Ben Goldscheider Horn
Philip Dawson Live-Elektronik

Werke von
Zoë Martlew
Alex Groves

Thea Musgrave

Hildegard Westerkamp
Mark Simpson

Deutsche Erstaufführungen

Zoë Martlew (*1968)
Nibiru für Horn und Live-Elektronik (2024)

Alex Groves (*1991)
Single Form (Dawn) für Horn und Live-Elektronik (2022)

Thea Musgrave (*1928)
The Golden Echo III für Horn und Live-Elektronik (2024)

Hildegard Westerkamp (*1946)
Fantasie for Horns II für Horn und Tonband (1979)

Mark Simpson (*1988)
Darkness Moves II für Horn und Live-Elektronik (2024)


Keine Pause

Alle fünf Werke erleben im heutigen Konzert ihre deutschen Erstaufführungen.

Zoë Martlew (*1968)
Nibiru für Horn und Live-Elektronik (2024)

Alex Groves (*1991)
Single Form (Dawn) für Horn und Live-Elektronik (2022)

Thea Musgrave (*1928)
The Golden Echo III für Horn und Live-Elektronik (2024)

Hildegard Westerkamp (*1946)
Fantasie for Horns II für Horn und Tonband (1979)

Mark Simpson (*1988)
Darkness Moves II für Horn und Live-Elektronik (2024)


Keine Pause

Alle fünf Werke erleben im heutigen Konzert ihre deutschen Erstaufführungen.

Anmerkungen der Komponist:innen zu ihren Werken

Die Komponist:innen über ihre Werke


Zoë Martlew (*1968)
Die Komponistin, Cellistin, Cabaretkünstlerin, Pädagogin, Podcasterin und Moderatorin Zoë Martlew tritt solistisch mit einigen der weltweit renommiertesten Ensembles für zeitgenössische Musik und Kammermusikgruppen in den Bereichen Improvisation, Film, Elektronik, Multimedia, Pop und Rock auf. Außerdem arbeitet sie mit Tanz- und Theaterkompanien zusammen und präsentiert ihre eigene One-Woman-Show Revue Z.

Nibiru
für Horn und Live-Elektronik (2024)
Uraufgeführt von Ben Goldscheider und Philip Dawson

Aus dem Tiefen der babylonischen Mythologie steigt Nibiru auf – der wandernde Planet, Vorbote des Untergangs, von dem uralte Schrifttafeln und apokalyptische Visionen erzählen. Das himmlische Phantom zieht seine Kreise unbemerkt, bis seine Rückkehr Zerstörung und Wiedergeburt bringt. Als Prophet der Katastrophe eröffnet das Horn dieses akustische Weltraumdrama und erklingt über einer versengten, apokalyptischen elektronischen Klanglandschaft aus Luftschutzsirenen, Erdbeben, wiederholten Explosionen und einem riesigen Chor vorzeitlicher Hörner. Sein Ruf – ein verzweifelter Appell an die himmlischen Mächte, die Menschheit am Leben zu lassen – durchbohrt die Leere. Mit nichts als seiner eigenen Stimme schwebt der Interpret allein durch die unendliche Nacht und spricht sein leises Gebet für den Frieden. Aus der Stille erhebt sich ein Lied: Das Horn singt seine Melodie aus voller Kraft in den Kosmos hinein, die sich mit schillernden elektronischen Echos vermischt – seltsame Polarlichter, strahlende Sonnen und das Hintergrundrauschen sich verschiebender Dimensionen. Langsam taucht aus diesem unerforschten Nichts ein neues Eden auf, und der Hornist beginnt, das unbekannte, leuchtende Lied des Sternenvogels zu erwidern, der ihm den Weg weist.
Auftragswerk des Huddersfield Contemporary Music Festival und von Judith Vita Spence für die Camerata Pacifica in Erinnerung an ihren verstorbenen Ehemann Stuart Spence

***

Alex Groves (*1991)
Alex Groves ist Komponist und Kurator und arbeitet in der zeitgenössischen klassischen und elektronischen Musik. Inspiriert von queerer Clubkultur, abstrakter Kunst und der Natur kombiniert er in seiner Musik oft klassische Instrumente mit Live-Elektronik und kreiert so vielschichtige Klangwelten.

Single Form (Dawn)
für Horn und Live-Elektronik (2022)
Uraufgeführt von Ben Goldscheider und Philip Dawson

Single Form (Dawn) ist ein klingender Sonnenaufgang in Zeitlupe. Beginnend in den undurchsichtigen Tiefen des gedämpften Horns steigt das Stück langsam entlang der Obertonreihe empor und endet als strahlende Wand aus Licht. Grundlage ist die natürliche Obertonreihe über dem Grundton F, der der Stimmung des Horns entspricht. Zunächst sind diese Obertöne in der untersten Oktave komprimiert und erzeugen eine dichte, brodelnde Klangwelt. Nach und nach breiten sie sich über die ersten drei Oktaven der Obertonreihe aus. Am Ende klingt das Stück gleichzeitig „richtig“ und „falsch“, da die reine Stimmung der Naturtonreihe unsere Gewohnheiten und Erwartungen dessen unterläuft, was „richtige“ und „falsche“ Intonation ist.
Auftragswerk gefördert vom Marchus Trust

***

Thea Musgrave (*1928)
Thea Musgrave wurde in Edinburgh geboren und lebt seit 1972 in den USA. Sie zählt zu den renommiertesten Persönlichkeiten der zeitgenössischen Musik. In ihren Werken, darunter zehn groß besetzte Opern und mehrere Kammeropern, hat sie sich immer wieder auf neue Weise mit der Umsetzung dramatischer Stoffe auseinandergesetzt. In den letzten Jahren wurde sie mit zwei großen Retrospektiven geehrt: beim Total Immersion Weekend der BBC im Jahr 2014 und beim Stockholm International Composer Festival 2018.

Golden Echo III
für Horn und Live-Elektronik (2024)
Uraufgeführt von Ben Goldscheider und Philip Dawson

Die klanglichen Möglichkeiten des Horns faszinieren mich seit langem. Ich habe mich in mehreren Werken mit ihnen beschäftigt: zunächst in Music for Horn & Piano, später in Night Music und meinem Hornkonzert mit ihren stereophonen Effekten.
Ein Kompositionsauftrag der International Horn Society für zwei Stücke für Horn gab mir 1986 eine zusätzliche Gelegenheit, diese Ideen weiter zu verfolgen. Eines der Stücke schrieb ich für Solo-Horn, begleitet von einem Ensemble aus 16 weiteren Hörnern (Golden Echo II); im zweiten ersetzte ein Tonband das Hornensemble (Golden Echo I), dessen Material teilweise den Klang des Horns nachahmt, teilweise nicht.
Golden Echo I ist teilweise lyrisch, teilweise dramatisch. Um den Kontrast zwischen der virtuosen Freiheit des Solisten und der rigiden Strenge des begleitenden Tonbands – ähnlich einem Instrumentalkonzert – noch zu verstärken, ist die Solostimme rhythmisch nicht eindeutig fixiert. So entsteht der Eindruck, als bestimmte der Solist das Tempo des Bands. Das Werk gehört zu einer Reihe von weiteren Kompositionen für Soloinstrument und Tonband. From One to Another für Viola solo (geschrieben 1970 für Peter Mark) und Orfeo I für Flöte (geschrieben 1975 für James Galway) entstanden noch bevor es Synthesizer gab. Das Ausgangsmaterial für die Tonbänder stammte in diesen Fällen also von den Soloinstrumenten selbst und wurde im Nachhinein elektronisch manipuliert. In meinen späteren elektronischen Werken nutzte ich dafür einen Synthesizer.
Golden Echo III ist eine eigens für Ben Goldscheider adaptierte Fassung, für die er das akustische Ausgangsmaterial selbst einspielte.

***

Hildegard Westerkamp (*1946)
Die Komponistin, Radiokünstlerin und Klangökologin Hildegard Westerkamp wurde in Osnabrück geboren und lebt seit 1968 in Kanada. Sie hält international Workshops und Vorträge zum Thema Soundscapes, gibt Konzerte und ist als Autorin tätig.

Fantasie for Horns II
für Horn und Tonband bzw. Live-Elektronik (1979)

Fantasie for Horns II entstand in zwei Phasen: Zuerst wurde 1978 die Tonbandspur fertiggestellt, die als eigenständige Komposition konzipiert war (Fantasie for Horns I, 1979 beim Internationalen Wettbewerb für elektroakustische Musik in Bourges, Frankreich, mit einer honorable mention ausgezeichnet). Nach Fertigstellung des Soundtracks schien es naheliegend, einen Live-Hornpart hinzuzufügen. Der Soundtrack bezog sich nicht nur in der Auswahl seiner Klänge auf unsere Umwelt, sondern konnte nun auch selbst zur akustischen Umgebung für das live gespielte Horn werden – ein Instrument, das wiederum in vielen Teilen der Welt eine lange Geschichte als akustischer Signalgeber hat.
Das Ausgangsmaterial für die Tonbandspur waren kanadische Zugsignale, Nebelhörner von Schiffen an der Atlantik- und Pazifikküste, Fabriksirenen und Schiffshörner aus Vancouver und Umgebung – alles Signale, die Kanadier:innen in der Zeit, in der das Stück entstand, in ihrem täglich Leben hören konnten. Seit den 1980er Jahren sind mit der fortschreitenden Automatisierung der Leuchttürme viele der Schiffshörner, die in meinem Stück zu hören sind, aus der Klanglandschaft der kanadischen Küste verschwunden. Weitere Klangquellen waren ein Alphorn und ein Bach. Der Großteil des Materials stammt aus den Aufnahmen von Umweltgeräuschen des World Soundscape Project an der Simon Fraser University in Vancouver; den Rest habe ich selbst aufgenommen.
Beim Anhören der verschiedenen Signalklänge in der Sammlung war es faszinierend zu beobachten, wie sie jeweils durch die umgebende Landschaft geformt und moduliert wurden. Manche Signale erzeugten nur ein einziges Echo, manche sehr viele, die langsam in der Distanz verhallten. Das Echo eines Nebelhorns war eine Oktave tiefer als der eigentliche Ton, bei einem anderen war es eine Oktave höher. Das Echo eines Zugsignals war einen Halbton zu tief, während der Zug sich näherte, aber auf derselben Tonhöhe, sobald er sich entfernte. Der einzigartige Klang eines jeden Signals entsteht durch die Umgebung, in der er sich befindet. Die starke Wechselwirkung zwischen Klängen und Umwelt hat mich dazu inspiriert, mit diesem Material zu arbeiten. Hornklänge sind auch noch aus einem anderen Grund interessant: sie heben sich von jeder Umgebung ab, sogar vom Lärm großer Städte. Sie sind Klangmarken, die einem Ort seinen Charakter verleiht und uns, oft unbewusst, ein Gefühl dafür vermittelt, wo wir uns gerade befinden.
Der Soundtrack des Stückes entstand am Sonic Research Studio der Simon Fraser University.

***

Mark Simpson (*1988)
Mark Simpson ist Komponist und Klarinettist und hat Werke für Musiktheater, Symphonieorchester, Vokal- und Kammermusik geschrieben. Sein Konzert für Viola und Orchester Hold Your Heart in Your Teeth wurde im Dezember 2024 von Timothy Ridout, Robin Ticciati und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin in der Berliner Philharmonie uraufgeführt.

Darkness Moves II
für Horn und Live-Elektronik (2024)
Uraufgeführt von Ben Goldscheider und Philip Dawson

Darkness Moves II ist eine Fortsetzung meiner Auseinandersetzung mit dem Werk und den Ideen des in Belgien geborenen Dichters und Künstlers Henri Michaux (1899–1984). Im Jahr 1955 experimentierte er über einen Zeitraum von sechs Monaten viermal mit der Droge Meskalin. Er stellte fest, dass die auffälligste Wirkung nicht tiefgreifende Veränderungen in seiner Wahrnehmung äußerer Objekte waren, sondern vielmehr innere Visionen, die wie ein seltsam unruhiger und vibrierender Film durch sein Hirn flimmerten und oft von seinem ganzen Wesen Besitz zu ergreifen schienen. Im Wesentlichen habe ich versucht, ein akustisches Äquivalent zu dieser Erfahrung zu schaffen: ein dunkles, beängstigendes, ekstatisches, erschütterndes Eintauchen in das Unbekannte und eine tiefgreifende Konfrontation mit dem Selbst.
Während Darkness Moves I auf einer Tonbandaufnahme basierte, die fast synchron zur Live-Stimme abgespielt und in Echtzeit leicht improvisatorisch manipuliert wird, waren meine Vorstellungen für die elektronische Komponente von Darkness Moves II sehr viel konkreter, sodass das Stück letztlich eher ein Dialog zwischen Horn und Elektronik ist.
Mein Dank gilt Ben Goldscheider und dem Marchus Trust für den Auftrag für dieses Werk sowie Philip Dawson, der meine Ideen für den elektronischen Part genauso umgesetzt hat, wie ich sie in meinem Kopf gehört hatte.

Die Komponist:innen über ihre Werke


Zoë Martlew (*1968)
Die Komponistin, Cellistin, Cabaretkünstlerin, Pädagogin, Podcasterin und Moderatorin Zoë Martlew tritt solistisch mit einigen der weltweit renommiertesten Ensembles für zeitgenössische Musik und Kammermusikgruppen in den Bereichen Improvisation, Film, Elektronik, Multimedia, Pop und Rock auf. Außerdem arbeitet sie mit Tanz- und Theaterkompanien zusammen und präsentiert ihre eigene One-Woman-Show Revue Z.

Nibiru
für Horn und Live-Elektronik (2024)
Uraufgeführt von Ben Goldscheider und Philip Dawson

Aus dem Tiefen der babylonischen Mythologie steigt Nibiru auf – der wandernde Planet, Vorbote des Untergangs, von dem uralte Schrifttafeln und apokalyptische Visionen erzählen. Das himmlische Phantom zieht seine Kreise unbemerkt, bis seine Rückkehr Zerstörung und Wiedergeburt bringt. Als Prophet der Katastrophe eröffnet das Horn dieses akustische Weltraumdrama und erklingt über einer versengten, apokalyptischen elektronischen Klanglandschaft aus Luftschutzsirenen, Erdbeben, wiederholten Explosionen und einem riesigen Chor vorzeitlicher Hörner. Sein Ruf – ein verzweifelter Appell an die himmlischen Mächte, die Menschheit am Leben zu lassen – durchbohrt die Leere. Mit nichts als seiner eigenen Stimme schwebt der Interpret allein durch die unendliche Nacht und spricht sein leises Gebet für den Frieden. Aus der Stille erhebt sich ein Lied: Das Horn singt seine Melodie aus voller Kraft in den Kosmos hinein, die sich mit schillernden elektronischen Echos vermischt – seltsame Polarlichter, strahlende Sonnen und das Hintergrundrauschen sich verschiebender Dimensionen. Langsam taucht aus diesem unerforschten Nichts ein neues Eden auf, und der Hornist beginnt, das unbekannte, leuchtende Lied des Sternenvogels zu erwidern, der ihm den Weg weist.
Auftragswerk des Huddersfield Contemporary Music Festival und von Judith Vita Spence für die Camerata Pacifica in Erinnerung an ihren verstorbenen Ehemann Stuart Spence

***

Alex Groves (*1991)
Alex Groves ist Komponist und Kurator und arbeitet in der zeitgenössischen klassischen und elektronischen Musik. Inspiriert von queerer Clubkultur, abstrakter Kunst und der Natur kombiniert er in seiner Musik oft klassische Instrumente mit Live-Elektronik und kreiert so vielschichtige Klangwelten.

Single Form (Dawn)
für Horn und Live-Elektronik (2022)
Uraufgeführt von Ben Goldscheider und Philip Dawson

Single Form (Dawn) ist ein klingender Sonnenaufgang in Zeitlupe. Beginnend in den undurchsichtigen Tiefen des gedämpften Horns steigt das Stück langsam entlang der Obertonreihe empor und endet als strahlende Wand aus Licht. Grundlage ist die natürliche Obertonreihe über dem Grundton F, der der Stimmung des Horns entspricht. Zunächst sind diese Obertöne in der untersten Oktave komprimiert und erzeugen eine dichte, brodelnde Klangwelt. Nach und nach breiten sie sich über die ersten drei Oktaven der Obertonreihe aus. Am Ende klingt das Stück gleichzeitig „richtig“ und „falsch“, da die reine Stimmung der Naturtonreihe unsere Gewohnheiten und Erwartungen dessen unterläuft, was „richtige“ und „falsche“ Intonation ist.
Auftragswerk gefördert vom Marchus Trust

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Thea Musgrave (*1928)
Thea Musgrave wurde in Edinburgh geboren und lebt seit 1972 in den USA. Sie zählt zu den renommiertesten Persönlichkeiten der zeitgenössischen Musik. In ihren Werken, darunter zehn groß besetzte Opern und mehrere Kammeropern, hat sie sich immer wieder auf neue Weise mit der Umsetzung dramatischer Stoffe auseinandergesetzt. In den letzten Jahren wurde sie mit zwei großen Retrospektiven geehrt: beim Total Immersion Weekend der BBC im Jahr 2014 und beim Stockholm International Composer Festival 2018.

Golden Echo III
für Horn und Live-Elektronik (2024)
Uraufgeführt von Ben Goldscheider und Philip Dawson

Die klanglichen Möglichkeiten des Horns faszinieren mich seit langem. Ich habe mich in mehreren Werken mit ihnen beschäftigt: zunächst in Music for Horn & Piano, später in Night Music und meinem Hornkonzert mit ihren stereophonen Effekten.
Ein Kompositionsauftrag der International Horn Society für zwei Stücke für Horn gab mir 1986 eine zusätzliche Gelegenheit, diese Ideen weiter zu verfolgen. Eines der Stücke schrieb ich für Solo-Horn, begleitet von einem Ensemble aus 16 weiteren Hörnern (Golden Echo II); im zweiten ersetzte ein Tonband das Hornensemble (Golden Echo I), dessen Material teilweise den Klang des Horns nachahmt, teilweise nicht.
Golden Echo I ist teilweise lyrisch, teilweise dramatisch. Um den Kontrast zwischen der virtuosen Freiheit des Solisten und der rigiden Strenge des begleitenden Tonbands – ähnlich einem Instrumentalkonzert – noch zu verstärken, ist die Solostimme rhythmisch nicht eindeutig fixiert. So entsteht der Eindruck, als bestimmte der Solist das Tempo des Bands. Das Werk gehört zu einer Reihe von weiteren Kompositionen für Soloinstrument und Tonband. From One to Another für Viola solo (geschrieben 1970 für Peter Mark) und Orfeo I für Flöte (geschrieben 1975 für James Galway) entstanden noch bevor es Synthesizer gab. Das Ausgangsmaterial für die Tonbänder stammte in diesen Fällen also von den Soloinstrumenten selbst und wurde im Nachhinein elektronisch manipuliert. In meinen späteren elektronischen Werken nutzte ich dafür einen Synthesizer.
Golden Echo III ist eine eigens für Ben Goldscheider adaptierte Fassung, für die er das akustische Ausgangsmaterial selbst einspielte.

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Hildegard Westerkamp (*1946)
Die Komponistin, Radiokünstlerin und Klangökologin Hildegard Westerkamp wurde in Osnabrück geboren und lebt seit 1968 in Kanada. Sie hält international Workshops und Vorträge zum Thema Soundscapes, gibt Konzerte und ist als Autorin tätig.

Fantasie for Horns II
für Horn und Tonband bzw. Live-Elektronik (1979)

Fantasie for Horns II entstand in zwei Phasen: Zuerst wurde 1978 die Tonbandspur fertiggestellt, die als eigenständige Komposition konzipiert war (Fantasie for Horns I, 1979 beim Internationalen Wettbewerb für elektroakustische Musik in Bourges, Frankreich, mit einer honorable mention ausgezeichnet). Nach Fertigstellung des Soundtracks schien es naheliegend, einen Live-Hornpart hinzuzufügen. Der Soundtrack bezog sich nicht nur in der Auswahl seiner Klänge auf unsere Umwelt, sondern konnte nun auch selbst zur akustischen Umgebung für das live gespielte Horn werden – ein Instrument, das wiederum in vielen Teilen der Welt eine lange Geschichte als akustischer Signalgeber hat.
Das Ausgangsmaterial für die Tonbandspur waren kanadische Zugsignale, Nebelhörner von Schiffen an der Atlantik- und Pazifikküste, Fabriksirenen und Schiffshörner aus Vancouver und Umgebung – alles Signale, die Kanadier:innen in der Zeit, in der das Stück entstand, in ihrem täglich Leben hören konnten. Seit den 1980er Jahren sind mit der fortschreitenden Automatisierung der Leuchttürme viele der Schiffshörner, die in meinem Stück zu hören sind, aus der Klanglandschaft der kanadischen Küste verschwunden. Weitere Klangquellen waren ein Alphorn und ein Bach. Der Großteil des Materials stammt aus den Aufnahmen von Umweltgeräuschen des World Soundscape Project an der Simon Fraser University in Vancouver; den Rest habe ich selbst aufgenommen.
Beim Anhören der verschiedenen Signalklänge in der Sammlung war es faszinierend zu beobachten, wie sie jeweils durch die umgebende Landschaft geformt und moduliert wurden. Manche Signale erzeugten nur ein einziges Echo, manche sehr viele, die langsam in der Distanz verhallten. Das Echo eines Nebelhorns war eine Oktave tiefer als der eigentliche Ton, bei einem anderen war es eine Oktave höher. Das Echo eines Zugsignals war einen Halbton zu tief, während der Zug sich näherte, aber auf derselben Tonhöhe, sobald er sich entfernte. Der einzigartige Klang eines jeden Signals entsteht durch die Umgebung, in der er sich befindet. Die starke Wechselwirkung zwischen Klängen und Umwelt hat mich dazu inspiriert, mit diesem Material zu arbeiten. Hornklänge sind auch noch aus einem anderen Grund interessant: sie heben sich von jeder Umgebung ab, sogar vom Lärm großer Städte. Sie sind Klangmarken, die einem Ort seinen Charakter verleiht und uns, oft unbewusst, ein Gefühl dafür vermittelt, wo wir uns gerade befinden.
Der Soundtrack des Stückes entstand am Sonic Research Studio der Simon Fraser University.

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Mark Simpson (*1988)
Mark Simpson ist Komponist und Klarinettist und hat Werke für Musiktheater, Symphonieorchester, Vokal- und Kammermusik geschrieben. Sein Konzert für Viola und Orchester Hold Your Heart in Your Teeth wurde im Dezember 2024 von Timothy Ridout, Robin Ticciati und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin in der Berliner Philharmonie uraufgeführt.

Darkness Moves II
für Horn und Live-Elektronik (2024)
Uraufgeführt von Ben Goldscheider und Philip Dawson

Darkness Moves II ist eine Fortsetzung meiner Auseinandersetzung mit dem Werk und den Ideen des in Belgien geborenen Dichters und Künstlers Henri Michaux (1899–1984). Im Jahr 1955 experimentierte er über einen Zeitraum von sechs Monaten viermal mit der Droge Meskalin. Er stellte fest, dass die auffälligste Wirkung nicht tiefgreifende Veränderungen in seiner Wahrnehmung äußerer Objekte waren, sondern vielmehr innere Visionen, die wie ein seltsam unruhiger und vibrierender Film durch sein Hirn flimmerten und oft von seinem ganzen Wesen Besitz zu ergreifen schienen. Im Wesentlichen habe ich versucht, ein akustisches Äquivalent zu dieser Erfahrung zu schaffen: ein dunkles, beängstigendes, ekstatisches, erschütterndes Eintauchen in das Unbekannte und eine tiefgreifende Konfrontation mit dem Selbst.
Während Darkness Moves I auf einer Tonbandaufnahme basierte, die fast synchron zur Live-Stimme abgespielt und in Echtzeit leicht improvisatorisch manipuliert wird, waren meine Vorstellungen für die elektronische Komponente von Darkness Moves II sehr viel konkreter, sodass das Stück letztlich eher ein Dialog zwischen Horn und Elektronik ist.
Mein Dank gilt Ben Goldscheider und dem Marchus Trust für den Auftrag für dieses Werk sowie Philip Dawson, der meine Ideen für den elektronischen Part genauso umgesetzt hat, wie ich sie in meinem Kopf gehört hatte.

Erfahren Sie mehr über das Programm in unserer Video-Einführung mit Ben Goldscheider hier.

Die Künstler


Ben Goldscheider
Horn

Ben Goldscheider, geboren in London, schloss 2020 sein Studium bei Radek Baborák an der Barenboim-Said Akademie in Berlin ab. Er war ECHO Rising Star in der Saison 2021/22 und trat seitdem in vielen der bedeutendsten europäischen Konzerthäuser auf, darunter das Concertgebouw Amsterdam, der Wiener Musikverein, die Elbphilharmonie Hamburg, die Londoner Wigmore Hall und die Kölner Philharmonie. Im Pierre Boulez Saal ist er solistisch und als Mitglied des Boulez Ensembles regelmäßig zu hören. Bislang hat er mehr als 50 neue Werke für Horn uraufgeführt, darunter neben Solo- und Kammermusik auch Hornkonzerte von Gavin Higgins, Huw Watkins und Brian Elias. Als Solist trat er u.a. mit dem BBC Symphony Orchestra, dem City of Birmingham Symphony Orchestra, dem Royal Philharmonic Orchestra, der Academy of St Martin in the Fields, der Britten Sinfonia, den London Mozart Players und der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen auf. Er hat mit Künstler:innen wie Daniel Barenboim, Martha Argerich, Sergei Babyan, Kirill Gerstein, Stephen Hough, Sunwook Kim und Michael Barenboim zusammengearbeitet und ist Mitglied des West-Eastern Divan Orchestra. Seine Diskographie umfasst u.a. ein Soloalbum, das zum 100. Geburtstag des britischen Hornisten Dennis Brain entstand, sowie Hornkonzerte von Malcolm Arnold, Christoph Schönberger und Ruth Gibbs. Ben Goldscheider ist seit 2023 Artist in Association am Royal Welsh College of Music and Drama und unterrichtet seit 2025 als Professor am Königlichen Konservatorium Amsterdam.

November 2025


Philip Dawson
Live-Elektronik

Philip Dawson ist Musiker und Medienkünstler, dessen Werke in Großbritannien und Europa vielfach aufgeführt wurden. Seine Arbeiten für den Konzertsaal beschreibt er als „einmalige“ Bühnenprojekte; außerdem widmet er sich alternativen Formaten in den Bereichen Virtuelle Realität und Onlinekunst. Er ist Absolvent des Royal Birmingham Conservatoire und der Royal Academy of Music, wo er als Leverhulme Scholar studierte. Im Jahr 2012 wurde er mit dem RPS Composer Prize ausgezeichnet, und von 2013 bis 2016 war er Artist in Residence beim Aldeburgh Music Open Space. Derzeit promoviert er mit Unterstützung des Arts and Humanities Research Council an der Royal Academy of Music.

November 2025

Veranstaltungsdetails & Karten Print Program