns L’isola disabitata, Orfeo nel metrò nach Monteverdi und zuletzt My Name Is Floria von Virignia Guastella. Er führte außerdem Regie bei mehreren Produktionen von Muziektheater Transparant in Belgien.

Juni 2025


Damiano Meacci
Elektronische Musik und Sounddesign

Damiano Meacci ist seit fast 30 Jahren als Musiker und Klangforscher aktiv. Er begann sich in den 1990er Jahren mit Live-Elektronik zu beschäftigen und arbeitete dabei mit Tempo Reale zusammen. Auf der Suche nach neuen Herangehensweisen und neuen technologischen und musikalischen Lösungen experimentierte er in unterschiedlichen Aufführungsbereichen, darunter auch Elektroakustik und Schalldiffusion. Neben dieser Beschäftigung mit technologischen Fragen entwickelte er die musikalischen Aspekte seiner Tätigkeit kontinuierlich weiter und widmet sich heute vor allem der Kreation von Klang für Aufführungen und Klanginstallationen, mit denen er bei zahlreichen nationalen und internationalen Festivals zu Gast war. Sei 2008 unterrichtete er elektronische Musik an verschiedenen Konservatorien, derzeit ist er Professor für Computermusik am Luigi Cherubini Konservatorium in Florenz.

Juni 2025

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