INTERFERENZ


Ein Ton allein macht (meistens) noch keine Musik. Ihre Magie entfaltet sich erst, wo mehrere Töne aufeinandertreffen: Unterschiedliche Klänge treten miteinander in Wechselwirkung, beeinflussen sich gegenseitig und erschaffen so etwas, das mehr ist als die Summe seiner Teile. Dieser Gedanke prägt das Programm im Pierre Boulez Saal auch in der Spielzeit 2025/26. Wir möchten verschiedenste künstlerische Perspektiven miteinander in Beziehung setzen und vielfältige Persönlichkeiten und ihre Geschichten zusammenbringen, um kreative und bereichernde Interferenzen zu erzeugen. Auch die visuelle Gestaltung unserer Saisonbroschüre ist davon inspiriert – hier erfahren Sie mehr über die Phänomene von „kreativer Störung“ aus Natur, Kunst und Wissenschaft, die uns besonders fasziniert haben.

Farbiges Glas ist seit Jahrhunderten ein häufig verwendetes Material für Kunstwerke unterschiedlichster Art, vom Kirchenfenster bis zur Tiffany-Lampe. Fragmente dünner Glasscheiben und „Glas-Spaghetti“, wie sie z.B. die amerikanische Firma Bullseye herstellt, eignen sich besonders gut für farbenfrohe Collagen.

Der Blaue Morphofalter (Morpho peleides) lebt in den tropischen Regenwäldern Mexikos und Mittelamerikas, im Norden Südamerikas sowie in Trinidad und auf benachbarten Inseln. Seine Flügel enthalten keinerlei blaue Pigmente – die leuchtende Färbung entsteht durch die Interferenz des auftreffenden Lichts mit der schuppigen Oberfläche, die nur den blauen Farbanteil reflektiert.

Diese Aufnahme des NASA-Satelliten Landsat 7 von 1999 zeigt Wolken vor der chilenischen Küste nahe der Juan-Fernández-Inseln, die das einzigartige Muster der sogenannten Kármánschen Wirbelstraße bilden. Die Wirbel entstehen, wenn die Luftströmung (hier ein stetiger Wind aus südlicher Richtung) auf ein Hindernis trifft – in diesem Fall die Alejandro Selkirk-Insel links unten im Bild. Sie ist nach dem historischen Vorbild von Daniel Defoes Robinson Crusoe benannt, der hier Anfang des 17. Jahrhunderts strandete und für mehrere Monate festsaß. Dabei kommt es an der Ostküste der Insel zu einer Drehung gegen, im Westen mit dem Uhrzeigersinn, die sich über mehrere hundert Kilometer fortsetzt und so ein überdimensionales fraktales Muster erzeugt.

Veröffentlicht im Atlas der pathologischen Histologie des Nervensystems, Band IV herausgegeben von Victor Babes, Berlin 1895

Der spanische Mediziner Santiago Ramón y Cajal gehörte im späten 19. Jahrhundert zu den Pionieren der neuen Disziplin der Neurologie. Während seiner wissenschaftlichen Laufbahn beschäftigte er sich intensiv mit der Histologie, d.h. den Feinstrukturen des zentralen Nervensystems von Menschen und Tieren, die er in zahlreichen Zeichnungen detailliert dokumentierte. Er legte die Grundlagen für die sogenannte Neuronenlehre, nach der unser Nervensystem aus Milliarden einzelner Neuronen besteht, die über Synapsen miteinander kommunizieren. 1906 wurde ihm – gemeinsam mit seinem größten akademischen Kontrahenten Camillo Golgi – der Nobelpreis für Medizin verliehen.

Seit 2012 widmet sich das amerikanische Künstler-Duo Anoka Faruqee (*1972) und David Driscoll (*1964) dem Phänomen der Interferenz. Mit speziellen Werkzeugen, mit deren Hilfe sich mehrere parallele Linien in der noch feuchten Acryl-Farbe ziehen lassen, überlagern sie in ihren Arbeiten beinahe konzentrische Kreise. Das mit äußerster Präzision geplante Zusammenspiel der einzelnen Ebenen erzeugt dabei „paradoxerweise eine resonanzreiche und instabile visuelle Erfahrung“, so Faruqee und Driscoll. „Die Illusionswirkung dieser Gemälde – ausgelöst durch Glanz, Farbprisma und -schattierung sowie Plastizität – ist eine Simulation des Wellenverhaltens von Licht, also Reflexion, Brechung, Beugung und Interferenz. Eine weitere bekannte visuelle Form von Interferenzmustern ist das Moiré, das man in verpixelten digitalen und gedruckten Bildern findet. So ist unsere Arbeit Ausdruck bestimmter latenter Mechanismen sowohl in der Natur als auch in digitaler Technologie und macht sie physisch sichtbar.“

Mit dem berühmten Doppelspaltexperiment – heute Bestandteil jedes Physik-Lehrplans – gelang es dem englischen Wissenschaftler Thomas Young 1803 erstmals, den Wellencharakter von Licht zu zeigen: Trifft Licht auf zwei schmale, parallele Spalte, entsteht auf einem dahinter positionierten Beobachtungsschirm ein charakteristisches Streifenmuster. Es ist das Ergebnis der Beugung, d.h. der Ablenkung der Lichtwellen am Doppelspalt und ihrer anschließenden Überlagerung bzw. Interferenz. Handelt es sich bei der Lichtquelle nicht um monochromatisches, sondern um Sonnenlicht, macht der Doppelspalt auch die verschiedenen Wellenlängen und Farbanteile sichtbar.

Wenn der Rhein bei Bregenz in den Bodensee mündet, verdrängt das helle Wasser des Flusses, das Schwebstoffe und Gesteinspartikel aus den Alpen mitführt, zunächst das türkise Seewasser, bevor sich beide in den tieferen Bereichen des Seebeckens mischen.

Die kraftvollen und alchemistisch anmutenden Arbeiten der amerikanischen Künstlerin Jaq Chartier (*1961) sind von bildgebenden Verfahren aus der Wissenschaft und Mikrobiologie inspiriert, darunter etwa DNA-Sequenzierungen. In ihrer Reihe Testing untersucht sie, wie verschiedene Materialen miteinander reagieren. Anstelle konventioneller Farben stellt sie nach eigener Rezeptur unterschiedliche Tinten, Beizen und Farbstoffe her, die sich jeweils auf ganz individuelle Weise verhalten, z.B. verlaufen oder andere Materialschichten durchdringen. Um die Ergebnisse ihrer Experimente zu dokumentieren, fügt sie Notizen direkt auf ihren Gemälden hinzu.

Stare verbringen, wie viele andere Vögel und Tierarten, beinahe ihr gesamtes Leben in Gruppen und Schwärmen, die zum Teil gewaltige Ausmaße annehmen. In den Sommermonaten befindet sich etwa am Berliner Dom unweit des Pierre Boulez Saals ein gemeinsamer Schlafplatz von bis zu 40.000 Staren. Das faszinierende Flugverhalten dieser Schwärme und verwandte Phänomene bei Fischen oder Insektenstaaten beschäftigt unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen seit vielen Jahren. Obwohl keinerlei zentrale Koordination erfolgt und die einzelnen Individuen nur wenig Informationen über ihre Umwelt haben, trifft der Schwarm als Ganzes sinnvolle und koordinierte Entscheidungen. Computermodelle haben gezeigt, dass jedes Individuum sein Verhalten an demjenigen seiner unmittelbaren Nachbarn ausrichtet und diese seinerseits in ihrem Verhalten beeinflusst. Die emergente kollektive Intelligenz ähnelt dabei den Strukturen in neuronalen Netzen, etwa im Gehirn.

IHR BESUCH

Planen Sie Ihren Besuch im Pierre Boulez Saal. Wir freuen uns, Sie begrüßen zu dürfen!

Yor Visit Accorden Image

So finden Sie uns

Pierre Boulez Saal
Barenboim-Said Akademie
Französische Straße 33d
10117 Berlin, Germany

_____

Öffentliche Verkehrsmittel

U-Bahn U2 Hausvogteiplatz (350m) U5 Museumsinsel, U6 Unter den Linden (600m)
Tram M1, M12 Mitte / Am Kupfergraben
Bus 147 Werderscher Markt (100m), 100, 300, N5 Staatsoper (300m)


Parken

Q-PARK Unter den Linden / Staatsoper
Bebelplatz 2
10117 Berlin

Theater-Tarif (17:30 - 23:30 Uhr per Vorkasse): 10 €

Mehr Informationen zur Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad oder dem Auto finden Sie auf unserer Seite Anfahrt.

Öffnungszeiten

Tageskasse

Montag bis Freitag 14.00 bis 18.00 Uhr
Wochenende und an Feiertagen geschlossen

Die Abendkasse öffnet eine Stunde vor Konzertbeginn bzw. samstags, sonn- und feiertags zwei Stunden vor Beginn.

 

Papagena Call-Center

Ticket Hotline +49 30 4799 7411

Montag bis Samstag 9.00 bis 20.00 Uhr
Sonn- und Feiertag 14.00 bis 20.00 Uhr

Essen & Trinken

Casalot Catering begrüßt die Besucher:innen des Pierre Boulez Saals vor und nach Konzerten mit Gerichten der arabischen Küche.

An Konzertabenden
Das Konzertbuffet öffnet eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung und bleibt auch nach dem Konzert geöffnet. Sie können vor Ort Erfrischungen für die Pause vorbestellen. 

Weitere Informationen zu unserem Catering finden Sie hier.

Barrierefreiheit

Für die Bestellung von Rollstuhlplätzen oder Plätzen für Schwerbehinderte sowie von Begleitkarten sprechen Sie uns bitte direkt an.


+49 30 4799 7411 
| tickets@boulezsaal.de 

Alle Rollstuhlplätze sind per Aufzug erreichbar.

Alle Gäste betreten den Pierre Boulez Saal durch den Haupteingang, der auch der Rollstuhleingang ist. Die Kartenkontrolle findet direkt an den Eingangstüren zum Saal statt.

Wir bitten Sie, uns möglichst schon bei der Kartenbestellung auf Ihre individuellen Bedürfnisse hinzuweisen, damit wir einen problemlosen Zugang ermöglichen können.

Rollstuhlgerechte Toiletten befinden sich im Untergeschoss und im Rang und sind per Aufzug erreichbar.

Vier Behindertenparkplätze stehen in der Straße Hinter der Katholischen Kirche zur Verfügung.